Seit dem 4.
Jahrhundert, als Christentum im Römischen Reich unter Kaiser Konstantin zur
Staatsreligion erklärt wurde, wurden die Juden verfolgt, getötet oder aus all
den Ländern geworfen, wo sie versuchten sich anzusiedeln: aus Spanien,
Portugal, Frankreich, England usw. Niemand wollte sie haben. Aber sie kamen
wieder und wieder und blieben dennoch, sogar dort, wo sie gehasst und unwillkommen
waren. So wurde der Antisemitismus, der Judenhass in Europa verständlicherweise immer größer,
und zwar desto größer, je stärker sich die Juden vermehrten.
Frühsozialisten
Besonders in den
1840er Jahren nahmen viele Frühsozialisten eine antisemitische Haltung ein und
bezeichneten die Juden als „Parasiten“. Fourier sah alle negativen Aspekte des
Kapitalismus im Judentum personifiziert, das er nicht als Religion, sondern als
Nation auffasste. Daher trat er dafür ein, die Emanzipation der Juden
rückgängig zu machen und den Juden das Bürgerrecht wieder zu entziehen. Sein
Schüler Alphonse Toussenel polemisierte in seinem 1846 erschienen Hauptwerk Les Juifs, rois de l’époque: histoire de la
féodalité financière (Juden, Könige
der Zeit: Geschichte des finanziellen Feudalismus) gegen
Eisenbahnspekulation der Rothschilds und allgemein gegen den Juden: Diese seien
„ganz typische Schwarzhändler, ganz unproduktive Parasiten, die von der
Substanz und der Arbeit anderer leben“. Proudhon nannte das Judentum eine
minderwertige Menschenrasse, die zu wirtschaftlicher Produktivität, zu
metaphysischer Begriffsbildung und zu eigener Staatlichkeit nicht fähig sei.
Juden seien notwendig immer Parasiten, ein „Feind der menschlichen Art“,
weshalb er dazu riet, sie entweder auszuweisen oder zu vernichten.
Eugen Dühring
Die
Franzosen waren mit ihrem Antisemitismus nicht allein. “Verjudung der Völker
und aller Verhältnisse ist Tatsache, Entjudung die Aufgabe.” "Judaization
of people nations and of all circumstances is a matter of fact, dejudaization
the task." schrieb 1881 der deutsche Philosoph Eugen Dühring.
1881 erschien Dührings
Kampfschrift Die Judenfrage als Racen-,
Sitten- und Culturfrage. Mit einer weltgeschichtlichen Antwort. Darin
versuchte er, dem Antisemitismus als politischer Bewegung ein biologisches,
historisches und philosophisches Fundament zu geben. Er beschrieb die
„Judenfrage“ – ähnlich wie vor ihm Wilhelm Marr, aber anders als dieser mit
wissenschaftlichem Anspruch – als Ausdruck eines unaufhebbaren Rassengegensatzes:
Das Judentum sei von Natur aus unvermeidbar der Feind aller Kulturvölker, die
sich gegen diesen wehren müssten, um nicht selbst unterzugehen.
Die traditionelle
Sicht des Judentums als Religion sei eine Irreführung durch „Priester und Religionsaufklärer“:
Deshalb seien Angriffe kirchlicher Theologen wie August Rohling auf den Talmud
nebensächlich. Entfalle die religiöse Maskerade, dann werde „der Jude in seiner
natürlichen und unveräußerlichen Beschaffenheit offenbar“. Diese Eigenart des Judentums
hätten das „niedere Volk und der gewöhnliche Bürgerstand“ mit ihren „natürlichen
Instinkten“ immer gespürt. Daran könne auch die Taufe von Juden nichts ändern:
Diese würde die Gefahr des Einsickerns von Juden in alle Bereiche der Nation
nur vergrößern und Gegenreaktionen erzeugen. Da die jüdische Religion nur
Ausdruck von Rasseeigenschaften sei, sei der Unterschied zwischen getauften,
angepassten und nichtgetauften Juden hinfällig.
Der Monotheismus sei
Ausdruck jüdischer Intoleranz: Der Judengott ist unduldsam wie sein Volk... Die
Juden sind seine Knechte, aber dafür wollen sie die Herren der Welt sein. Auch
kulturell sei die jüdische Rasse völlig wertlos und nichts als „eingefleischte
Selbstsucht“. Der Jude könne nur Werte anderer Völker stehlen und ausbeuten.
Als Parasit sorge er für die Korruption seiner Umgebung, da er sich dort am
wohlsten fühle. Er führe „seit Urzeiten gegen das Menschengeschlecht“ einen
„Unterdrückungs- und Ausbeutungskrieg“. Die Völker müssten sich gegen die Juden
wehren wie Rom gegen Karthago, um nicht selbst unterzugehen. Mit diesen
Formulierungen spielte Dühring auf das odium
generis humani (Hass auf die
Menschheit) an – einen den Juden in der Antike oft (etwa von Tacitus)
nachgesagten „Hass gegen die Gattung Mensch“ und die zum Sprichwort gewordene
Forderung Ceterum censeo Carthaginem esse
delendam („Im Übrigen bin ich der Meinung, dass Karthago zerstört werden
muss“) des römischen Senators Cato. Damit verlangte er indirekt die Vernichtung
des Judentums.
Daher sei nur eine
internationale Lösung der Judenfrage dauerhaft. Die Vertreibung aller Juden sei
vorerst undurchführbar und würde das Problem nur an andere Orte verlagern, wo
es alsbald neu auftreten und aufflammen werde. Diese Aufgabe müsse man daher
„in eine weitere und energischere Zukunft verschieben“. So gesehen, liege die
Judenfrage noch vor den Völkern. Ernsthaft zu erwägen sei gegenwärtig die
„völkerrechtliche Internierung“ der Juden in für sie bestimmte Regionen. Zu
einem „Judenstaat“ sei ihr „Nomadentum“ jedoch unfähig, so dass sie ihre
Internierung durchbrechen und ihr Gebiet zur Basis ihrer Weltherrschaft machen
könnten. Vorläufig könne man größere Judengruppen nur bei kollektivem
Landesverrat „wegschaffen“; das sei dann eine „Deportation“. Vorerst könne nur jede
Nation ihre Juden „ausgliedern“, unter Ausnahmerecht stellen und ihr Vermögen
kontrollieren, um ihren Einfluss auf Staat, Presse und Erziehung völlig zu
beseitigen. Verbrecher unter den Juden seien zu deportieren, Mischehen zu
ächten und zu verbieten.
Dies seien jedoch nur
vorläufige Schritte; das Endziel antisemitischer Politik müsse die
„Ausscheidung des Judentums durch den modernen Völkergeist“ bleiben. In einer
späteren Auflage dieses Aufsatzes formulierte Dühring „Ausscheidung der
Judenrace aus dem modernen Völkerleben“; 1900 forderte er direkt die „Vernichtung
des Judenvolkes“.
In Sociale Rettung durch wirkliches Recht statt
Raubpolitik und Knechtsjuristerei aus dem Jahre 1907 warnte Dühring, dass
ein „Rassenkampf“ als „Vergeltung der Erregung von Classenhaß“ durch einen
„jüdischen Socialismus“ aufkommen werde.
Für Theodor Herzl war
Dühring einer der Begründer des rassenanthropologischen Antisemitismus, der ihn
in den 1890er Jahren zur Überzeugung gebracht habe. Dührings Schrift über die
Judenfrage (Die Judenfrage als Frage des
Rassen-Charakters und seiner Schädlichkeiten für Existenz und Kultur der Völker
(Reisland, Leipzig 1930) beeinflusste spätere Antisemiten wie Theodor
Fritsch, der sich in seinem Antisemiten-Katechismus von 1887 darauf berief,
Houston Stewart Chamberlain und Georg von Schönerer. Dührings antisemitische
Ansichten fanden über diese Rezeption später in Rassenlehren des Nationalsozialismus
Eingang. So erschien Fritschs Antisemitenkatechismus in späteren Auflagen als Handbuch der Judenfrage und ab der 41.
Auflage 1940 mit einem Vorwort Adolf Hitlers. Dührings Schriften wurden seit
1924 vom dazu gegründeten „Dühringbund“ neu aufgelegt, nochmals seit 1930. Auch
heute wird Dühring als Vorläufer des Nationalsozialismus betrachtet. (...)
bearbeitet von
JERZY CHOJNOWSKI
Chairman-GTVRG e.V.
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