Unmittelbar nach der menschengemachten Tsunami-Katastrophe 2004 ist der weltgrößte Rückversicherer Munich Re (MR) durch die in der Öffentlichkeit bekannt gemachte geschätzte Höhe der Versicherungsschäden in Erscheinung getreten und bezifferte diese auf ca. 10 Mrd. Dollar.
Daraufhin schrieb ich den damaligen MR-Chef Bomhard, der seit seit 2004 an der Spitze der Munich Re stand, an. ...
Jerzy Chojnowski
Chairman-GTVRG e.V.
Im Bild:
Munich Re: Versicherer haben Milliardenkosten durch Klimawandel
Schnell, Christian – Handelsblatt, 10. Januar 2022
Unwetter könnten in diesem Jahr noch größere Schäden verursachen als die 280 Milliarden Dollar aus dem vergangenen Jahr. Experten fordern Investitionen in die kritische Infrastruktur – und sehen dabei ein Land als Vorbild.
Die Versicherungskonzerne stehen vor einer wachsenden Zahl extremer Unwetterereignisse in den kommenden Jahren. „Gesellschaften müssen sich dringend an steigende Wetterrisiken anpassen und Klimaschutz zur Priorität machen“, fordert Torsten Jeworrek, Vorstand bei der Munich Re. Der erfahrene Top-Manager gehört bereits seit dem Jahr 2003 dem Vorstand des weltgrößten Rückversicherers an.
Unwetterschäden steigen stärker als das BIP
Beim größten Wettbewerber Swiss Re rechnen die Experten sogar damit, dass die Schäden aus Naturkatastrophen durch steigenden Wohlstand, Urbanisierung und Klimawandel künftig stärker steigen werden als das globale Bruttoinlandsprodukt (BIP).
Für das laufende Jahr könnte gerade die starke Erwärmung der Arktis erneut zu großen Herausforderungen führen, wie Ernst Rauch erklärt, Chef-Klimatologie der Munich Re erklärt. Denn während in der nordpolaren Region die Temperaturen in den vergangenen Jahren spürbar gestiegen sind, war diese Entwicklung am Äquator deutlich geringer.
Die Folge sind veränderte Strömungsmuster, die das Starkwindfeld Jetstream immer wieder ähnlich wie ein Gummiband nach Süden oder Norden ausdehnen und dort zu lang anhaltenden Hitze- oder Kältewellen führen können. Das führt unter anderem zu sogenannten Deep-Freeze-Phänomenen wie den ungewöhnlichen Schneefällen kürzlich in Kalifornien oder dem schweren Kälteeinbruch im Süden von Texas im Februar vergangenen Jahres.
Damals waren Millionen Menschen ohne Strom, weil Gebäude und Infrastruktur nur unzureichend auf solche Temperaturen vorbereitet sind. Mit rund 30 Milliarden Dollar war das Deep-Freeze-Ereignis von Texas die drittteuerste Naturkatastrophe im vergangenen Jahr.
Einen Eindruck künftiger Großschäden könnte auch der Vulkanausbruch geben, der zuletzt drei Monate lang die spanische Insel La Palma in Atem hielt. „Vulkane sind eine unterschätzte Gefahr“, sagt Ernst Rauch. Würde der Vesuv nahe Neapel oder der Mount Eden nahe der neuseeländischen Metropole Auckland ausbrechen, wäre das für die Region weitaus gefährlicher als die jüngsten Ereignisse auf La Palma.
Bereits im abgelaufenen Jahr war es die Addition aller weltweiten Unwetterschäden, die für Ernüchterung unter den Experten gesorgt hat. So belegte 2021 mit einem weltweiten Gesamtschaden von rund 280 Milliarden Dollar nach Berechnungen der Munich Re Rang vier hinter 2017, 2011 und 2005.
Bei den versicherten Schäden nahm das vergangene Jahr mit insgesamt rund 120 Milliarden Dollar gar Platz zwei ein hinter dem Rekordjahr 2017 – gemeinsam mit 2011 und 2005. Wie sehr in den Berechnungen Einzelereignisse das Gesamtergebnis in die Höhe treiben können, zeigt der Vergleich mit den Zahlen des Wettbewerbers Swiss Re, die Mitte Dezember veröffentlicht wurden.
Dort berechneten die Experten einen wirtschaftlichen Schaden von 259 Milliarden Dollar und einen versicherten Schaden von 105 Milliarden Dollar. Dann aber kamen die verheerenden Tornados im US-Bundesstaat Kentucky hinzu, die die Schadenssumme bis zum Jahresende nach oben trieben.
Auch Deutschland war im vergangenen Jahr besonders betroffen. Im Juli löste Sturmtief Bernd im Ahrtal eine verheerende Sturzflut aus. „Mit versicherten Schäden an Häusern, Hausrat, Betrieben und Kraftfahrzeugen von rund 12,5 Milliarden Euro ist 2021 das teuerste Naturgefahrenjahr seit Beginn der Statistik Anfang der 1970er-Jahre“, zog Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer des Branchenverbandes GDV, kurz nach Weihnachten eine traurige Bilanz.
Hurrikan Ida ragt heraus
Teuerstes Einzelereignis weltweit war der Hurrikan Ida im Herbst in den USA. Er brachte einen Gesamtschaden von rund 65 Milliarden Dollar, 36 Milliarden Dollar davon waren versichert.
Ernst Rauch, Chef-Klimatologe der Munich Re, erkennt jedoch gerade aus diesem Beispiel eine positive Tendenz: „Die Deiche in New Orleans, die nach den schweren Überschwemmungen im Jahr 2005 errichtet wurden, haben gehalten.“ Damit habe Hurrikan Ida zu deutlich geringeren Schäden geführt.
Bessere Prävention könnte auch ein Vorbild für Deutschland sein. „Hier müssen jedoch die besonderen topografischen Formen berücksichtigt werden“, so Rauch. So zeige in Flussgebieten, die von den großen Überschwemmungen in den Jahren 2002 und 2013 betroffen waren, die Renaturierung der Flüsse Wirkung.
Anders ist jedoch die Situation an der Ahr. „Der Schutz gegen eine Sturzflut ist eine schwierigere Aufgabe, da es dabei um sehr kleinräumige Maßnahmen geht“, so Rauch. Weil durch eine Talenge das Wasser beispielsweise ungleich schneller steige, sei es eine „Generationenaufgabe“, hier für dauerhaften Schutz insbesondere für die bereits bestehende Bebauung zu sorgen.
„Bei Neubauten muss das ein Weckruf sein“, so Rauch. Damit hänge auch unweigerlich die sensible Frage zusammen, ob in dauerhaft bedrohten Gebieten überhaupt wieder aufgebaut werden sollte.
Auch an anderer Stelle taugten die Erfahrungen aus den USA als Vorbild für Deutschland, so Rauch. Das gilt beispielsweise für die öffentliche Infrastruktur wie Straßen oder Brücken. Die sind hierzulande kaum versichert. Kommt es zu einem Totalschaden, dann greife „ein zwiebelhaftes Schutzsystem aus Bund, Ländern und der Europäischen Kommission“ – für den anschließenden Wiederaufbau kommt also der Steuerzahler auf.
In den USA ist die öffentliche Infrastruktur zumindest teilweise privatwirtschaftlich versichert. Wie groß die Herausforderungen aber auch dort sind, zeigen Berechnungen der Swiss Re. Auf durchschnittlich 500 Milliarden Dollar pro Jahr beläuft sich bis 2040 die Investitionslücke bei kritischer und alternder Infrastruktur.
„Die Folgen der Naturkatastrophen, die wir dieses Jahr gesehen haben, zeigen einmal mehr, dass erhebliche Investitionen in die Stärkung kritischer Infrastrukturen notwendig sind, um die Auswirkungen extremer Wetterlagen abzumildern“, sagt Chefvolkswirt Jerome Jean Haegeli.
Industrieländer immer besser abgesichert
Generell hat ein Umdenkungsprozess bisher nur in den entwickelten Ländern stattgefunden. Hier ist der Anteil an versicherten Schäden in den vergangenen Jahren spürbar gestiegen. Die Quote der versicherten Schäden nähert sich so der Marke von knapp 50 Prozent der Gesamtschäden, während in den sogenannten Nicht-OECD-Ländern weiterhin nur Schäden von weniger als zehn Prozent versichert sind.
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ÜBERSCHWEMMUNGEN UND STARKREGEN
Versicherer zahlen Rekordsumme für Naturschäden
Rund 12,5 Milliarden Euro zahlten die Versicherer für Extremwetterschäden. Ein besonders großer Anteil entfällt dabei auf Schäden, die durch das Unwetter im Frühsommer entstanden sind.
Christian Schnell, Handelsblatt
27.12.2021
München Das Jahr 2021 geht als das teuerste Naturgefahrenjahr für Versicherer in die Historie ein. Insgesamt rund 12,5 Milliarden Euro zahlten die Gesellschaften an ihre Kunden für Schäden an Wohngebäuden, Hausrat, Betrieben und Fahrzeugen. Das gab der Branchenverband GDV am Montag bekannt.
Vor allem die Schäden nach dem verheerenden Unwetter „Bernd“ im Juli und den damit verbundenen Sturzfluten in Teilen von Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen ließen die Schadensumme in diesem Jahr auf Rekordniveau ansteigen.
Bisher führten die Jahre 2002 mit dem August-Hochwasser und 1990 durch eine Serie von Orkanen die Schadenstatistik an. Insgesamt 11,3 beziehungsweise 11,5 Milliarden Euro zahlten die Versicherer damals an Kunden.
Für das laufende Jahr zeigt sich inzwischen, dass erste Erhebungen für die Wochen nach der Flutkatastrophe, die von einer mittleren einstelligen Milliardensumme ausgingen, gut doppelt so hoch ausfallen werden. Der langjährige Mittelwert, der bei versicherten Schäden von rund 3,8 Milliarden Euro liegt, ist damit um mehr als das Dreifache übertroffen.
Mittlerweile zeigt sich auch, wie unterschiedlich die einzelnen Bereiche betroffen waren. Die teuersten Schäden mit rund neun Milliarden Euro verursachten Überschwemmungen und Starkregen an Wohngebäuden, Hausrat und Betrieben, rund zwei Milliarden Euro entfielen auf Sturm- und Hagelschäden. Die verbleibenden 1,5 Milliarden Euro kosteten die Beschädigungen an Fahrzeugen.
Hagelunwetter beschädigen viele Fahrzeuge
Dabei sorgten schwere Hagelunwetter in Teilen Deutschlands im Frühsommer bereits für erhebliche Schäden. „Im Juni waren vor allem Kraftfahrzeuge durch schwere Hagelschäden mit einem Schadenaufwand von rund 700 Millionen Euro betroffen“, sagt Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer des GDV.
Für die Kfz-Versicherer bedeutet das ablaufende Jahr den viertgrößten Hagelschaden seit Beginn der Statistik. Trauriger Rekord ist seit 1984 der sogenannte Münchener Hagel, bei dem Hagelkörner mit der Größe von Tennisbällen Tausende Fahrzeuge beschädigten. Viele Jahre gehörten sie anschließend noch zum Münchener Stadtbild.
Insgesamt wären die Schäden für die Versicherer in diesem Jahr noch sehr viel teurer ausgefallen, wären alle betroffenen Hausbesitzer, Unternehmer und Fahrzeughalter gegen die Schäden aus schweren Sturzfluten und Überschwemmungen versichert gewesen. Im besonders betroffenen Ahrtal war allerdings nur etwas mehr als ein Drittel der beschädigten Häuser gegen sogenannte Elementarschäden versichert.
Zahlreiche Initiativen aus Politik und Versicherungswirtschaft fordern seit den schweren Schäden im Sommer eine Pflichtversicherung zur Absicherung gegen Elementarschäden. Bisher ist der Schutz beispielsweise gegen Überschwemmung lediglich ein freiwilliger Zusatzbaustein innerhalb der Wohngebäudeversicherung. Weniger als die Hälfte der deutschen Hausbesitzer sind entsprechend abgesichert.
Auch im Hinblick auf die seit Jahren wachsenden Gefahren durch den Klimawandel sollen künftig alle privaten Wohngebäude gegen Extremwetterrisiken abgesichert sein. „Im Kern sehen die GDV-Vorschläge vor, dass es künftig nur noch Wohngebäudeversicherungen geben soll, die auch sogenannte Elementarschäden wie Hochwasser und Starkregen abdecken“, sagt Jörg Asmussen. Anträge auf Elementarschutz nehmen zu – Justizminister beraten über Versicherungspflicht
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Weltschadensbilanz 2021:
Flutkatastrophe im Rheinland zweitteuerste Naturkatastrophe weltweit
DER SPIEGEL, Sebastian Stoll - 10. Jan.2022
280 Milliarden Dollar – so beziffert eine Analyse die Schäden durch Stürme oder Überflutungen im vergangenen Jahr. Mitverantwortlich dafür sei der Klimawandel. Besonders groß waren die Auswirkungen von Tief »Bernd«.
Stürme, Hochwasser, Brände oder Erdbeben haben im vergangenen Jahr weltweit finanzielle Schäden angerichtet wie selten zuvor. Nach einer Analyse des Rückversicherungskonzerns Munich Re richteten Naturkatastrophen 2021 Schäden in Höhe von 280 Milliarden Dollar (317 Milliarden Euro) an. Versichert waren davon mit 120 Milliarden Dollar (136 Milliarden Euro) weniger als die Hälfte, wie der Munich Re am Montag in München mitteilte.
Mit einem Gesamtschaden von umgerechnet 46 Milliarden Euro war das Tief »Bernd« mit tagelangen Regenfällen in Deutschland und den Nachbarländern im vergangenen Jahr das zweitteuerste Naturereignis weltweit. 33 Milliarden Euro der Schäden entfielen auf Deutschland. »Der Klimawandel hat solche Ereignisse wahrscheinlicher gemacht«, sagte Ernst Rauch, Chef-Klimaforscher von Munich Re der Nachrichtenagentur Reuters. »Es wird eine Generationenaufgabe, unser Land wetterfest zu machen.«
Für die Versicherungsbranche verursachte »Bernd« nach Berechnungen der Münchener Rück Kosten in Höhe von elf Milliarden Euro, davon 8,2 Milliarden in Deutschland. Das ist knapp ein Viertel des Gesamtschadens. Die Sturzfluten etwa an Ahr und Erft hatten im Juli ganze Dörfer überschwemmt. »Dass auf so engem Raum ein so großer Schaden entstehen konnte, hat viele überrascht«, sagt Rauch. Das sei eine neue Dimension: Der versicherte Schaden liege beim Vierfachen dessen, was die größten Überschwemmungs-Unwetter in Deutschland je angerichtet haben. »Das sind Erfahrungen, die für die Versicherungswirtschaft prägend sein werden«, sagt der Klima-Experte.
Für Europa insgesamt waren die verheerenden Sturzfluten nach Angaben des Rückversicherers die teuerste Naturkatastrophe aller Zeiten. Doch noch ungleich härter getroffen wurden die USA, wo Tornados, Hurrikane und eine Kältewelle mit 145 Milliarden Dollar zu Buche schlugen.
»Insgesamt passt 2021 mit 280 Milliarden leider in die langjährige Beobachtung zunehmender Schäden«, sagte Chef-Klimatologe Rauch. Eine maßgebliche Rolle spielt nach Einschätzung der Munich Re das mit dem Klimawandel verbundene häufigere Auftreten extremer Wetterlagen. So bildeten sich im vergangenen Jahr neben Ida noch 20 weitere tropische Wirbelstürme im nördlichen Atlantik. »Das langjährige Mittel liegt viel niedriger, bei etwa 14 Hurrikanen im Jahr«, sagte Rauch.
Der Einfluss des Klimawandels sei nicht von der Hand zu weisen. Die warme Luft kann mehr Feuchtigkeit aus den Meeren aufnehmen, damit werden starke Niederschläge wahrscheinlicher. Und weil sich mit den Temperaturunterschieden auch Luftströme verändern, bleiben Hochs und Tiefs länger an einem Ort. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Welt das Ziel einer Erwärmung von maximal 1,5 Grad verfehle, steige Monat für Monat, sagt Rauch. »Es wird immer klarer, dass wir uns dem Klimawandel anpassen müssen« – auch mit Blick auf künftige Generationen. »Das geht vom Verbot, zerstörte Gebäude in Risikozonen wieder aufzubauen, bis zur Renaturierung von Flüssen.«
Teuerstes Katastrophenjahr immer noch 2011
In der inflationsbereinigten Rangliste der Naturkatastrophenjahre liegt 2021 nach Rechnung der Munich Re auf Platz vier. Bislang teuerstes Jahr war 2011, als Seebeben, Tsunami und das folgende Atomunglück in Japan die weltweite volkswirtschaftliche Schadensumme auf 355 Milliarden Dollar getrieben hatten.
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