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Freitag, 22. November 2019

DAS VIERTE JUDENEVANGELIUM VON BERNAYS/CHOMSKY

Propaganda

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Propaganda (erstmals erschienen 1928) ist Edward L. Bernays' bekannteste Publikation, die nach Crystallizing Public Opinion (1923) als sein zweites grundlegendes Werk zur modernen Propaganda und Öffentlichkeitsarbeit (Public Relations) betrachtet wird.[1]

Entstehung

Nach Robert Ezra Parks Vorarbeit zum Thema „Masse und Publikum“ (1903) gehörte Bernays mit Ivy Lee zu den Begründern der modernen Propagandatheorie und Public-Relations-Forschung. Nach der Auflösung des Committee on Public Information (CPI), in dem er während des Ersten Weltkriegs mitgearbeitet hatte, schloss er sich nicht wie John Dewey der humanistisch orientierten Kritik an der Kriegspropaganda an, sondern dehnte die Erfahrungen auf den Bereich der kommerziellen Werbung und der politischen Öffentlichkeitsarbeit aus.
Er griff hauptsächlich auf die massenpsychologisch orientierten Arbeiten Le BonsWilliam Monroe Trotters und Everett Dean Martins zurück, revolutionierte die Theorie der Propaganda aber durch Anwendung der Psychoanalyse seines Onkels Sigmund Freud, um die Möglichkeiten zu erfassen, das Verhalten der Menschen über den unbewussten Teil der Psyche zu beeinflussen. Darüber hinaus wurde er durch die Lektüre der Werke Walter Lippmanns dazu angeregt, dessen eher theoretische Konzepte „in die Praxis persuasiver Kommunikation“ zu übertragen.
Michael Kunczik sieht in Bernays' Werk den ersten Versuch einer Verbindung der beiden Denkrichtungen der Soziologie, die die Gesellschaft entweder als quasi-biologische stabile Ordnung oder als triebgesteuerte Masse aus im Einzelnen vernunftbegabten Individuen betrachteten.[2]

Inhalt

In 11 Kapiteln untersucht Bernays die Aufgabe, das „Chaos der Information“ zu organisieren, stellt die Wirkungsweise der neuen Propaganda und Propagandisten dar, analysiert die Psychologie der Öffentlichkeitsarbeit, das Verhältnis von Propaganda und politischer Führung, die Rolle der Frauen, die Propaganda in den Bereichen Bildung, Soziale Dienste, Kunst und Wissenschaft. Das letzte Kapitel ist der „Mechanik der Propaganda“ gewidmet.
Bernays geht von der Notwendigkeit aus, ein modernes demokratisches Staatswesen mittels Öffentlichkeitsarbeit zu lenken, wenn es überhaupt funktionstüchtig sein soll und definiert moderne Propaganda als
„das stetige, konsequente Bemühen, Ereignisse zu formen oder zu schaffen mit dem Zweck, die Haltung der Öffentlichkeit zu einem Unternehmen, einer Idee oder einer Gruppe zu beeinflussen.“

Bedeutung

Propaganda ist frei vom üblichen PR-Jargon und legt in klarer Sprache dar, worin sich Public Relations von Werbung unterscheidet. Es wird erklärt, warum und wie die Meinung der Massen gesteuert wird. Es wird erläutert, wie sich unbewusste Konsumwünsche wecken oder auch politische Maßnahmen durchsetzen lassen. Somit ist Propaganda bis heute ein gültiges Standardwerk der Unternehmens- und Regierungskommunikation und von ähnlicher Bedeutung wie die Strategie-Klassiker von Machiavelli und Clausewitz.[3][4]
Für den Autor bildet das Werk u. a. die Grundlage seiner „Big Think“-PR-Kampagnen, die sich dadurch auszeichneten, dass sie eine große Zahl von Akteuren mit in die PR-Kampagnen einbezogen. Die neue Propaganda nach Bernays erfasst die Öffentlichkeit in ihrem Denken und Handeln nicht als bloße einzelne Individuen, sondern als eng miteinander verbundenes Gebilde aus untereinander abhängigen Zellen:
„Sie [die neuen Propagandatechniken] befassen sich nicht mehr nur mit dem Individuum oder der Gesellschaft als Ganzes. Sie widmen sich vielmehr auch und vor allem der Anatomie der Gesellschaft mit ihren zahllosen, verästelten und miteinander verwobenen Gruppierungen. Sie sehen den Einzelnen nicht nur als Zelle innerhalb der Gesellschaft, sondern als Zelle, die in gesellschaftlichen Einheiten organisiert ist. Wird der Nerv des Organismus 'Gesellschaft' an einem sensiblen Punkt gereizt, wird automatisch eine Reaktion bei bestimmten anderen Elementen dieses Organismus hervorgerufen.“ (S. 34)
Bernays sah nicht nur die technischen Möglichkeiten für eine landesweite Steuerung der öffentlichen Meinung gegeben, sondern auch die Notwendigkeit dies zu tun:
„Je komplexer unsere Zivilisation wird und je deutlicher sich zeigt, wie nötig die im Hintergrund arbeitenden Führungsinstanzen sind, desto konsequenter werden die technischen Mittel zur Steuerung der öffentlichen Meinung entwickelt und eingesetzt. Mithilfe von Druckerpresse, Zeitung, EisenbahnTelefonTelegraphRadio und Flugzeug können Gedanken rasch, ja sogar zeitgleich im ganzen Land verbreitet werden.“ (S. 21)

Rezeption und Wirkungsgeschichte

Bernays wird fälschlicherweise oft in eine Linie mit Walter Lippmann gestellt.
Das Werk Propaganda wurde 2007 erstmals auf Deutsch übersetzt. Das Vorwort schrieb Ulrich Kienzle.

Zitat

„Wenn der Abstand zwischen der intellektuellen Klasse und der praktischen Klasse zu groß ist“, sagt der Historiker Henry Thomas Buckle, „dann besitzt die erste keinen Einfluss, und die zweite wird keinen Vorteil davon haben.“

Siehe auch

Literatur

Edward Bernays

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Edward Bernays, 1917
Edward Louis Bernays (* 22. November 1891 in Wien; † 9. März 1995 in New York) gilt neben Ivy Lee und anderen als Begründer der von ihm später in Public Relations umbenannten modernen Theorie der Propaganda. Als Public Relations Counselor war er auch federführend bei der praktischen Umsetzung seiner Erkenntnisse in teilweise spektakulären Kampagnen der psychologischen Kriegsführung, der politischen Propaganda und der kommerziellen Werbung.

Leben


Stammbaum Edward Bernays
Edward Bernays war ein Neffe Sigmund Freuds und ein Urenkel des Hamburger Rabbiners Isaak Bernays.[1] Seine Mutter war Freuds Schwester Anna, sein Vater Ely Bernays war der Bruder von Freuds Ehefrau Martha.[2]
Die in Wien ansässigen Eltern wanderten kurz nach der Geburt Edwards in die USA aus. 1892 zog die Familie nach New York City, wo er die DeWitt Clinton High School besuchte. 1912 erlangte er einen Abschluss in Agrarwissenschaft an der Cornell University, begann jedoch eine journalistische Karriere.
1922 Jahre heiratete Bernays seine Freundin Doris Fleischman, die er schon aus Jugendzeiten kannte und die später in seinem ersten Unternehmen mitarbeitete. Ein Jahr zuvor hatte sie sich der Lucy Stone League angeschlossen, einer amerikanischen Frauenrechtsorganisation, die sich dafür einsetzte, Frauen nach der Eheschließung zu gestatten, ihren Geburtsnamen zu behalten. In ihrer Hochzeitsnacht im New Yorker Waldorf-Astoria unterschrieb Doris Fleischman Bernays mit ihrem Geburtsnamen. Als erster Ehefrau stellte ihr das US Außenministerium drei Jahre später einen Pass allein auf ihren Geburtsnamen aus.

Bernays’ Arbeit

Theoretische Grundlagen

Bernays war Pionier in der Anwendung von Forschungsergebnissen der noch jungen Psychologie und Sozialwissenschaften in der angewandten Öffentlichkeitsarbeit. Seine Erfolge in der Öffentlichkeitsarbeit halfen, die Psychoanalyse Freuds in den Vereinigten Staaten von Amerika zu popularisieren. Das Freud’sche Menschenbild ist grundlegend für Bernays’ Wirken und Argumentation: Der Mensch ist ein irrationales, von unbewussten Triebimpulsen motiviertes Wesen, das notwendig kultureller Bändigung und Steuerung bedarf. Dies gilt insbesondere für die Psychologie der Masse. Auf dieser Grundlage entwickelte er Kampagnen zur Meinungsbeeinflussung auf Basis damals aktueller Erkenntnisse der Massenpsychologie. Bernays argumentierte:
„Wenn wir den Mechanismus und die Motive des Gruppendenkens verstehen, wird es möglich sein, die Massen, ohne deren Wissen, nach unserem Willen zu kontrollieren und zu steuern.“
Er bezeichnete diese auf Wissenschaft basierende Technik der Meinungsformung als engineering of consent (sinngemäß: Technik zur Herstellung von Zustimmung und Konsens). Bernays bekanntestes Buch Propaganda (1928) beginnt mit dem Kapitel Organising Chaos und den Worten:
„Die bewusste und intelligente Manipulation der organisierten Gewohnheiten und Meinungen der Massen ist ein wichtiges Element in der demokratischen Gesellschaft. Wer die ungesehenen Gesellschaftsmechanismen manipuliert, bildet eine unsichtbare Regierung, welche die wahre Herrschermacht unseres Landes ist. Wir werden regiert, unser Verstand geformt, unsere Geschmäcker gebildet, unsere Ideen größtenteils von Männern suggeriert, von denen wir nie gehört haben. Dies ist ein logisches Ergebnis der Art wie unsere demokratische Gesellschaft organisiert ist. Große Menschenzahlen müssen auf diese Weise kooperieren, wenn sie in einer ausgeglichen funktionierenden Gesellschaft zusammenleben sollen. In beinahe jeder Handlung unseres Lebens, ob in der Sphäre der Politik oder bei Geschäften, in unserem sozialen Verhalten und unserem ethischen Denken werden wir durch eine relativ geringe Zahl an Personen dominiert, welche die mentalen Prozesse und Verhaltensmuster der Massen verstehen. Sie sind es, die die Fäden ziehen, welche das öffentliche Denken kontrollieren.“

Aufbau einer PR-Kampagne

Bernays entwickelte einen Acht-Punkte-Plan zur Durchführung einer PR-Kampagne,[3] der häufig als Grundlage vieler PR-Kampagnen weltweit Verwendung findet und ebenso als Basis für die Arbeit gemeinnütziger Organisation dienen kann:
  1. Define your objectives – Definiere Deine Ziele.
  2. Conduct research – Führe Forschungen durch.
  3. Modify your objectives based on that research – Verändere Deine Ziele auf Basis dieser Forschungen.
  4. Set a strategy – Lege eine Strategie fest.
  5. Establish themes, symbols, and appeals – Erstelle Themengebiete, Symbole und Anreize.
  6. Create an organization to execute your strategy – Rufe eine Organisation ins Leben, um deine Strategie auszuführen.
  7. Decide on timing and tactics – Entscheide über den Zeitplan und die Taktiken.
  8. Carry out your plans – Führe deine Pläne aus.
Eine seiner bevorzugten Techniken zur Manipulation der öffentlichen Meinung war die indirekte Nutzung prominenter Dritter: „Wenn man die Gruppenführer beeinflussen kann, entweder mit oder ohne deren bewusste Zusammenarbeit, beeinflusst man automatisch deren Gruppe“.

Praktisches Wirken


Edward Bernays (3. von links) 1917 bei der Eröffnung der Liberty Bond-Verkaufsstelle in der Aeolian Hall (New York)

Kriegspropaganda

Bernays unterstützte die amerikanische Regierung unter Wilson im Ersten Weltkrieg im Committee on Public Information (CPI) bei ihrem Bemühen, Zustimmung der Öffentlichkeit für einen Kriegseintritt der USA zu erzielen. Seine Kampagne im Kriegsjahr 1917 stellte er unter den Slogan: „Make the world safe for democracy.“
Bernays arbeitete für das Bureau of Latin-American Affairs in New York. Mit Lieutenant F. E. Ackerman konzentrierte er sich darauf, Unterstützung in Lateinamerika für die USA über dort ansässige amerikanische Firmen zu finden.[4][5] Er bezeichnete diese Tätigkeit selbst als „psychologische Kriegsführung“.[6][7]
Nach Kriegsende war Bernays Teil einer sechzehnköpfigen Arbeitsgruppe, die für das CPI in der Pariser Friedenskonferenz tätig war. Ein Skandal entstand, als er in einer Presseverlautbarung das Wort Propaganda benutzte, das „erklärte Ziel der entsendeten Arbeitsgruppe bestehe darin, ‚die Arbeit der Pariser Friedenskonferenz zu interpretieren, um durch weltweite Propaganda amerikanische Erfolge und Ideale zu verbreiten.‘“[8][9]

Übertragung auf Politik und Werbung

In den Nachkriegsjahren versuchte er, die Wirksamkeit von Propaganda als Steuerungsmittel des Kaufverhaltens und politischer Meinungsbildung einer Massendemokratie auch in Friedenszeiten nutzbar zu machen.
“There was one basic lesson I learned in the CPI—that efforts comparable to those applied by the CPI to affect the attitudes of the enemy, of neutrals, and people of this country could be applied with equal facility to peacetime pursuits. In other words, what could be done for a nation at war could be done for organizations and people in a nation at peace.”
„Es gab eine Grundlektion, die ich im CPI gelernt hatte – Unternehmungen ähnlich denen, die angewandt wurden, um die Einstellung des Gegners, Neutraler und Menschen des eigenen Landes zu beeinflussen, konnten auch mit gleicher Leichtigkeit für Ziele in Friedenszeiten eingesetzt werden. Anders gesagt, was für die Nation im Krieg getan werden konnte, das konnte für Organisationen und Menschen in der Nation auch im Frieden geleistet werden.“[10]
Um den belasteten Begriff Propaganda zu vermeiden, benannte er sein Konzept in Public Relations um.[11] Bernays arbeitete für verschiedenste Wirtschaftsunternehmen, aber auch für karitative Vereinigungen. Klienten waren u. a. der US-Präsident Calvin CoolidgeProcter & GambleCBSBritish American TobaccoUnited FruitGeneral Electric und Dodge Motors. Ab den 1920ern wirkte er einige Jahre für die amerikanische Tabakindustrie, auch für die American Tobacco Company (ATC).
Das grundlegende Problem der Industrie in den Nachkriegsjahren bestand in der Stagnation der Nachfrage. Man kaufte nur, was man brauchte: Waren, die mit rationalen Kriterien wie Nützlichkeit und Qualität beworben wurden. War der Markt gesättigt, stagnierte das Geschäft. Man musste also die Leute dazu bringen, Dinge zu kaufen, die sie nicht in dieser Weise brauchten. Bernays’ Strategie zielte auf einen Mentalitätswandel der potentiellen Käufer, die die Ware ihres symbolischen Charakters wegen erwerben sollten; der Konsument Bernays’ kauft Dinge zur Selbstdarstellung und zum Selbstausdruck: „Express yourself“ sollte zur maßgeblichen Maxime der Kaufentscheidung werden, die Werbung an das irrationale Begehren der Kunden appellieren.

Steigerung des Absatzes an Zigaretten


Zigarettenwerbung für Lucky Strike
Als die American Tobacco Company ihn bat, den Umsatz ihrer Lucky Strike Zigaretten zu steigern, befragte Bernays Abraham Brill, den führenden Schüler seines Onkels in New York nach dem symbolischen Mehrwert der Zigarette für das weibliche Unbewusste. Der bestätigte ihm den phallischen Symbolcharakter der Zigarette als Zeichen männlicher Macht und wies auf den Freud’schen Penisneid als unbewusste Motivation von Frauen im Umgang mit Zigaretten hin. Tatsächlich galt vor allem öffentliches Rauchen von Frauen zu dieser Zeit als Tabu.
Bernays versuchte, das Rauchen auch für Frauen akzeptabel und attraktiv zu machen. Er beeinflusste dazu unter anderem die Modeindustrie, den typischen Grünton der Lucky-Strike-Packungen zur Farbe der Saison zu machen. Er beauftragte öffentlichkeitswirksam eine Gruppe von Frauen und bat sie, sich für die Osterparade 1929 als Suffragetten zu verkleiden. Die Frauen marschierten durch New Yorks Fifth Avenue. Als Zeitungsreporter sie fotografierten, zündeten sie Zigaretten an und proklamierten diese als „torches of freedom“ (Fackeln der Freiheit). Die Werbestrategie zielte darauf ab, Zigaretten als Symbol weiblicher Emanzipation zu etablieren und den Widerstand der Frauen gegen das Rauchen zu brechen.[12][13] Einige Jahrzehnte später (in den 1960ern) arbeitete er für die Anti-Rauch-Kampagne.

Steigerung des Absatzes von Büchern

In den 1930ern arbeitete Bernays für einige große Verlagshäuser. Neben seiner Taktik, angesehene Personen der Öffentlichkeit zur Befürwortung der Wichtigkeit von Büchern für die Zivilisation zu bewegen, hatte er die Idee, Möbelhersteller zum verstärkten Einbau von Bücherregalen in die Stubenmöbel zu veranlassen. Seine einfache Theorie lautete: „Wo es Bücherregale gibt, wird es auch Bücher geben.“ Ähnlich verfuhr Bernays, als er ab 1949 für Mack Trucks bzw. die amerikanische Truck-Industrie arbeitete. Um sich gegen die Eisenbahngesellschaften durchsetzen zu können, hatte Bernays einen indirekten und weitsichtigen Plan ausgeklügelt, von dem er zunächst seinen Auftraggeber überzeugen musste. Bernays gewann letztlich nicht nur die Zustimmung von Mack Trucks, sondern brachte in den 1950er-Jahren auch den US-Kongress dazu, Milliarden von US-Dollar in den Ausbau des Highway-Systems zu investieren.

Fluoridierung von Trinkwasser

Bernays half der Aluminum Company of America (Alcoa) und anderen Verbänden, die amerikanische Öffentlichkeit davon zu überzeugen, dass die Fluoridierung des Trinkwassers unschädlich und der Gesundheit zuträglich sei. Dies wurde durch eine Medienkampagne der Vereinigung der Zahnärzte erreicht.[14]

Multiple Sklerose

Bernays arbeitete auch für die Amerikanische Gesellschaft für Multiple Sklerose. Er stellte fest, dass der Name der Krankheit zu kompliziert sei, „um von den meisten Amerikanern verdaut werden zu können.“ Kurzentschlossen ließ er den Namen auf „MS“ abkürzen. Mitunter waren seine Kampagnen derart komplex, dass er selbst den Überblick verlor; manchmal – wie im Fall von „MS“ – waren sie aber auch im Grunde genommen sehr einfach.[15]

Einfluss auf Joseph Goebbels

Bernays behauptete in seiner Autobiographie, Joseph Goebbels habe sein Buch Crystallizing Public Opinion benutzt, um die antijüdische Propaganda im nationalsozialistischen Deutschland aufzubauen.[16] Bernays, selbst Jude, habe davon durch Karl von Wiegand, Deutschland-Reporter der amerikanischen Hearst-Zeitungen, erfahren. Dieser habe Goebbels besucht und mit ihm einen Rundgang durch dessen Bibliothek unternommen. Bernays kommentierte das in seiner 1965 erschienenen Autobiographie wie folgt:
“I knew that any human activity can be used for social purposes or misused for antisocial ones. Obviously the attack on the Jews of Germany was no emotional outburst of the Nazis, but a deliberate, planned campaign.”
„Ich wusste, dass jede menschliche Aktivität für soziale Zwecke benutzt oder asozial missbraucht werden kann. Offenbar war die Attacke gegen die Juden Deutschlands kein emotionaler Ausbruch der Nazis, sondern eine wohlüberlegte, geplante Kampagne.“[17]

Politische Propaganda

Wahlkämpfe

1924 unterstützte Calvin Coolidge in einer Imagekampagne. Dabei wurden Entertainer wie Al Jolson, John Drew, Raymond Hitchcock und die Dolly Sisters ins Weiße Haus eingeladen, um ein Vaudeville aufzuführen. Dies wurde von der Presse verbreitet.[18]
Herbert Hoover ließ sich 1932 von Bernays davon überzeugen, sich als unbesiegbaren Führer darzustellen und unter seinen Gegnern Uneinigkeit hervorzurufen.[19]
Bernays beriet William O’Dwyer aufgrund demografischer Daten. Beispielsweise sollte er irische Wähler durch sein Vorgehen gegen die italienische Mafia gewinnen, die Italiener durch eine Reform des Poizeidepartments zu überzeugen. Den Juden sollte er als entschlossener Gegner der Nazis erscheinen.[20]

Putsch in Guatemala

Schon 1944 stellte Sam Zemurray Edward Bernays für die psychologische Kriegsführung gegen die demokratischen und sozialen Reformen in Guatemala und deren Präsidenten Arbenz ein, die die Stellung der United Fruit Company einschränkten. Bernays überzeugte Arthur Hays Sulzberger davon, auf Kosten von United Fruit Journalisten nach Guatemala zu schicken, deren Serienberichte andere Medien zu ähnlichen Berichten motivierten.[21]

Werke

  • Crystallizing Public Opinion. Boni and Liveright, New York 1923; Neuauflage: Kessinger, New York 2004, ISBN 1-4179-1508-0.
  • The Verdict of Public Opinion on Propaganda (Based on the article A public relations counsel states his views), 1927 by Universal Trade Press Syndicate.
  • An Outline of Careers. 1927 (Herausgeber; Beitrag).
  • Propaganda. Horace Liveright, New York 1928. Neuauflage: Ig Publishing, Brooklyn N.Y. 2005, ISBN 0-9703125-9-8; deutsche Erstausgabe: übersetzt von Patrick Schnur. orange-press, Freiburg im Breisgau 2007, ISBN 978-3-936086-35-5.
  • Universities--pathfinders in Public Opinion, a Survey. 1937 (mit Doris Fleischman).
  • Private Interest and Public Responsibility. Cooper Union, 1939.
  • Speak up for Democracy. 1940.
  • Democratic Leadership in Total War. Presented at Cleveland College of Western Reserve University, under the auspices of the Journalism Department. Foreword. 1943.
  • The Postwar Responsibility of the American Press. Reprinted from Journalism quarterly. Vol. XXI, No. 2, June 1944.
  • Take Your Place at the Peace Table. Gerent press, 1945.
  • [Pamphlets] Issued in the Public Interest by Edward L. Bernays and Doris Fleischman Bernays, veröffentlicht 1945.
  • Human Relations, the Way to Labor-management Adjustments… Pennsylvania State College, 1946 (Paper presented at the twenty-third annual Industrial Conference conducted by the School of Engineering of the Pennsylvania State College).
  • Public relations. 1952.
  • The Engineering of Consent (Herausgeber; erstes Kapitel von Bernays). Erstauflage 1955; 1969 University of Oklahoma Press.
  • Biography of an Idea: Memoirs of Public Relations Counsel Edward L. Bernays. Simon and Schuster, New York 1965; deutsch: Biographie einer Idee. Die hohe Schule der PR. Lebenserinnerungen. Übersetzt von Ulf Pacher, bearbeitet von Carl Hundhausen. Econ, Düsseldorf/Wien 1967.
  • The Future of Public Relations. Reprint of a talk, delivered at the Rotary Club Of New York, February 10, 1972.

Siehe auch

Literatur

  • Doris Fleischman: A Wife Is Many Women. Autobiographical account by Edward L. Bernays’ wife. Crown Publishers, New York [1955].
  • Scott Cutlip: The Unseen Power: Public Relations: A History. Erlbaum, Hillsdale NJ 1994, ISBN 0-8058-1464-7.
  • Stuart Ewen: PR! A Social History of Spin. Basic Boosk, New York 1996, ISBN 0-465-06168-0 (Vorschau in der Google-Buchsuche).
  • National Public Radio historical report on Bernays (enthält Bernays’ Interview-Aufzeichnungen; npr.org).
  • John Stauber, Sheldon Rampton: Giftmüll macht schlank. Medienprofis, Spin Doctors, PR-Wizards. Die Wahrheit über die Public-Relations-Industrie. orange-press, Freiburg i. Br. 2006, ISBN 3-936086-28-1.
  • Larry Tye: The Father of Spin. Edward L. Bernays and the Birth of Public Relations. Crown, New York 1998, ISBN 0-517-70435-8 (Vorschau in der Google-Buchsuche).
  • Al GoreThe Assault on Reason. Penguin Press, New York 2007, S. 94 (Vorschau in der Google-Buchsuche; deutsch: Angriff auf die Vernunft. Riemann, München 2007).
  • Dirk Schäfer: Die Geburt der PR - Der Beginn des Doktor Spin. In: Süddeutsche Zeitung. 28./29. Juli 2007, Wochenendbeilage, S. VI (sueddeutsche.de [abgerufen am 18. Dezember 2013]).

Dokumentationen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 Commons: Edward Bernays – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • Kurzbiografie und Rezensionen zu Werken von Edward Bernays bei perlentaucher.de
  • Literatur von und über Edward Bernays im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
  • Philipp Schnee: PR Erfinder Bernays. Der Überzeugungstäter. Serie einestages. In: spiegel.de, 30. September 2009; mit Bilderstrecke; abgerufen am 21. Oktober 2014
  • Edward Bernays bei Encyclopædia Britannica

    Crystallizing Public Opinion

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    Crystallizing Public Opinion ist ein Buch von Edward Bernays, das 1923 veröffentlicht wurde und 1961 mit einem neuen Vorwort Bernays' wieder aufgelegt wurde. Es gilt als eines der Grundlagenwerke zur Öffentlichkeitsarbeit.[1]
    Bernays definiert den PR-Berater als jemanden, der weit mehr als ein Pressevertreter eine wirkungsvolle symbolische Bindung innerhalb der Masse erzeugen kann. Geeignete Werbebotschaften werden auf der Grundlage der Gruppenpsychologie entwickelt und durch besonderes Nachrichtendesign rezipientenorientiert verbreitet.
    Er gibt Beispiele aus seiner früheren beruflichen Tätigkeit und beruft sich auf Ideen Walter Lippmanns and Wilfred Trotters.

    Zusammenfassung

    Teil 1 Thematik und Aufgaben

    Bernays stellt Erfolge seiner bisherigen Beratungstätigkeit vor:
    • Er bekämpfte das Gerücht, ein Hotel werde schließen, indem öffentlich ein neuer Vertrag mit einem bekannten und gutbezahlten maître d'hôtel mitgeteilt wurde. (S. 14–16)
    • Speck wurde als Teil gesunder Ernährung vermittelt, indem eine wissenschaftliche Untersuchung in Auftrag gegeben wurde, die nachwies, dass ein „herzhaftes“ Frühstück besonders gesund sei, wenn es Speck enthält. (S. 16–17)
    • Arbeitskräftemangel bei der Weizenernte in Kansas wurde bekämpft, indem die Erntearbeit über das Verteidigungsministerium und die Associated Press bei den Kriegsheimkehrern angepriesen wurde. (S. 21–24)
    • Verstärkung des litauischen Nationalgefühls durch Bildung eines litauischen Nationalrats, der interessante Nachrichten an Intellektuelle, Politiker, Sportfans und andere demografisch profilierte Bevölkerungsgruppen vermittelt, die die Meinung anderer Gruppen beeinflussen, so dass günstige Konsequenzen für Litauen entstanden. (S. 24–27)
    • Förderung des Völkerbunds durch einen gemischt (von Frauenvertretern, Demokraten, Republikanern, Radikalen, Reaktionären, Verbänden und Vereinen) besetzten Ausschuss, der ihn öffentlich befürwortete. (S. 31–32)
    Die öffentliche Meinung gewinnt nach Bernays immer mehr an Bedeutung, insofern Menschen besser informiert sein wollen und Organisationen sich dementsprechend bemühen, ein besseres Bild von sich selbst zu vermitteln. Dies trifft in besonderem Maße auf die öffentlichen Versorgungsunternehmen zu, die dem öffentlichen Interesse dienen sollen. (S. 41–46)

    Teil 2 Die Gruppe und die Herde

    Die „Öffentliche Meinung“ besteht nach Bernays aus ungeordneten Vorstellungen und Urteilen, die selbst im Kopf eines einzelnen Durchschnittsindividuums nicht gut ausgearbeitet sind. Er zitiert Wilfred Trotter, dieser Durchschnittsmensch habe viele starke Überzeugungen, deren Ursprung er nicht erklären könne.[2] Das Bewusstsein habe „logik-reistente Abteilungen“, die mit Mitteln jenseits des Rationalen angegangen werden müssen. (S. 61–68)
    Nach der Erörterung der gegenseitigen Beeinflussung von Presse und Öffentlichkeit schlägt der PR-Berater vor, die etablierte öffentliche Meinung in ihrer Komplexität zu verstehen. Er beruft sich auf das von Walter Lippmann beschriebene Konzept des „Stereotyps“, das erlätuert, dass Stereotypen, die die Menschen bereits haben, bestimmen, welche neuen Inhalte sie als „Tatsachen“ in das stimmige Weltbild einfügen können. Er zitiert aus Everett Dean Martins Buch The Behaviour of Crowds von 1920, in dem dieser beschreibt, wie Herdenmentalität den unbewussten Drang der Menschen verstärken, Hemmungen senken und die Gegensätze zu anderen Gruppen verschärfen kann. Gebildete Menschen können diese Mentalität genauso zeigen wie Unwissende. Bernays zitiert Trotter, die Herdenmentalität wirke dabei immerwährend auf Menschen ein, nicht nur in den Zeitabschnitten, wenn sie Teil einer tatsächlichen Menschenmasse auf der Straße sind. (S. 98–110)
    Der Praktiker muss daher den Fluss der Gruppenenergie anzapfen. (S. 118–122)

    Teil 3 Techniken und Methoden

    Die Größe und die Heterogenität des modernen Amerika „machen es heute für den Befürworter eines Standpunkts erforderlich, einen Experten zu engagieren, der ihn vor der Gesellschaft vertritt, einen Experten, der es versteht, Gruppen zu erreichen, die sich in Bezug auf Ideale, Bräuche und sogar Sprache völlig unterscheiden. Aus dieser Notwendigkeit heraus hat sich die Beratung für Öffentlichkeitsarbeit entwickelt.“ Der erfahrene PR-Mitarbeiter leistet einen wertvollen Beitrag zur Überwindung von Heterogenität, um Millionen von Menschen auf die gleiche Weise zu beeinflussen. Hierzu werden etablierte Kommunikationsmedien verwendet, um die „richtigen“ Fakten zum richtigen Zeitpunkt zu kommunizieren. (S. 125–138)
    Menschen sollten als Mitglieder von „sich überlappenden Gruppen“ angesprochen werden, die verschiedene Aspekte ihrer Identität betreffen. (139–146) Zum Beispiel bei der Förderung von Seide: Seide wurde in Frauenclubs als modisch, für Kunstliebhaber als künstlerisch, für Schulen als historisch interessant dargestellt. Diese unterschiedlichen Blickwinkel könnten unterschiedliche Aspekte der Identität der Menschen ansprechen:
    Die Schullehrerin wurde im Schulzimmer als Erzieherin und nach der Schulzeit als Mitglied eines Frauenclubs angesprochen. Sie las die Werbung über Seide als Leserin der Zeitungen und als Mitglied der Frauengruppe, die die Museen besuchte, sah sie dort die Seide. Die zu Hause gebliebene Frau wurde durch ihr Kind mit der Seide in Kontakt gebracht. (S. 146)
    Das Hervorheben der richtigen Gruppenidentität für den jeweiligen Zweck ist viel effektiver als der Versuch, die Haltung einer einzelnen Gruppe zu ändern. Das Hervorheben sich ändernder äußerer Bedingungen, wie beispielsweise neuer Technologien, ist ebenfalls wirksam. Auch universelle Instinkte wie Selbsterhaltung und Sex können sinnvoll herangezogen werden. Oder Instinkt/Gefühls-Paare wie Flucht–Angst, Abscheu–Ekel, Kampf–Wut und andere. (S. 146–153)
    "The public relations counsel sometimes uses the current stereotypes, sometimes combats them, and sometimes creates new ones.“ (S. 162) "Der Berater bedient sich der geläufigen verfestigten Vorstellungen, manchmal indem er sie belkämpft, manchmal, indem er neue erschafft."
    Da die Methoden der psychologischen Beeinflussung vielfältig sind, schlägt Bernays vor, sich auf die Grundlagen zu konzentrieren. Er ermutigt den PR-Berater, sich selbst als Mitglied der verschiedenen Gruppen vorzustellen, die er erreichen muss, und anschließend eine Kampagne zu erstellen, die so viele wie möglich anspricht. Zum Beispiel kann ein Hotel, das seine Bekanntheit unter Beweis stellen möchte, ein öffentliches Fest mit sorgfältig ausgewählten Gästen abhalten – darunter „ein führender Bankier, eine Frau aus der Gesellschaft, ein prominenter Anwalt, ein einflussreicher Prediger und so weiter, bis sich ein Querschnitt durch die Stadt ergibt.“ (S. 166–169). Der PR-Berater muss daher Nachrichten generieren, „egal in welchem Medium diese Nachrichten ausgestrahlt werden“.
    „Der PR-Berater muss verblüffende Fakten aus seinem gesamten Fach herausheben und als Nachricht präsentieren. Er muss Ideen isolieren und zu Ereignissen weiterentwickeln, damit sie besser verstanden werden können und die Aufmerksamkeit als Neuigkeit beanspruchen.“
    Sobald interessante Nachrichten erstellt sind, werden sie sich über Medienkanäle verbreiten, die versuchen, die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf sich zu ziehen. (S. 171)

    Teil 4 Ethische Bezüge

    Bernays setzt seine Erörterung der Nachrichten fort und bemerkt, dass Journalisten Referenten für Öffentlichkeitsarbeit als wichtige Quellen für aktuelle Informationen betrachten. Er betont die zentrale Bedeutung von Zeitungen für die Kultur und schreibt, dass der PR-Berater „wahrheitsgemäße, genaue und überprüfbare Nachrichten“ liefern muss, um in der Gunst der Journalisten zu bleiben. (S. 177–183)
    Die Definition von „Nachrichten“ ist nicht festgelegt und variiert von Zeitung zu Zeitung. Bernays zitiert William Henry Irwins Definition, dass Nachrichten „eine Abkehr von der etablierten Ordnung“ sind. Dann zitiert er Irwins Liste der Grundsätze zur Bestimmung des Nachrichtenwerts, die seiner Ansicht nach der Definition widersprechen könnten:
    „Wir lesen lieber über die Dinge, die wir mögen.“ („Macht für die Männer, Zuneigung für die Frauen.“)
    „Unser Interesse an Nachrichten wächst in direktem Verhältnis zu unserer Vertrautheit mit ihrem Thema, der Situierung und den handelnden Personen.“
    „Unser Interesse an Nachrichten steigt im direkten Verhältnis zur allgemeinen Bedeutung der Personen oder Handlungen, die davon betroffen sind.“
    Oft zitiert Bernays Lippmann, eine „offenkundige Handlung“ sei notwendig, um einen Sachverhalt zu klären, damit daraus erst Nachrichten werden können. Laut Lippmann steht ein Pressevertreter zwischen dem Ereignis und der Presse, um den Informationsfluss zu steuern. Für Bernays ist ein Berater für Öffentlichkeitsarbeit kein einfacher Lieferant von Nachrichten, sondern erschafft diese. Das Ergebnis muss natürlich wahrheitsgetreu und genau sein – und darüber hinaus gut geschrieben und zugeschnitten auf die Bedürfnisse der verschiedenen Medien. (S. 191–198)
    Bernays verteidigt die Rolle des PR-Beraters als „Special Pleader“ und meint, dass die von ihm befürworteten Standpunkte nicht unbedingt schlechter sind als die, die er abschwächen würde. In Wirklichkeit bestehe der einzige Unterschied zwischen „Propaganda“ und „Bildung“ in der Perspektive. Das Eintreten für das, woran wir glauben, ist Bildung. Das Eintreten für das, woran wir nicht glauben, ist Propaganda. Er zitiert Elmer Davis' Bemerkung, dass „die Relativitätstheorie der Wahrheit für jeden Zeitungsmann selbstverständlich ist, auch für einen, der nie Erkenntnistheorie studiert hat“. (S. 208–213)
    „The social value of the public relations counsel lies in the fact that he brings to the public facts and ideas of social utility which would not so readily gain acceptance otherwise.“ (S. 216)
    Bernays schließt mit einer Warnung von Ferdinand Tönnies, die Zivilisation sei in Gefahr. „Höhere Schichten der Gesellschaft“ müssten sie vor niedrigen Instinkten schützen und moralische wie spirituelle Motive in die öffentliche Meinung „injizieren“.

    Reaktionen

    Kommentatoren räumten ein, dass Bernays mit seinem Buch Neuland betrat, in dem erstmals der „PR-Berater“ definiert wurde. Die New York Times nannte es „das erste Buch, das ausschließlich diesem Beruf gewidmet ist, der mit der Zeit eine überwältigende nationale Bedeutung bekommen wird.“ Die Meinungen über seine Vorzüge waren unterschiedlich. H. L. Mencken nannte es zunächst ein „Pionierbuch“, später äußerte er seine Verachtung. Der zukünftige Senator Ernest Gruening fragte in einer Rezension mit dem Titel „Higher Hokum“, ob es viel besser sei, die Öffentlichkeit zu überzeugen, anstatt sie einfach mit gröberen Mitteln „einzupferchen“ (der sogenannte „Zur-Hölle-mit-der Öffentlichkeit“-Ansatz) – ob das Endergebnis für die Öffentlichkeit wirklich ganz anders wäre, die es nicht mehr mag verachtet zu werden, es wirklich tolerieren würde, an der Nase herumgeführt zu werden. Ist Verführung dem Missbrauch vorzuziehen?

    Kritische Analyse

    Crystallizing Public Opinion erschien ein Jahr nach Lippmanns Public Opinion und kann als Anwendung von Lippmans Prinzipien auf die aktive Manipulation der öffentlichen Meinung ausgelegt werden.[3] Während Lippmann eine größere Rolle für die Regierung bei der Steuerung der öffentlichen Meinung sah, konzentrierte sich Bernays auf das Unternehmen und seinen PR-Attaché.[4]
    Professor Sue Curry Jansen vertritt die Auffassung, dass Bernays Lippmans Arbeit verzerrt habe (und dass PR-Historiker wie Stuart Ewen und Larry Tye Bernays Meinung in diesem Punkt unkritisch wiederholt hätten). Sie schreibt, öffentliche Meinung sei eine Analyse der Einschränkungen der Rationalität, denen eine demokratische Gesellschaft ausgesetzt ist, und dass „Bernays Lippmanns Kritik systematisch in eine Entschuldigung für Öffentlichkeitsarbeit umkehrt, indem er ihn selektiv und täuschend zur Unterstützung von Positionen zitiert, die Lippmann eindeutig ablehnt.“ Während Lippmann das Stereotyp als eine Art blinder Fleck oder als Hindernis für rationales Denken betrachtete, betrachtete Bernays es als „große Hilfe für den PR-Berater“, obwohl es ‚nicht unbedingt wahr‘ sei. Sie findet auch, dass Crystallizing Public Opinion Lippmann manchmal Zitate zuschreibt, die überhaupt nicht zum Text der öffentlichen Meinung passen.[5]

    Ausgaben

    • Crystallizing Public Opinion, New York: Boni and Liveright, 1923 OCLC 215243834
    • Edward Bernays: Crystallizing Public Opinion. LIVERIGHTPUBLISHING CORPORATION, New York 1961

    Links

    Siehe auch

    • Public Opinion
    • Propaganda
    • Propaganda

      From Wikipedia, the free encyclopedia
    • https://en.wikipedia.org/wiki/Propaganda
    • Propaganda is information that is used primarily to influence an audience and further an agenda, which may not be objective and may be presenting facts selectively to encourage a particular synthesis or perception, or using loaded language to produce an emotional rather than a rational response to the information that is presented.[2] Propaganda is often associated with material prepared by governments, but activist groups, companies, religious organizations, the media, and individuals can also produce propaganda.
      In the 20th century, the term propaganda had often been associated with a manipulative approach, but propaganda historically is a neutral descriptive term.[2][3]
      A wide range of materials and media are used for conveying propaganda messages, which changed as new technologies were invented, including paintings, cartoons, posters, pamphlets, films, radio shows, TV shows, and websites. More recently, the digital age has given rise to new ways of disseminating propaganda, for example, through the use of bots and algorithms to create computational propaganda and spread fake or biased news using social media.
      In a 1929 literary debate with Edward BernaysEverett Dean Martin argues that, "Propaganda is making puppets of us. We are moved by hidden strings which the propagandist manipulates."[4][5]

      Propaganda model

    • The propaganda model is a conceptual model in political economy advanced by Edward S. Herman and Noam Chomsky to explain how propaganda and systemic biases function in corporate mass media. The model seeks to explain how populations are manipulated and how consent for economic, social, and political policies is "manufactured" in the public mind due to this propaganda. The theory posits that the way in which corporate media is structured (e.g. through advertisingconcentration of media ownership, government sourcing) creates an inherent conflict of interest that acts as propaganda for undemocratic forces.
      First presented in their 1988 book Manufacturing Consent: The Political Economy of the Mass Media, the propaganda model views private media as businesses interested in the sale of a product—readers and audiences—to other businesses (advertisers) rather than that of quality news to the public. Describing the media's "societal purpose", Chomsky writes, "... the study of institutions and how they function must be scrupulously ignored, apart from fringe elements or a relatively obscure scholarly literature".[1] The theory postulates five general classes of "filters" that determine the type of news that is presented in news media. These five classes are: Ownership of the medium, Medium's funding sources, SourcingFlak, and Anti-communism or "fear ideology".
      The first three are generally regarded by the authors as being the most important. In versions published after the 9/11 attacks on the United States in 2001, Chomsky and Herman updated the fifth prong to instead refer to the "War on Terror" and "counter-terrorism", although they state that it operates in much the same manner.
      Although the model was based mainly on the characterization of United States media, Chomsky and Herman believe the theory is equally applicable to any country that shares the basic economic structure and organizing principles that the model postulates as the cause of media biases.[2] Their assessment has been confirmed by a number of scholars and the propaganda role of the media has since been confirmed empirically in countries and regions like the United Kingdom, Germany, Spain, and Latin America.[3]
    • Die Prinzipien der Kriegspropaganda 

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      Principes élémentaires de propagande de guerre ist ein Buch von Anne Morelli, das 2001 erschienen ist.
      Die zehn „Gebote“ der Propaganda, die Anne Morelli in diesem Werk ausarbeitet, sind vor allem ein Analyseraster für pädagogische und medienkritische Zwecke. Sie will nicht Partei ergreifen oder „Diktatoren“ verteidigen, sondern die Regelhaftigkeit der zehn Prinzipien im Bereich der Medien und der Gesellschaft aufzeigen:
      „Ich werde nicht die Reinheit der Absichten der einen oder anderen untersuchen. Ich versuche nicht herauszufinden, wer lügt und wer die Wahrheit sagt, wer das glaubt, was er sagt, und wer nicht. Meine einzige Absicht ist es, die Prinzipien der Propaganda zu veranschaulichen, die benutzt werden, und ihr Funktionieren zu beschreiben.“ (S. 6)
      Es erscheint der Autorin trotzdem unbestreitbar, dass nach den Kriegen, die unsere Epoche kennzeichnen (KosovoZweiter GolfkriegAfghanistankriegIrakkrieg), die westlichen Demokratien und ihre Medienlandschaft thematisiert werden müssen.
      Anne Morelli aktualisiert die idealtypischen Formen verschiedenster Inhalte von Propaganda. Sie greift damit die Erkenntnisse Arthur Ponsonbys zur Propaganda im Ersten Weltkrieg auf und systematisiert sie in Form von zehn Prinzipien.

      Inhalt

      Wir wollen keinen Krieg!

      Staatsmänner aller Länder versichern selbst immer feierlich, dass sie den Krieg nicht wollen. Kriege sind immer unerwünscht, nur äußerst selten wird ein Krieg von der Bevölkerung positiv gesehen. Mit der Entstehung der Demokratie wird die Zustimmung der Bevölkerung unabdingbar, daher muss der Krieg abgelehnt werden und man muss im Herzen Pazifist sein, im Unterschied zum Mittelalter, als die Meinung der Bevölkerung nur geringe Bedeutung hatte. „So mobilisiert die französische Regierung die Armee und verkündet zugleich, dass die Mobilisierung kein Krieg sei, sondern im Gegenteil das beste Mittel, den Frieden zu sichern.“ „Wenn alle Staatsführer vom selben Friedenswillen beseelt sind, fragt man sich, warum Kriege dann überhaupt ausbrechen.“ Das zweite Prinzip beantwortet diese Frage.

      Der Gegner ist allein für den Krieg verantwortlich!

      Dieses Prinzip folgt aus der Tatsache, dass jede Partei versichert, zur Kriegserklärung gezwungen zu sein, um zu verhindern, dass der Gegner „unsere Werte“ zerstört, unsere Freiheiten gefährdet oder uns selbst ganz und gar vernichtet. Es handelt sich um die Aporie eines Krieges, der geführt wird, um Kriege zu verhindern. Man gelangt beinahe zu dem mythischen Satz George Orwells: „Krieg ist Frieden.“ So war die USA gezwungen, Krieg gegen den Irak zu führen, weil dieser ihr keine andere Wahl gelassen hatte. Man reagiert also nur, verteidigt sich gegen Provokationen des Feindes, der für den Ausbruch des Krieges uneingeschränkt verantwortlich ist. „So versichert Daladier in seinem ‚Aufruf an die Nation‘ am 3. September 1939 – wobei er die Verantwortung Frankreichs für die Folgen des Versailler Vertrages übergeht –: ‚Deutschland hat schon abgelehnt, den Menschen mit gutem Herzen zu antworten, die in dieser Zeit ihre Stimme für den Frieden in der Welt erhoben haben. […] Wir führen den Krieg, weil man ihn uns aufzwingt.‘“[1] Ribbentrop rechtfertigte den Krieg gegen Polen mit den Worten: „Der Führer will den Krieg nicht. Er entschließt sich schweren Herzens dazu. Aber die Entscheidung zu Krieg und Frieden hängt nicht von ihm ab. Sie hängt von Polen ab. In bestimmten für das Reich lebenswichtigen Fragen muss Polen nachgeben und die Forderungen erfüllen, auf die wir nicht verzichten können. Wenn es ablehnt, liegt die Verantwortung für einen Konflikt bei Polen und nicht bei Deutschland.“ (S. 16 im frz. Original) Im gleichen Sinne konnte man zum Golfkrieg am 9. Januar 1991 in Le Soir lesen: „Der Friede, den die ganze Welt mehr als alles ersehnt, lässt sich nicht auf einfache Zugeständnisse an einen Akt der Piraterie errichten.“[2] Dasselbe gilt für den Irakkrieg, denn bevor der Krieg ausbrach, titulierte Le Parisien am 12. September 2002: Wie Saddam sich zum Krieg rüstet.

      Der Führer des feindlichen Lagers wird dämonisiert

      „Man kann eine Gruppe von Menschen nicht insgesamt hassen, nicht einmal als Feinde. Es ist daher wirkungsvoller, den Hass auf die feindliche Führungspersönlichkeit zu richten. Der Gegner bekommt so ein Gesicht und dieses Gesicht wird natürlich Gegenstand des Hasses werden.“
      „Der Sieger wird sich immer als Pazifist darstellen, der die Verständigung liebt, aber vom gegnerischen Lager zum Krieg gedrängt wird, wie etwa Bush oder Blair dies taten.“ „Das gegnerische Lager wird ganz sicher von einem Wahnsinnigen, einem Monster geleitet (MilosevicBin LadenSaddam Hussein), (…), das uns herausfordert und von dem man die Menschheit befreien muss.“[3]
      Der erste Schritt beim Verfahren der Dämonisierung ist die Reduzierung eines ganzen Landes auf eine einzige Person, als ob niemand im Irak leben würde außer Saddam Hussein mit seiner „furchteinflößenden“ republikanischen Garde und seinen „schrecklichen“ Massenvernichtungswaffen.
      Die Personalisierung von Konflikten ist typisch für eine bestimmte Geschichtsauffassung, nach der Geschichte von Helden, von „großen Menschen“ gemacht wird. Anne Morelli lehnt diese Geschichtsauffassung ab und schreibt unermüdlich darüber, was die offizielle Geschichtsschreibung verschweigt. Diese offizielle Geschichtsdarstellung ist idealistisch und metaphysisch geprägt, insofern sie davon ausgeht, dass Geschichte Ergebnis von Ideen und ihrer großen Menschen sei. Dieser Auffassung stellt sie eine dialektische und materialistische entgegen, in der Geschichte aus den Beziehungen der Menschen und sozialen Bewegungen erklärt wird.
      Der Gegner ist durch alle nur denkbaren Übel gekennzeichnet. Sie reichen vom Körperlichen bis zum Sexualleben. So stellt Le Vif in L’Express am 8. April 1999 den „furchtbaren Milosevic“ dar, sie zitiert keine Äußerung oder Schrift des „Herrschers von Belgrad“, sondern hebt seine anomalen Stimmungsschwankungen, seine krankhaften und brutalen Wutausbrüche hervor: „Wenn er in Wut gerät, verzerrt sich sein Gesicht. In einem Moment gewinnt er plötzlich wieder seine Fassung.“[4] Diese Dämonisierung wird natürlich genauso wenig wie andere Techniken nur für die Kriegspropaganda benutzt. Pierre Bourdieu berichtet, dass in den USA viele Universitätslehrer, denen die Popularität Michel Foucaults in ihren Highschulen missfiel, Bücher über das Intimleben Foucaults schrieben. So etwa übte der „masochistische und verrückte Homosexuelle“ „widernatürliche, skandalöse und inakzeptable Sexualpraktiken“ aus. Auf diese Weise konnte man sich die Auseinandersetzung mit dem Denken des Autors oder den Diskursen eines politischen Menschen ersparen und ihn aufgrund von moralischen Urteilen „widerlegen“.

      Wir verteidigen ein edles Ziel und keine besonderen Interessen!

      Die wirtschaftlichen und geopolitischen Ziele des Krieges müssen durch ein Ideal maskiert werden, durch moralische und legitime Werte. So verkündete George H. W. Bush: „Es gibt Menschen, die das niemals verstehen. Der Kampf betrifft nicht das Öl, der Kampf betrifft eine brutale Aggression“[5] oder Le Monde am 22. Januar 1991: „Die Ziele des Krieges sind zuallererst die Ziele des Sicherheitsrats der UN. Wir beteiligen uns wegen der Gründe der Entscheidungen des Sicherheitsrats und das wesentliche Ziel ist die Befreiung Kuweits.“[5] „In unseren modernen Gesellschaften kann im Unterschied zu Ludwig XIV ein Krieg nur mit einer gewissen Zustimmung der Bevölkerung begonnen werden. Gramsci hat gezeigt, in welchem Maße die kulturelle Vorherrschaft und die Zustimmung für die Herrschaft notwendig sind. Diese Zustimmung ist leicht zu gewinnen, wenn die Bevölkerung glaubt, dass von diesem Krieg ihre Freiheit, ihr Leben und ihre Ehre abhängen.“[6] Die Ziele des Ersten Weltkriegs lassen sich beispielsweise in drei Punkte zusammenfassen: „– den Militarismus zu vernichten, – die kleinen Staaten zu verteidigen, – die Welt für die Demokratie vorzubereiten. Diese sehr ehrenwerten Ziele werden seither fast wörtlich am Vorabend jedes Konflikts wiederholt, auch wenn sie nur wenig oder gar nicht zu den wirklichen Zielen passen.“[7] „Man muss die öffentliche Meinung dazu überreden, dass wir, im Gegensatz zu unseren Feinden, den Krieg aus unendlich ehrenhaften Motiven führen.“[7] „Für den Jugoslawienkrieg findet sich dieselbe Abweichung der offiziellen Ziele von den nicht eingestandenen Zielen des Konflikts. Offiziell interveniert die NATO, um den multi-ethnischen Charakter des Kosovo zu bewahren, um zu verhindern, dass Minderheiten misshandelt werden, um die Demokratie einzuführen und so die Herrschaft eines Diktators zu beenden. Es handelt sich um die Verteidigung des heiligen Anliegens der Menschenrechte. Nicht erst am Ende des Krieges kann man aber feststellen, dass keines dieser Ziele erreicht wurde, man ist auffällig weit von einer multiethnischen Gesellschaft entfernt und die Gewalt gegen Minderheiten, diesmal Serben und Roma, gehört zum Alltag, aber man wird sich bewusst, dass die ökonomischen und geopolitischen Ziele, von denen nie gesprochen wurde, erreicht wurden.“[8] „Das Prinzip führt als Ergänzung mit sich, dass der Feind ein blutrünstiges Monster ist, der eine barbarische Gesellschaft repräsentiert.“

      Der Feind begeht wissentlich Grausamkeiten, wenn wir Fehler machen, geschieht dies unbeabsichtigt

      Die Geschichten über Grausamkeiten des Feindes stellen ein wesentliches Propagandaelement dar. Grausamkeiten gehören zu allen Kriegen. Aber die Darstellung, nur der Feind beginge Grausamkeiten und die eigene „humanitäre“ Armee werde von der Bevölkerung geliebt, macht sie zum Teil der Propaganda. Die Kriegspropaganda begnügt sich dabei nicht mit den tatsächlichen Vorfällen, sie hat es nötig, inhumane Grausamkeiten zu erfinden, um den Feind als Alter Ego Hitlers erscheinen zu lassen.
      Man kann in der Darstellung verschiedener Kriege kaum große Unterschiede feststellen. Für die Zeit des Ersten Weltkriegs schildert Ponsonby die Darstellungen von Gruppenvergewaltigungen, Mord, Misshandlung und Verstümmelung von Kindern durch deutsche Soldaten.[9] Morelli zeigt auf, wie ähnlich Berichte aus dem Irak, Afghanistan und dem Kosovo-Krieg sind.

      Der Feind benutzt unerlaubte Waffen

      Dieses Prinzip ergänzt das vorhergehende. „Wir begehen keine Grausamkeiten, sondern führen im Gegenteil den Krieg auf ritterliche Art und Weise, indem wir, wie bei einem Spiel, die Regeln respektieren, natürlich harte und männliche Regeln.“[10] Im Ersten Weltkrieg gab es wütende Proteste gegen die Anwendung von Giftgas. Jede Kriegspartei warf der anderen vor, damit angefangen zu haben.[11] Obwohl beide Gas einsetzten und auf diesem Gebiet geforscht hatten, war es der symbolische Ausdruck der inhumanen Kriegsführung. Daher wurde es dem Feind als unanständige und hinterlistige Waffe zugeschrieben.

      Wir erleiden geringe Verluste, die Verluste des Feindes sind erheblich

      „Von seltenen Ausnahmen abgesehen, schließen Menschen sich eher den siegreichen Anliegen an. Im Falle des Krieges hängt die Präferenz der öffentlichen Meinung sehr stark von den augenscheinlichen Ergebnissen des Konflikts ab. Wenn die Ergebnisse nicht gut sind, muss die Propaganda unsere Verluste verschleiern und die des Feindes übertreiben.“[12]
      Schon im Ersten Weltkrieg häuften sich innerhalb des ersten Monats die Verluste und stiegen auf 313.000 Gefallene an. Aber die Oberste Heeresleitung gab nie auch nur den Verlust eines Pferdes an und veröffentlichte keine Liste der Gefallenen.[12]
      Der Irakkrieg gibt ein weiteres Beispiel in dem Verbot der Veröffentlichung von Fotos der Särge amerikanischer Soldaten. Die Verluste des Feindes waren dagegen gigantisch, ihre Armee leistete keinen Widerstand. „Diese Art der Information steigert in beiden Lagern die Kampfmoral und bringt die öffentliche Meinung zu der Überzeugung von der Effektivität des Konflikts.“[13]

      Anerkannte Kulturträger und Wissenschaftler unterstützen unser Anliegen

      Seit dem Ersten Weltkrieg haben Intellektuelle meist massiv ihr eigenes Lager unterstützt. Jede Kriegspartei konnte auf die Unterstützung von Künstlern, Schriftstellern und Musikern zählen, die das Anliegen ihrer Länder durch Initiativen in ihren Tätigkeitsfeldern unterstützten.[14]
      Karikaturisten werden eingesetzt, um den Krieg zu rechtfertigen und den „Menschenschlächter“ und seine Gräueltaten darzustellen, während andere mit der Kamera in der Hand bewegende Dokumente über albanische Flüchtlinge produzieren, wobei sie sorgfältig diejenigen auswählen, die dem Publikum am ähnlichsten sind, wie etwa das hübsche blonde albanische Kind mit Heimweh im Blick, das an die albanischen Opfer erinnern soll.
      Überall werden „Manifeste“ publiziert. Das Manifest der Hundert, mit dem Ziel, Frankreich im Ersten Weltkrieg zu unterstützen, wurde von André GideClaude MonetClaude Debussy und Paul Claudel unterschrieben. Näher an der Gegenwart ist das Manifest der 12 gegen den „neuen Totalitarismus“ des Islamismus. Diese Gruppen von Intellektuellen, Künstlern und angesehenen Persönlichkeiten rechtfertigen die Handlungen der jeweiligen Staatsmacht.

      Unser Anliegen hat etwas Heiliges

      Dieses Kriterium kann auf zweifache Weise verstanden werden: Im wörtlichen Sinn verstanden, stellt sich der Krieg als Kreuzzug dar, hinter dem ein göttlicher Auftrag steht. Dem Willen Gottes darf man sich nicht entziehen, man muss ihn erfüllen. Diese Auffassung hat seit dem Regierungsantritt George W. Bushs neue Bedeutung gewonnen. Der Irakkrieg erschien als Kreuzzug gegen die „Achse des Bösen“, als „Kampf des Guten gegen das Böse“. Es war unsere Pflicht, dem Irak die Demokratie zu bringen, ein Gut, das direkt dem Willen Gottes entsprang. Krieg zu führen war damit die Verwirklichung des göttlichen Willens. Politische Entscheidungen nehmen einen biblischen Charakter an, der alle sozialen und wirtschaftlichen Sachverhalte ausschaltet. Der Bezug auf Gott wird auf vielfältige Weise hergestellt (In God We TrustGod Save the QueenGott mit Uns, …) und dient dazu, die Handlungen des Souveräns ohne die Möglichkeit eines Widerspruchs zu rechtfertigen.

      Wer unsere Propaganda in Zweifel zieht, arbeitet für den Feind und ist damit ein Verräter

      Dieses letzte Prinzip ergänzt alle anderen. Wer auch immer nur ein einziges der Prinzipien infrage stellt, ist notwendigerweise ein Kollaborateur. Es gibt nur zwei Bereiche, Gut und Böse. Man kann nur für oder gegen das Böse sein. Die Gegner des Kosovo-Krieges sind damit Komplizen Miloševićs. Ganze Gruppen werden als antiamerikanisch eingestuft, Pierre BourdieuRégis DebraySerge HalimiNoam Chomsky oder Harold Pinter. Die „Familie der Pazifisten“ umfasst Gisèle HalimiRenaud, l’abbé Pierre … und ihre Presseorgane, also le Monde diplomatique und die PCF.
      Es wird also unmöglich gemacht, eine abweichende Meinung aufkommen zu lassen, ohne einen „Lynchprozess der Medien“ auf sich zu nehmen. Der Pluralismus der Meinungen existiert nicht mehr, alle Opposition wird zum Schweigen verurteilt und wird durch Scheinargumente diskreditiert.
      Diese Vorgehensweise wurde im Irakkrieg erneut angewendet, obwohl die Weltöffentlichkeit weit mehr gespalten war als beim Kosovo-Konflikt. Gegen den Krieg zu sein, bedeutete, für Saddam Hussein einzutreten. Dasselbe Schema wurde in einem völlig anderen Kontext angewandt, nämlich bei der Abstimmung über die Europäische Verfassung. Gegen die Verfassung zu sein, bedeutete, gegen Europa zu sein.

      Rezensionen und Rezeption im deutschen Sprachraum

      Rudolf Walther lobt in seiner Rezension Schlichte Schwarz-Weiß-Mythologie: Wie die Propaganda in Zeiten des Krieges funktioniert in der ZEIT vom 18. November 2004 die Monographie Morellis als „intellektuelles Instrumentarium“ jedes Zeitungslesers oder Fernsehzuschauers, um „medial verstärkte Propaganda kritisch zu durchleuchten“. Mit vielen Belegen aus allen wichtigen Konflikten seit dem Ersten Weltkrieg habe Morelli die Mechanismen der Kriegsparteien untersucht, mit denen sie ihren Standpunkt als gerechte Sache erscheinen lassen. Die Grundlagen ihres Buches bei Ponsonby und Georges Demartial habe Morelli prägnant formuliert.[15]
      Jochen Stöckmann stellt im Deutschlandfunk vom 6. Dezember 2004 Morellis Untersuchung eher kritisch dar, insofern es ihn stutzig macht, „dass Morelli nicht schildert, wie denn nun die Zahnräder der Medien ineinander greifen, nicht die Mechanismen und Details recherchiert, sondern ausschließlich mit Zitaten argumentiert, ihre Kritik also auf die Produkte der Propaganda stützt.“ Diese Art oberflächlicher Medienkritik sei längst zum festen Bestandteil der Infotainment-Maschinerie geworden. Dem derart „aufgeklärten“, tatsächlich aber wohl eher abgebrühten Zeitgenossen gelte jede nicht explizit pazifistisch grundierte Kriegsberichterstattung als Propaganda. Morelli hätte die unübersichtliche Lage aufklären sollen, stattdessen empfehle sie den Lesern nur „allzu pauschal den ‚systematischen Zweifel‘ als ‚Gegengift‘“: „Dessen Wirksamkeit aber dürfte bald erschöpft sein, sieht doch die Historikerin nahezu jede Nachricht verseucht vom ‚Gift der täglichen Gesinnungsprodukte‘.“[16]
      Lars Klein von der Universität Göttingen schreibt in seiner Rezension für H-Soz-Kult vom 29. Juni 2005 neben seinem Lob für die Aktualität des Themas und für die Nützlichkeit ihrer Analysen, Morelli kläre leider nicht, ob „die Medien“ selbst Akteure sind, ob sie politischen oder kommerziellen Interessen folgen und bewusst oder nur unreflektiert die „Gutgläubigkeit“ der Bürger missbrauchten. „Gerade weil sie das gesamte zehnte Kapitel […] darauf verwendet zu zeigen, wie sich wichtige Medien selbst auf Linie der ‚eigenen Seite‘ halten, wären hier weitergehende und klarere Ausführungen wünschenswert gewesen.“[17]

      Quellen

      Anne Morelli: Die Prinzipien der Kriegspropaganda. Zu Klampen, Springe 2004, ISBN 978-3-934920-43-9.

      Anmerkungen

      1.  Ibid, S. 14.
      2.  Michel Collon: « attention médias ! », Bruxelles, éditions EPO, 1992, S. 34.
      3.  Anne Morelli: « L’histoire selon les vainqueurs, l’histoire selon les vaincus. » 8 décembre 2003 in: http://www.brusselstribunal.org/8dec_fulltexts.htm.
      4.  Anne Morelli, op. cit., S. 25.
      5. ↑ Hochspringen nach:a b Collon, Michel, op. cit., p. 32.
      6.  Anne Morelli, op. cit., S. 27.
      7. ↑ Hochspringen nach:a b Ibid, p. 28.
      8.  Ibid, S. 34.
      9.  L’enfant aux mains coupées
      10.  Ibid, S. 48.
      11.  Ibid, S. 49.
      12. ↑ Hochspringen nach:a b Ibid, p. 54.
      13.  Ibid, S. 56.
      14.  Anne Morelli: « les 10 commandements de Ponsonby », sur le site de Zaléa TVArchivlink (Memento des Originals vom 15. Juli 2015 im Internet Archivei Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis..
      15.  Rudolf Walther: Schlichte Schwarz-Weiß-Mythologie: Wie die Propaganda in Zeiten des Krieges funktioniert. In: zeit.de. 18. November 2004, abgerufen am 5. Dezember 2015.
      16.  Jochen Stöckmann: Anne Morelli: Die Prinzipien der Kriegspropaganda. Deutschlandfunk, 6. Dezember 2004, abgerufen am 5. Dezember 2015.
      17.  Lars Klein: A. Morelli: Die Prinzipien der Kriegspropaganda. In: H-Soz-Kult. 29. Juni 2005, abgerufen am 5. Dezember 2015
    • https://de.wikipedia.org/wiki/Die_Prinzipien_der_Kriegspropaganda


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