Greetings to the City on the Hill
4. Juni 2015
An Herrn Josef Joffe,
vormals bei DIE ZEIT in Hamburg
Bravo, Herr Joffe, zu Ihrem Artikel im WSJ vom 29. Mai 2015 über die Niedertracht des Verräters Snowden. Leider hat Amerika es versäumt, Leute wie Putin und Dschingis Khan rechtzeitig zu Demokraten zu machen. Denn sonst hatte Putin genauso wie all die treuen demokratischen Vasallen Amerikas nie den Mut gehabt, diesem Lumpen Snowden Unterschlupf zu gewähren.
Eine schöne, kernige, deutliche Sprache gebrauchen Sie. Große Klasse! Umso anerkennenswerter, da man ja eigentlich hätte befürchten müssen, dass Sie nach jahrelanger Leitung einer sich liberal nennenden Zeitung in Hamburg zu verwässerten Maßstäben hätten gelangen können. Hat es nicht eine Zeit gegeben, als uns Liberale die Ohren voll laberten von dem Schutz der Privatsphäre und der in der Verfassung verankerten Geltung des Post- und Fernmeldegeheimnisses, von der Gefahr eines totalitären Überwachungsstaates und von Geheimdiensten, die außerhalb des Gesetzes operieren, die ohne Anlass massenhaft personenbezogene Daten speichern und die von keinem demokratischen Politiker mehr kontrolliert werden können? Und nun plaudert dieser verdammte Gesetzesbrecher Edward Snowden alles aus! Welch dreckige Gesinnung hat dieser Kerl, der für sich das Recht beansprucht, solch dreckige Wäsche öffentlich waschen zu dürfen! Aber Sie, Herr Joffe, haben sich vermutlich freiwillig dem Willen Ihrer amerikanischen Herren unterworfen, damit Sie Ihren schönen Job in Stanford bekämen. Oder haben Sie alles schon ungefragt in vorauseilender Unterwürfigkeit geleistet? Machen Sie weiter so! Sie werden es in Amerika noch weit bringen.
Warum nicht einmal demnächst einen herzhaften Artikel (wie schon früher von Herrn Dershowitz) über die positiven Seiten der Folter? Natürlich nur in Grenzen, wie es offiziell in Israel festgelegt ist, d.h. bei einem vernünftigen Einsatz körperlicher Mittel bei Verhören. Herr Joffe, rundum wird man von Ihnen begeistert sein. Das Licht Ihres großen Geistes wird erstrahlen und dem ganzen Globus Helle bringen. Sie befinden sich nun in der Stadt auf dem Berge. Und was immer dort als Leuchte emporgehoben wird, weist der gesamten Welt den rechten Weg.
Übrigens: Wie bedauerlich, dass Sie sich kürzlich in Washington nicht haben durchsetzen können! Eigentlich hätten Sie mit Ihrer Standhaftigkeit die Flaschen im Kongress am Umfallen hindern müssen. Es hat nicht geklappt. Wie schade! Nun haben wir den Schlamassel. Geben Sie, Herr Joffe, aber bitte nicht auf. Denn wir wollen mehr, noch mehr, viel mehr überwacht werden.
Dietrich Toepfer und Jerzy Chojnowski
Hamburg