Sent: Thursday, December 08, 2005 8:42 PM
Subject: Schreiben vom 24.11. Herr Hanka Geo Potsdam
Sehr geehrter Herr Hußmann,
Herr Ossing bat mich, auf Ihre Fragen bzgl. des
Sumatra-Erdbebens zu antworten.
Vermutlich fallen meine Erläuterungen aber etwas anders aus,
als Sie es erwarten. Denn das GFZ betreibt selbst kein Lagezentrum in
dem etwa in einem 24-Stundenbetrieb ständig jemand die Erdbebentätigkeit weltweit
beobachtet und gegebenfalls geeignete Massnahmen einleitet. Wir erfassen
lediglich über das Internet seismische Daten von eigenen Stationen und von
Partnerinstitutionen in aller Welt und untersuchen die hereinkommenden Daten mit
Hilfe von automatisch ablaufenden Computerprogrammen auf Erdbebensignale. Werden
solche detektiert, wird wiederum automatisch versucht, die Lokation und die
Stärke des Erdbebens zu bestimmen. Diese Ergebnisse werden dann vollautomatisch ohne
Einwirkung eines Wissenschaftlers im Internet veröffentlicht und per Email
und SMS an verschiedene Nutzer geschickt. Beim Sumatra-Beben erfolgte
die Veröffentlichung der Erdbebendaten etwa 12 Minuten nach Beginn des Bebens. Zu
den Nutzern der Erdbebenmeldungen gehören neben anderen weltweiten
wissenschaftlichen Einrichtungen und Erdbebenzentren auch Bundesbehörden und
Katastrophen- und Hilfsorganisationen in Deutschland und anderen Ländern. Was
diese wiederum im Einzelfall mit unseren Meldungen anfangen, entzieht sich
unserer Kenntnis.
Ein Problem bei diesen automatisch bestimmten
Erdbebenparametern ist es nämlich, dass für sehr starke Beben (grösser Magnitude 7) die aus den
ersten ankommenden Wellen abgeschätzen Magnitudenwerte zu klein sind.
Zuverlässige Werte erhält man mit heute angewendeten Methoden erst nach einer sehr langen
Zeit, die bei Erdbeben der Sumatra-Stärke viele Stunden oder sogar Tage
dauern kann. D.h. aber, dass die automatischen Meldungen in der heutigen Form
keine ausreichenden Informationen über die wahre Stärke des Bebens und damit
über die Tsunami-Gefahr enthalten und die Behörden und Hilfsorganisationen nicht
entsprechend reagieren können. Im Rahmen des zu entwickelnden Tsunami-Warnsystems
für den Indischen Ozean wird aber an neuen Methoden zur Magnitudenbestimmung
geforscht, die diesen heutigen Mangel in Zukunft beseitigen sollen.
Sie sehen also, dass wir Ihnen über die konkreten Schritte,
die andere Organisationen aufgrund unserer Erdbebenmeldungen treffen,
nur sehr wenig sagen könne. Ich hoffe, dass Sie mit diesen Auskünften mit der
Ausarbeitung Ihres Referates trotzdem etwas weiter kommen.
Mit freundlichen Grüssen,
Winfried Hanka
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