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Donnerstag, 11. März 2021

WIE GEHT ES DER NRW-POLIZEI?

 

Rechtsextremismus bei der Polizei

Bei NRW-Polizisten waren in den vergangenen Monaten zahlreiche Hinweise auf eine rechtsextreme Gesinnung entdeckt worden. Auf mehreren beschlagnahmten Datenspeichern war das verbotene Horst-Wessel-Lied gefunden worden. Dabei handelt es sich um das Kampflied der SA und die spätere Parteihymne der NSDAP.

Ein Beamter soll Fotos von Weihnachtsbaum-Kugeln mit SS-Runen und «Sieg Heil»-Aufschrift gepostet haben. Bei einem anderen Beamten waren Fotos mit einem Hakenkreuz entdeckt worden, das aus Dienstmunition gelegt worden war.

Ein Polizist habe sich in Uniform auf zwei Streifenwagen stehend dabei fotografieren lassen, wie er den Hitler-Gruß zeigte. Es waren auch Musikdateien von indizierten rechtsradikalen Bands entdeckt worden. Zum Christchurch-Anschlag, bei dem ein Rechtsterrorist in Neuseeland 51 Menschen tötete, hieß es: «Zu viele Fehlschüsse.» (dpa)

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Die Chatgruppe trug den Namen „Kunta Kinte“. Darin tauschten Polizisten aus Polizeiwache Mülheim/Ruhr rechtsextreme, menschenfeindliche und rassistische Inhalte aus. „Kunta Kinte“ ist der Name eines schwarzafrikanischen Sklaven aus dem Roman „Roots“. In einem Post ging es um den Terroranschlag auf zwei Moscheen im neuseeländischen Christchurch, bei dem ein Rechtsextremer 51 Menschen tötete. „Zu viele Fehlschüsse“, lautete der Kommentar. Auf einem Gruppenfoto ließen sich die Polizisten der „Dienstgruppe A“ vor einem Hakenkreuz ablichten.

 

Wie stark sind die rechtsextremen Tendenzen bei der Polizei? NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) hat dazu am Donnerstag ein erstes Lagebild vorgestellt. Nachdem vor einem halben Jahr in Mülheim/Ruhr eine Gruppe von Polizisten aufgeflogen war, die Chatnachrichten mit schwer erträglichen Inhalten verschickt hatten, hatte Reul das Thema zur Chefsache gemacht und einen Sonderbeauftragten installiert. Der frühere Verfassungsschützer Uwe Reichel-Offermann leitet eine Stabsstelle mit fünf Mitarbeitern. Sie sollen aufdecken, wie verbreitet rechte Parolen, Ausländerhetze und die Glorifizierung des NS-Regimes in den Wachen und Amtstuben tatsächlich ist.

 

Bislang gingen bei den Beamten 251Hinweise auf Polizisten mit einem auffälligen Gebaren ein. In dem Lagebild, das den Zeitraum bis Ende 2020 erfasst, werden 170 verdächtige Polizisten genannt. Mehr als 80 Prozent von ihnen sind Männer, viele sind jünger als 30 Jahre alt. Besonders verbreitet sind rechte Haltungen im Bereich Gefahrenabwehr und Einsatz, als der „24-Stunden¬-Polizei“. 59 Prozent der Hinweise beziehen sich auf Polizisten, die im Streifendienst, Einsatztrupps oder im Bezirksdienst unterwegs sind. Elf Prozent der Fälle betreffen Kriminalbeamte. Laut Lagebild handelt es sich bei den Verdachtsfällen ganz überwiegend um Beamte, die keine Führungsaufgaben wahrnehmen.

 

Am häufigsten verbreitet ist Rassismus

Bei den untersuchten Vergehen und Straftaten steht Vorwurf des Rassismus mit 125 Fällen an Platz eins. Es folgen die Verherrlichung des Nationalsozialismus (95 Fälle), Antisemitismus (66 Fälle) und Gewaltverherrlichung (62 Fälle). Eine Nähe zu Reichbürgern sollen 13 Beamte haben. Die Haltungen wurden ganz überwiegend nicht im persönlichen Umgang, sondern digital geäußert. Nach der Polizeibehörde Essen, zu der Mülheim/Ruhr gehört, wurde eine Häufung von Fällen in weiteren Großbehörden registriert.

 

Vier Polizisten hatten Kontakt zu rechtsextremen Organisationen

Bei den untersuchten Rassismusvorwürfen steht Essen (47 Fälle) auf Platz eins, es folgen Aachen (19 Fälle), Köln (12 Fälle) und Dortmund (10 Fälle). Die Mehrzahl der insgesamt Betroffenen verfüge aber nicht über ein „in sich geschlossenes rechtsextremistisches Weltbild“, heißt es in dem Lagebild. Bei den Chatgruppen handele es sich vielmehr um „innerdienstliche Gesinnungsgemeinschaften.“ „Konspirative und handlungsorientierte“ rechtsextremistischen Netzwerke seien nicht nachgewiesen worden, hieß es. Bei den Ermittlungen waren allerdings auch vier Mitarbeiter von NRW-Sicherheitsbehörden mit Kontakten zu rechtsextremen Organisationen und einer als Mitglied einer rechtsextremen Gruppe entdeckt worden.

 

Die "Dienstgruppe A" war auch schwulenfeindlich

Ein Bericht über die die Sonderinspektion der Polizeibehörde Essen, der jetzt ebenfalls veröffentlicht wurde, kommt zu dem Ergebnis, dass die Aktivitäten der „Dienstgruppe A“ in ihrem Umfeld hätten auffallen müssen. Gemeldet wurde allerdings nichts. In den Chats war auch Sexistische und Homophobe Inhalte entdeckt worden.

 

Polizisten, die schon lange im Polizeidienst Dienst sind, kommen oft mit Verwarnungen und anderen Disziplinarmaßnahmen davon. Anders sieht das bei den Kommissaranwärtern aus, die noch in der Ausbildung sind. Von ihnen wurden sechs entlassen. Es würden noch eine Reihe weiterer Verfahren gegen Polizeibeamte geführt mit dem Ziel, sie aus dem Dienst zu entfernen, sagte Reichel-Offermann.

 

Reul: Insgesamt ist die Lage "nicht so schlimm wie befürchtet"

Innenminister Reul zeigte sich mit den vorläufigen Ergebnissen des Lagebilds relativ zufrieden. Jeder einzelne Fall sei „ein Drama“, aber insgesamt sei die Lage „eigentlich nicht so schlimm“, wie er ursprünglich befürchtet habe. Die Dimension sei „zu groß, aber nicht so groß, dass man von einem Problem in der ganzen Polizei“ reden müsse.

 

Das NRW-Innenministerium will den Abschlussbericht zum Rechtsextremismus bei der Polizei im September vorstellen. Im Kampf gegen rechte Tendenzen setzt das Innenministerium jetzt auch eine stärken Dialog und die eine verbesserte Reflektion von problematischen Einsatzlagen. Supervisionen sollen den Polizisten die Möglichkeit eröffnen, „berufliche Belastungen, Haltungen und Verhaltensweisen zu erörtern und zu reflektieren“, hieß es im NRW-Innenministerium.

 Gerhard Voogt

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