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Donnerstag, 12. August 2021

GRIECHENLAND: SCHON WIEDER EINE "NATURKATASTROPHE"

 


 

Griechenland: „Nie da gewesene Naturkatastrophe“: Premier Mitsotakis verspricht Bestandsaufnahme nach Waldbränden

 


Höhler, Gerd

 

12. August 2021

In den meisten griechischen Brandgebieten hat sich die Lage zuletzt entspannt. Ministerpräsident Mitsotakis verteidigt seinen Kampf gegen die Feuer, räumt aber auch Fehler ein.

Der griechische Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis hat die Strategie seiner Regierung beim Kampf gegen die verheerenden Waldbrände verteidigt, zugleich aber mögliche Fehler eingeräumt. Die Situation in den meisten Brandgebieten entspannte sich am Donnerstag.

Nach ersten Schätzungen sind in Griechenland in den vergangenen zehn Tagen mindestens 300 Gebäude abgebrannt. Weitere 1000 wurden beschädigt. Tausende Menschen sind obdachlos. „Wir befinden uns bereits am zehnten Tag einer nie da gewesenen Naturkatastrophe“, sagte Mitsotakis am Donnerstag in einer Pressekonferenz in Athen. Die Lage habe sich zum Glück etwas gebessert, „aber uns stehen mit Sicherheit schwere Tage bevor, bis die diesjährige Brandsaison hinter uns liegt“, warnte der Premier.

Im Norden der Insel Euböa östlich von Athen kämpften derweil 570 Feuerwehrleute und Hunderte Freiwillige gegen immer wieder aufflammende Brandherde. Auf der Halbinsel Peloponnes wurden die griechischen Löschmannschaften von Feuerwehren aus Frankreich und Deutschland unterstützt.

Insgesamt helfen in Griechenland 23 Staaten mit Löschflugzeugen, Fahrzeugen und Feuerwehrleuten. Mitsotakis dankte den Ländern für die Unterstützung. Die schnelle und effiziente ausländische Hilfe sei „bewegend“ sagte Mitsotakis.

Die Brände, die während der extremsten Hitzewelle seit Menschengedenken ausbrachen, haben nach der Auswertung von Satellitenbildern mindestens 90.000 Hektar eingeäschert. Am größten sind die Schäden auf Euböa. Dort vernichteten die Feuerstürme etwa 51.000 Hektar Wald, Olivenhaine, Weinberge und Feigenplantagen. Verheerende Brände wüteten in den vergangenen Tagen auch im Norden der griechischen Hauptstadt Athen und auf der Halbinsel Peloponnes.

Mitsotakis verspricht Aufarbeitung der Katastrophe

Regierungschef Mitsotakis ging auf die Kritik am Katastrophenmanagement seiner Regierung ein und kündigte eine Bestandsaufnahme an, sobald die Brände vollständig gelöscht sind. „Wir haben Menschenleben gerettet, aber wir haben Besitz und Wälder verloren“, sagte Mitsotakis. „Wir werden über alles sprechen: Wie wir vorbereitet waren, aber auch welche Fehler gemacht wurden, was wir aus dieser Katastrophe gelernt haben und wie wir besser werden können.“

Als Erfolg wertete Mitsotakis, dass bisher in den rund 600 Feuern, die in den vergangenen zehn Tagen ausbrachen, nur ein Mensch sein Leben verloren hat. Bei Athen erschlug ein umstürzender Strommast einen Brandhelfer.

Mit frühzeitigen Evakuierungen sei es gelungen, Tausende Menschen in Sicherheit zu bringen. Jeden Tag seien die Feuerwehren mit rund 100 aktiven Bränden konfrontiert gewesen. „Unsere oberste Priorität ist, das Leben von Menschen und Tieren zu retten“, betonte der Premier. Danach komme der Schutz der Gebäude, der Infrastruktur und der Natur, sagte Mitsotakis.

Mit den Evakuierungen zieht die staatliche Zivilschutzbehörde die Lehre aus der Feuerkatastrophe im Athener Vorort Mati. Dort starben vor drei Jahren mehr als 100 Menschen, weil der Ort nicht rechtzeitig geräumt worden war.

Die Evakuierungen stoßen aber auch auf Kritik. Viele Bewohner wären gern zurückgeblieben, um ihren Besitz gegen die Flammen zu verteidigen. Manchen, die den Evakuierungsbefehl ignorierten, gelang das tatsächlich.

Premier sieht Hauptgrund für Feuer im Klimawandel

Auf die Frage nach der Entstehung der Brände sagte Mitsotakis, er sei sicher, „dass einige Feuer das Ergebnis von Brandstiftung waren“. Als eigentliche Ursache für das Ausmaß der Katastrophe sieht der Premier aber den Klimawandel. „Die Klimakrise ist hier, und sie zeigt uns: Alles muss sich ändern, von der Ausrichtung der Wirtschaft bis zu unserer Energiepolitik“, sagte Mitsotakis.

Der Premier erinnerte daran, dass seine Regierung erst kürzlich den Ausstieg aus der Kohleverstromung von 2028 auf 2025 vorgezogen habe. Im Herbst soll das griechische Parlament das erste Klimaschutzgesetz in der Geschichte des Landes beschließen. „Die Klimadaten, die wir haben, erfordern mutige Lösungen – nicht die Natur macht die Fehler, sondern die Menschheit“, sagte Mitsotakis.

Er kündigte für Mitte September eine Konferenz der Staats- und Regierungschefs aus neun Mittelmeerländern in Athen an. „Beim Treffen der Med-9 wird der Umgang mit dem Klimawandel im Mittelmeerraum im Fokus stehen“, sagte Mitsotakis. Er erhoffe sich von der Zusammenkunft die Verabschiedung einer „Athener Erklärung“ zur gemeinsamen Klimapolitik. „Alle Mittelmeerländer stehen vor demselben Schicksal“ und müssten deshalb zusammenarbeiten.

Wolkenbrüche löschten Brandnester

In den Brandgebieten entspannte sich die Lage am Donnerstag weiter. Nach der extremen Hitze der vergangenen Tage kam den Feuerwehren jetzt ein Wetterumschwung zur Hilfe: Über den Brandgebieten im Norden Euböas und auf der Halbinsel Peloponnes zogen Gewitter auf. Die Wolkenbrüche löschten vielerorts die Brandnester. Aber noch war die Gefahr nicht gebannt.

In Arkadien auf der Halbinsel Peloponnes fachte der Wind am Donnerstagnachmittag die Flammen neu an. Die Feuerwehren versuchten am Boden und aus der Luft, die Feuerfronten von bewohnten Gebieten fernzuhalten.

Die großen Brände im Norden Athens sind dagegen vollständig gelöscht. Dort und auf der Insel Euböa hat die Bestandsaufnahme der Schäden begonnen. Die Regierung hatte am Mittwoch ein 500 Millionen Euro schweres Hilfspaket für die Geschädigten der Feuerkatastrophen angekündigt. Es sieht finanzielle Soforthilfen von bis zu 20.000 Euro für betroffene Haushalte vor. Den Wiederaufbau abgebrannter Häuser bezuschusst die Regierung mit bis zu 150.000 Euro sowie mit Bürgschaften für zinslose Darlehen.

Wer durch die Brände obdachlos geworden ist, hat Anspruch auf einen monatlichen Mietzuschuss von 500 Euro. Zu dem Hilfspaket gehören auch Steuerstundungen. Die Bewilligung der Hilfen werde unbürokratisch auf einer eigens dafür eingerichteten Internetplattform erfolgen und die Auszahlung in Kürze beginnen, kündigte Mitsotakis an. (Handelsblatt)

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