Die Zahl der Armen in Deutschland ist nach Erkenntnissen führender Wohlfahrtsverbände auf einen neuen Höchststand gestiegen. Im Jahr 2015 habe die sogenannte Armutsquote auf 15,7 Prozent zugelegt, heißt es in dem am Donnerstag vom Paritätischen Wohlfahrtsverband und anderen Organisationen vorgelegten jährlichen Armutsbericht. Das bedeute, dass rein rechnerisch 12,9 Millionen Deutsche arm seien.
"Das markiert einen neuen Höchststand im vereinten Deutschland", schrieben die Autoren der Untersuchung. Der Paritätische forderte ein energisches Einschreiten des Staats, um die Armutsentwicklung umzukehren. Es sei Zeit für einen "sozial- und steuerpolitischen Kurswechsel". Erforderlich seien eine andere Steuer- und Finanzpolitik sowie Maßnahmen beim Wohnungsbau, in der Arbeitsmarktpolitik und beim Ausbau sozialer Dienste.
Der Bericht nutzt den auch in offiziellen Statistiken verwendeten sogenannten relativen Einkommensarmutsbegriff. Demnach gelten alle Menschen als arm, die über weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens der Gesellschaft verfügen, in der sie leben. Diese Armutsdefinition ist nicht unumstritten, einige Experten halten sie für zu weit gefasst.
Der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen, Ulrich Schneider, verteidigte den Maßstab indessen gegen Kritik. Armut dürfe nicht auf existenzielles "Elend" reduziert werden, sagte er am Donnerstag im ZDF-"Morgenmagazin". Sie beginne bereits dort, wo Menschen aus finanzieller Not von ganz normalen Aktivitäten ausgeschlossen würden und am Leben einer Gesellschaft nicht mehr teilhaben könnten. Das drücke die 60-Prozent-Schwelle gut aus. (afp - 2. März 2017)
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