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Donnerstag, 12. Januar 2023

DEUTSCHLAND SCHULDET POLEN REPARATIONEN IN MILLIARDENHÖHE

 


Deutschland soll jetzt 6.220.609.000.000 Złoty zahlen 

Auf 6.220.609.000.000 Złoty beziffert die Regierung die polnischen Verluste. Das entspricht rund 1,3 Billionen Euro, also 1300 Milliarden. Morawiecki fordert, Deutschland müsse neben der politischen und historischen auch finanzielle Verantwortung übernehmen – durch Entschädigungszahlungen. 

In Polen gibt es dazu seit Jahren vehemente Debatten. Die deutsche Bundesregierung indes lehnt jedwede Verhandlungen ab, weil die Reparationsfrage juristisch längst abgeschlossen sei und 1953 die damalige kommunistische Regierung Polens den Verzicht auf deutsche Zahlungen erklärt habe. 

»Die Deutschen gefallen sich in der Rolle des Weltmeisters in der Aufarbeitung ihrer Vergangenheit. Aber die meisten wissen nur schemenhaft, was die Nazis in unserem Nachbarland angerichtet haben«, sagt Jan Puhl, der sich in der SPIEGEL-Redaktion intensiv mit Polen beschäftigt. Er sieht für die Entschädigungsforderungen fast acht Jahrzehnte nach Kriegsende auch innenpolitische Gründe, vor allem aber den starken Wunsch Polens, sich aus einer geschichtlichen Opferrolle zu lösen und »gegenüber Deutschland wie in der EU aktiver, fordernder aufzutreten«. Dafür wolle Morawiecki die europäische Öffentlichkeit gewinnen – und »deutsche Arroganz« sei in der Haltung zu osteuropäischen EU-Partnern tatsächlich ein Problem.


Warschau 1945


Reparationsaktivisten demonstrieren 2018 in Warschau anlässlich eines Besuchs der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel, Quelle: picture alliance/dpa 02.11.2018, Polen, Warschau: Am Rande eines Besuchs von Bundeskanzlerin Merkel in der polnischen Hauptstadt halten Demonstranten Plakate mit Reparationsforderungen. Auf dem Plakat am linken Rand steht "Reparationen machen frei", der Spruch ist der Toraufschrift "Arbeit macht frei" nachempfunden, der über dem Eingang zum Konzentrationslager Auschwitz prangte. Das Plakat in der Mitte zeigt den Spruch "Die Deutschen müssen bezahlen: für die Ermordung von Millionen von polnischen Bürgern". 

Polen gründet Institut für Reparationsforderungen an Deutschland

Mit einem neuen Forschungsinstitut für Kriegsschäden will die polnische Regierung den Druck auf die Bundesrepublik im Streit um Reparationen erhöhen. Für Februar 2022 will zudem eine Warschauer Parlamentskommission ihren Bericht vorstellen. Die polnische Regierung bereitet sich darauf vor, den politischen und vor allem öffentlichen Druck auf Deutschland zu erhöhen.

Veröffentlicht am 26.11.2021 | von Sven Felix Kellerhoff

Leitender Redakteur Geschichte, Welt 

Der Streit um Reparationsforderungen Polens an die Bundesrepublik geht in die nächste Runde. Ministerpräsident Mateusz Morawiecki bestätigte, dass jetzt ein Forschungsinstitut für Kriegsschäden gegründet worden ist; es trägt den Namen von Jan Karski, eines polnischen Offiziers und Widerstandskämpfers im Zweiten Weltkrieg. „Das Thema ist nicht vom Tisch, weil Polen sehr schlecht behandelt wurde, indem es keine Reparationen erhalten hat“, sagte der Politiker der nationalkonservativen PiS-Partei. 

Das neue Institut soll die Bemühungen um die Erforschung sämtlicher Kriegsschäden institutionalisieren und sich auch mit der weiteren Verfolgung der Reparationsansprüche befassen, hieß es. Im Februar 2022 werde zudem die vor knapp fünf Jahren eingerichtete Parlamentskommission zur Untersuchung der Kriegsschäden ihren Bericht vorlegen: „Wir bereiten alles vor, diesen Bericht der Welt da draußen zu präsentieren“, sagte Morawiecki. 

Laut dem Kommissionsvorsitzender Arkadiusz Mularczyk ist deren Arbeit bereits seit Monaten vollendet. Schon frühere Reparationsforderungen aus Polen an Deutschland hatten sich einschließlich Zinsen auf 850 Milliarden Euro belaufen. Es ist zu erwarten, dass der kommende Abschlussbericht noch höhere Forderungen stellt. 

Alle bisherigen Bundesregierungen hatten derlei Forderungen aus Polen stets zurückgewiesen – und zwar aus vier Gründen: Erstens stand schon im Potsdamer Abkommen von 1945, dass die UdSSR „Reparationsansprüche Polens aus ihrem eigenen Anteil an den Reparationen befriedigen“ werde. Zweitens verzichtete im August 1953 die Regierung der damaligen Volksrepublik Polen „mit Wirkung vom 1. Januar 1954 auf die Zahlung von Reparationen an Polen“. Das war natürlich in erster Linie ein Entgegenkommen der polnischen Kommunisten an ihre Genossen in Ost-Berlin. Drittens akzeptierte die polnische Regierung 1990/91 den Zwei-plus-Vier-Vertrag über die Vereinigung der beiden deutschen Staaten, der an die Stelle eines Friedensvertrages zwischen den ehemaligen Kriegsgegnern und Deutschland trat. Damit endete völkerrechtlich der formal noch immer nicht beendete Kriegszustand. Reparationen waren nicht vorgesehen. 

Schließlich einigten sich 1991 die nun demokratische Republik Polen und das wiedervereinigte Deutschland am Rande der Beratungen über einen Nachbarschaftsvertrag auf die Regelung noch offener Entschädigungsfragen. Über eine eigens gegründete Stiftung flossen zunächst 500 Millionen DM nach Polen, später weitere Zahlungen in Höhe von fast zwei Milliarden DM an noch lebende ehemalige polnische Zwangsarbeiter. 

All diese Argumente lässt die Regierung in Warschau nicht gelten. Die polnischen Kommunisten seien ebenso wenig wie die UdSSR berechtigt gewesen, für Polen zu sprechen, und die Regelungen von 1990 und 1991 hätten sich nicht auf Reparationen bezogen. Der eigentliche Hintergrund der immer wiederholten Forderungen dürfte aber eher innenpolitischer Natur sein: Damit heizt die PiS-Partei die antideutschen Ressentiments ihrer Anhängerschaft an. 

Für Deutschland ist es schwer, argumentativ zu reagieren. Denn unbestreitbar ist, dass die Schäden des Zweiten Weltkrieges in Polen immens waren. Vom in jeder Hinsicht völkerrechtswidrigen Überfall des Dritten Reiches am 1. September 1939 bis in den Winter 1944/45 hinein verwüsteten Wehrmacht, deutsche Verwaltung, Polizei und SS fast ganz Polen. Kein Land hatte gemessen an der Bevölkerungszahl höhere Verluste: Von den rund 35 Millionen Einwohnern starb mehr als jeder sechste mehr oder minder gewaltsam während der deutschen Besatzung. Ungefähr je zur Hälfte handelte es sich um katholische und um jüdische Polen. Jedes zweite Opfer des Holocaust stammte aus Polen.

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Zur Erinnerung: Deutscher Staat, der Meister im permanenten und systemischen Staatsversgen, im Rechtsbruch und Vergewaltigung der Moral, im Heucheln, Belügen, Vertuschen und Verdrängen, schuldet nach wie vor den deutschen Opfern des von ihm verursachten Tsunami-Massakers 2004 Entschädigungen für den vermeidbaren Tod, für schwere Körperverletzung, Verlust der Lebensperspektive, Arbeitsplatzverlust, Existenzverlust und andere materielle Nachteile, für Zerstörung der Lebensqualität und das lebenslange Trauma. Sie kamen aufgrund des massiven und kollektiven Staatsversagens zustande. Deutschland steht durch die Kausalität und die Schwere dieses Verschuldens in Verantwortung, für all seine destruktiven Folgen, die sich auf die deutschen Bürger ausgewirkt haben oder weiterhin auswirken, Wiedergutmachung zu leisten. 

Jerzy Chojnowski 

Chairman - GTVRG e. V. 

www.gtvrg.de

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Reparationen (von lateinisch reparare ‚wiederherstellen‘) sind ein Begriff aus dem Völkerrecht und bezeichnen Entschädigungen, die ein Staat nach einer Niederlage im Krieg an den oder die Sieger entrichten muss. Reparationen können in Geld geleistet werden, in Sachlieferungen oder in Arbeitsleistungen. In Frage kommen dabei DemontagenEnteignungen von AuslandsvermögenBeschlagnahme von Patenten und Entnahmen aus der laufenden Produktion. Der Begriff wurde nach dem Ersten Weltkrieg eingeführt.[2]

Die Verpflichtung, Reparationen zu entrichten, wird zumeist im Friedensvertrag festgelegt. Insofern sind sie ein Element des Jus post bellum. Teilweise wird darunter die Forderung an den Besiegten verstanden, für sämtliche Kriegsschäden Schadensersatz zu leisten, heute herrscht aber ein engeres Begriffsverständnis vor, das unter Reparationen nur die Entschädigung für einen Verstoß gegen das Jus ad bellum versteht, etwa wegen der Verletzung des Gewaltverbots.[3]

Der Begriff Reparationen wird unterschieden von dem der Wiedergutmachungsleistungen, die nicht die siegreichen Kriegsparteien erhalten, sondern einzelne Soldaten und Zivilisten für individuell erlittene Schäden und Kriegsfolgen.

Deutsche Reparationen nach dem Zweiten Weltkrieg sind Reparationen, die Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg geleistet hat. Anders als die Reparationsverpflichtungen nach dem Ersten Weltkrieg erfolgten diese zunächst nicht auf friedensvertraglicher Grundlage. Sie bestanden zunächst auch nicht in Geldzahlungen von deutscher Seite, sondern in Demontagen durch die Siegermächte. Zwei der während des Krieges von der Wehrmacht besetzten Staaten erheben bis heute Anspruch auf deutsche Reparationen.

Siegermächte

Bereits während des Zweiten Weltkriegs wurden Ansprüche auf Reparationen erhoben, über deren Gesamthöhe sich die Alliierten jedoch auf der Konferenz von Jalta nicht einigen konnten. 1946 wurde das deutsche Auslandsvermögen beschlagnahmt, außerdem wurden die Devisenbestände eingezogen, Warenzeichen und Patente beschlagnahmt und Demontagen nach dem Pariser Reparationsabkommen vom 14. Januar 1946 vorgenommen. Der Wert dieser Entnahmen ist schwer feststellbar und umstritten. So reichen die Schätzungen für das Auslandsvermögen von 315 Millionen US-Dollar bis zu 20 Milliarden Reichsmark und differieren damit umgerechnet um den Faktor 16.[1] Beim Londoner Schuldenabkommen vom 1953 wurde die Verrechnung aller bislang entnommenen Reparationen ausgeschlossen: Sie seien geringfügig angesichts der möglichen Reparationsforderungen, und die deutsche Seite sei gut beraten, die Frage der Reparationen ruhen zu lassen.[2]

Das Potsdamer Abkommen vom 2. August 1945 hatte vorgesehen, dass jede Besatzungsmacht ihre Reparationsansprüche durch Demontagen und Sachlieferungen aus ihrer eigenen Besatzungszone befriedigen sollte. Da die Sowjetunion die größten Kriegsschäden erlitten hatte und die deutschen Industriezentren in den westlichen Besatzungsgebieten konzentriert waren, erhielt sie das Recht zugestanden, Reparationen auch aus den anderen Zonen zu erhalten. Die Sowjetunion sollte im Gegenzug durch Lebensmittellieferungen aus dem Osten die Ernährungslage in den westlichen Bevölkerungszentren des besetzten Deutschland verbessern. Hieran entzündete sich bald Streit: Da die Sowjetunion sich weigerte, diese Lieferungen mit Lebensmittellieferungen aus ihrer Zone zu vergüten, beendete der amerikanische Militärgouverneur Lucius D. Clay am 25. Mai 1946 die Lieferungen auf das Reparationskonto aus der amerikanischen Zone an die Sowjetunion. Die beiden anderen Westmächte schlossen sich diesem Vorgehen an.[3] Mit dem Beginn des Kalten Krieges schränkten zuerst die westlichen Alliierten die Demontagen ein und verschoben ihre Reparationsforderungen bis zum Abschluss eines Friedensvertrages. Nach dem Fall der Berliner Mauer erreichte die Regierung Kohl, dass die anschließende Regelung der deutschen Frage, die nun anstand, nicht in Form von Friedensverhandlungen mit sämtlichen Staaten erfolgte, mit denen sich das Deutsche Reich 1945 im Kriegszustand befunden hatte, sondern nur mit den vier Hauptsiegermächten. Dadurch wurden Polen und Griechenland, die Ansprüche auf deutsche Reparationen bzw. Entschädigungen für ihre Staatsbürger erhoben, ganz oder weitgehend ausgeschlossen. Der Zwei-plus-Vier-Vertrag vom 12. September 1990, der die außenpolitischen Aspekte der deutschen Vereinigung regelte und im Einvernehmen der Vertragsparteien „anstelle eines Friedensvertrages“ geschlossen wurde, enthält daher keinerlei Aussagen zu Reparationsverpflichtungen, und die deutsche Bundesregierung steht auf dem Standpunkt, dass es dafür auch zu spät sei. Dies wird als „völkerrechtlicher Spagat“ angesehen, da sie etwa nach der Londoner Schuldenkonferenz 1953 und im Überleitungsvertrag 1954 behauptet hatte, die Reparationsfrage könne nur Gegenstand von Friedensverhandlungen sein, für die es aber noch zu früh sei.[4]

Die Reparationsleistungen der späteren DDR an die Sowjetunion geschahen bis 1948 hauptsächlich durch Demontage von Industriebetrieben. Davon betroffen waren 2000 bis 2400 der wichtigsten und bestausgerüsteten Betriebe innerhalb der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ). Bis März 1947 wurden zudem 11.800 Kilometer Eisenbahnschienen demontiert und in die Sowjetunion verbracht. Damit wurde das Schienennetz bezogen auf den Stand von 1938 um 48 Prozent reduziert. Der Substanzverlust an industriellen und infrastrukturellen Kapazitäten durch die Demontagen betrug insgesamt rund 30 Prozent der 1944 auf diesem Gebiet vorhandenen Fonds. Ab Juni 1946 begann sich mit dem SMAD-Befehl Nr. 167 die Form der Reparationen von Demontagen auf Entnahmen aus laufender Produktion im Rahmen der Sowjetischen Aktiengesellschaften zu verlagern, die von 1946 bis 1953 jährlich zwischen 48 und 12,9 Prozent (durchschnittlich 22 Prozent) des Bruttosozialprodukts betrugen.[5] Die Reparationen endeten nach dem Volksaufstand vom 17. Juni 1953. Auf der Grundlage erstmals erschlossener Archivmaterialien, vor allem in Moskau, kamen Lothar Baar, Rainer Karlsch und Werner Matschke vom Institut für Wirtschaftsgeschichte der Humboldt-Universität zu Berlin etwa 1993 auf eine Gesamtsumme von mindestens 54 Milliarden Reichsmark bzw. Deutsche Mark (Ost) zu laufenden Preisen bzw. auf mindestens 14 Milliarden US-Dollar zu Preisen des Jahres 1938.[6]

Als die Reparationen 1953 für beendet erklärt wurden, hatte die SBZ/DDR die höchsten im 20. Jahrhundert bekanntgewordenen Reparationsleistungen erbracht.[7] Siegfried Wenzel, ehemaliger stellvertretender Vorsitzender der Staatlichen Plankommission der DDR, bezifferte die Reparationen der SBZ und der DDR auf insgesamt 99,1 Milliarden DM (zu Preisen von 1953) und die der Bundesrepublik Deutschland demgegenüber auf 2,1 Milliarden DM (zu Preisen von 1953). Die SBZ/DDR soll demzufolge 97 bis 98 Prozent der Reparationslast Gesamtdeutschlands – pro Person also das 130-fache – betragen haben. Wenzel bezog sich dabei auf unterschiedliche Quellen wie die Interalliierte Reparationsagentur für die Reparationsleistungen der westlichen Besatzungszonen und das Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen für die Reparationsleistungen von SBZ und DDR und zog unterschiedliche Bezugsgrößen (US-Dollar zu Preisen von 1938 bzw. Deutsche Mark zu Preisen von 1944 [sic]) heran.[8]

Eine andere, deutlich höhere Summe nannte in diesem Zusammenhang Horst Roigk, jahrzehntelang hochrangiger Mitarbeiter des Bereichs Kommerzielle Koordinierung: In einem öffentlichen Vortrag am 10. Juli 1995 im Diskussionskreis „Zwie-Gespräch“ bezifferte Roigk den Wert der „je nach Zweck“ von der SBZ und der DDR an die Sowjetunion geleisteten Reparationen nach dem Zweiten Weltkrieg aufgrund seiner internen Kenntnisse und der ihm zur DDR-Zeit zugänglichen staatlichen Quellen auf 500 bis 700 Milliarden Mark.[9]

Zwar wird eine exakte Berechnung der Reparationsleistungen, wie Wenzel einräumt, aufgrund unterschiedlicher Bezugsgrößen tatsächlich erschwert; gleichwohl bleiben die enormen Unterschiede der Reparationslasten offensichtlich. 1995 wurden von den Historikern Konstatin Akinscha und Grigori Koslow nach Einsicht in die Originaldokumente in russischen Archiven eigene Belege vorgelegt: Sie bezeichnen diese Phase als Die Plünderung Deutschlands (mit „Deutschland“ ist mit wenigen Ausnahmen nur die sowjetische Besatzungszone gemeint).[10] Ähnliche Informationen sind aus dem Uranbergbau der SDAG Wismut sowie aus dem Schiffbau bekannt.

Polen

Potsdamer Konferenz 1945

Auf der Potsdamer Konferenz wurde 1945 festgelegt, dass Polens Reparationsansprüche wie die der Sowjetunion durch Demontagen in der Sowjetischen Besatzungszone sowie durch das deutsche Auslandsvermögen in Bulgarien, Finnland, Rumänien, Ungarn und Österreich befriedigt werden sollten. Im Anschluss an die Konferenz einigten sich Washington und Moskau, dass Polen fünfzehn Prozent der Reparationsleistungen erhalten solle, die die SBZ aufzubringen hatte.[13] Am 16. August 1945 unterzeichneten die Vertreter Moskaus und Warschaus einen Vertrag, in dem auch ein Verteilungsschlüssel definiert wurde.[14]

Laut der Potsdamer Vereinbarung sollte die sowjetische Seite keine Güter als Reparationen aus den unter polnische Verwaltung gekommenen deutschen Gebiete östlich von Oder und Neiße entnehmen. Doch in der Realität wurden ganze Eisenbahnzüge mit Fabrik-, Werkstatts‑ und Wohnungsausstattungen nach Osten geschickt. Überdies verlangte die Sowjetunion als Preis für den Wertzugewinn des polnischen Territoriums aufgrund der Eingliederung der deutschen Ostgebiete von Polen die Lieferung von Kohle zu so niedrigen Preisen, dass nicht einmal die Kosten von Abbau und Transport gedeckt waren. Von den Reparationsleistungen an die Sowjetunion, deren Umfang mit rund drei Milliarden US-Dollar zum damaligen Kurs angegeben wurde, erhielt Polen nach Darstellung polnischer Historiker lediglich 7,5 Prozent, also den Gegenwert von 231 Millionen US-Dollar.[15]

Verzichtserklärung Polens 1953

Nach dem Aufstand vom 17. Juni 1953 in der DDR waren die Führung der SED und ihre sowjetischen Aufseher in internen Analysen zum Schluss gekommen, dass die Demontage von Industrieanlagen die wirtschaftliche Entwicklung stark hemmten, so dass die DDR gegenüber der Bundesrepublik, die gerade die Anfänge des Wirtschaftswunders erlebte, im Kampf der Systeme immer mehr ins Hintertreffen geriet. Die Sowjetregierung verzichtete somit offiziell auf weitere Reparationen aus der DDR und drängte die polnische Führung unter dem Stalinisten Bolesław Bierut ebenfalls dazu. In der Erklärung des polnischen Ministerrats vom 23. August 1953 wurde indes keineswegs die DDR genannt, sondern „das deutsche Volk“, also Deutschland. In dem Text hieß es, dass Deutschland „seinen Verpflichtungen zur Zahlung von Reparationen bereits in bedeutendem Maße nachgekommen“ sei und dass die Volksrepublik Polen deswegen mit Wirkung vom 1. Januar 1954 auf weitere Zahlungen verzichte, „um damit einen Beitrag zur Lösung der deutschen Frage […] zu leisten“.[16]

Alle Bundesregierungen beharrten seitdem auf dem Standpunkt, dass diese Verzichtserklärung völkerrechtlich bindend sei. Hingegen vertraten polnische Historiker und Völkerrechtler, die die nationalkonservative Partei PiS seit 2004 mit Expertisen dazu beauftragt hat, übereinstimmend die Auffassung, dass diese Erklärung ungültig sei, da die polnische Führung 1953 nicht demokratisch legitimiert und überdies vollständig von Moskau abhängig gewesen sei.[17] Von deutscher Seite wird dagegen angeführt, dass nach dieser Argumentation Polen auch nicht die deutschen Oder-Neiße-Gebiete hätte eingliedern dürfen, da 1945 in Warschau ebenfalls eine von Josef Stalin eingesetzte Marionettenregierung amtierte. So wie die Bundesregierung ihre Verpflichtungen als Rechtsnachfolgerin der nationalsozialistischen Reichsregierung akzeptiert habe, sei auch das souveräne Polen nach 1989 rechtlich Erbe der Volksrepublik.[18][19][20]

Der damalige Verzicht Polens auf Reparationsforderungen ist zudem „eine wesentliche Grundlage für die heutige Ordnung Europas“, so ein Außenamtssprecher.[21]

Warschauer Vertrag 1970

Bei seinem Treffen mit Bundeskanzler Willy Brandt aus Anlass der Unterzeichnung des Warschauer Vertrags im Dezember 1970 bekräftigte der polnische Parteichef Władysław Gomułka den Verzicht auf deutsche Reparationen, den der polnische Ministerrat 1953 verkündet hatte. Doch bleibe die Frage der individuellen Entschädigungen für polnische Opfer des NS-Regimes offen. Im Vertrag selbst blieben diese Punkte unerwähnt.[22]

2 plus 4-Verhandlungen 1990

Als sich nach dem Fall der Mauer 1989 die Möglichkeit einer deutschen Wiedervereinigung bot, beschloss man, die notwendigen völkerrechtlichen Regelungen nicht auf einer allgemeinen Friedenskonferenz mit allen Staaten, mit denen sich das Deutsche Reich 1945 im Krieg befunden hatte, zu klären, sondern im engeren Rahmen der Zwei-plus-Vier-Verhandlungen. Polen forderte zwar, an diesen Verhandlungen beteiligt zu werden, wurde jedoch sowohl von sowjetischer als auch von US-amerikanischer Seite gedrängt, nicht zu insistieren, und gab daher nach.[23]

Die bundesdeutsche Seite verfolgte mit dem Zwei-plus-Vier-Format explizit den Zweck, neue Reparationsforderungen auszuschließen. In einem internen Papier des Auswärtigen Amts vom 21. März 1990 hieß es, 45 Jahre nach Kriegsende, „nach Jahrzehnten friedlicher und vertrauensvoller und fruchtbarer Zusammenarbeit […] mit der internationalen Staatengemeinschaft und nach umfangreichen für die Regelung der Kriegsfolgen erbrachten Leistungen“ habe „die Reparationsfrage ihre Berechtigung verloren“.[24] Da der Zwei-plus-Vier-Vertrag anstelle eines Friedensvertrag geschlossen wurde und keinerlei Reparationsverpflichtungen enthielt, steht die Bundesregierung seitdem auf dem Standpunkt, „dass damit auch die Reparationsfrage endgültig erledigt ist“.[25]

Polen hat während der Zwei-plus-Vier-Verhandlungen keine Forderungen erhoben. Es wird in dem Zusammenhang vermutet, dass damit die endgültige Anerkennung der Oder-Neiße-Grenze durch das dann vereinigte Deutschland nicht gefährdet werden sollte; diese Frage wurde im deutsch-polnischen Grenzvertrag vom 14. November 1990 völkerrechtlich abschließend geregelt. Politiker der PiS vertraten hingegen seit 2004 die Ansicht, dass jegliche Vereinbarungen darüber nicht wirksam seien, da Polen als betroffenes Land überhaupt nicht an den Verhandlungen teilgenommen habe. Doch sogar Rechtsexperten der Polnischen Akademie der Wissenschaften halten dem entgegen, dass die Regierung in Warschau seinerzeit keinen Einspruch gegen die Vereinbarungen zwischen den früheren Siegermächten und den beiden deutschen Staaten erhoben und somit indirekt den Verzicht auf Reparationen bekräftigt habe.[26]

Deutsch-polnisches Regierungsgutachten 2004

Als Reaktion auf die Entschädigungs- und Restitutionsforderungen der auf Initiative Rudi Pawelkas, des Vorsitzenden der Landsmannschaft Schlesien, gegründeten Preußischen Treuhand, die Eigentumstitel für Immobilien in den Oder-Neiße-Gebieten geltend machte, verabschiedete der Sejm in Warschau 2004 eine vom nationalkonservativen Oppositionsführer Jarosław Kaczyński vorgeschlagene Resolution, in der die von der postkommunistischen Demokratischen Linken gestellte Regierung unter Marek Belka aufgefordert wurde, von der Bundesrepublik Deutschland Reparationen zu verlangen.[27] Um dieses Problem zu entschärfen, gaben die beiden Außenminister Joschka Fischer und Włodzimierz Cimoszewicz gemeinsam ein Rechtsgutachten in Auftrag, Verfasser waren der deutsche Völkerrechtler Jochen A. Frowein und sein Warschauer Kollege Jan Barcz. Die beiden Juraprofessoren kamen zum Ergebnis, dass im Lichte des Völkerrechts weder die früheren deutschen Bewohner der 1990 an Polen abgetretenen Ostgebiete Anspruch auf Rückgabe oder Entschädigung für verlorene Immobilien hätten, noch der polnische Staat Anspruch auf Reparationen habe.[28]

Allerdings wurde wenig später in Warschau verbreitet, dass Barcz in den Zeiten der Volksrepublik Informant des Geheimdienstes SB gewesen sei. Politiker der von Kaczyński geführten PiS erklärten daraufhin den Teil des Gutachtens, der Reparationen für Warschau ausschloss, für wertlos.[19] 2017 erklärten PiS-Abgeordnete, dass Belka und die anderen Verantwortlichen für das für Polen nachteilig ausgefallene Gutachten von 2004 strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden sollten.[29]

Erklärung des polnischen Außenministeriums 2006

In ihrer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage aus den Reihen der nationalistischen Liga der polnischen Familien bekräftige Außenministerin Anna Fotyga (PiS) im Jahr 2006, dass Warschau 1953 auf deutsche Reparationen verzichtet habe. Wörtlich heißt es in ihrer schriftlichen Antwort: „Trotz der hier zitierten Diskussion ist die Position der polnischen Völkerrechtslehre eindeutig und lässt keinen Zweifel daran, dass Polen auf Reparationen von Deutschland verzichtet hat. In den folgenden Jahren hat die polnische Regierung wiederholt erklärt, dass das Problem der Umsetzung der polnischen Reparationsansprüche gegenüber Deutschland abgeschlossen ist.“

Fotyga widersprach mit dieser Erklärung einigen ihrer Parteifreunde aus der PiS. Ministerpräsident war zu diesem Zeitpunkt der PiS-Vorsitzende Jarosław Kaczyński.[14]

Gutachten des Sejms 2017

2017 fand die Parlamentsfraktion der Regierungspartei PiS eine Mehrheit für ihren Antrag, dass der Sejm ein Gutachten über die von den deutschen Besatzern zu verantwortenden Kriegsverluste und -schäden als Grundlage für Reparationsforderungen in Auftrag geben sollte.[30] Laut dem 40-seitigen Rechtsgutachten beläuft sich deren Umfang auf 840 bis 850 Milliarden Euro.

Ministerpräsidentin Beata Szydlo (PiS) kommentierte das Gutachten mit den Worten: „Wir wollen über Gerechtigkeit sprechen, sie steht dem polnischen Staat zu.“ Verteidigungsminister Antoni Macierewicz, ein Vertrauter des PiS-Vorsitzenden Kaczyński, erklärte dazu: „Sechs Millionen ermordete polnische Bürger lassen sich nicht wiedergutmachen, auch nicht, dass Warschau und Dutzende andere Städte dem Erdboden gleich gemacht wurden. So viel Geld gibt es gar nicht. Aber eine finanzielle Entschädigung würde es möglich machen, dass Deutschland und Polen eine echte, langfristige Partnerschaft aufbauen.“ Die Verzichtserklärung von 1953 sei von Moskau erzwungen worden und daher ungültig.[31]

Nahezu gleichzeitig kamen die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages in einem Gutachten zum gegenteiligen Ergebnis: Die Verzichtserklärung sei sehr wohl gültig, polnische Regierungen hätten sie seitdem wiederholt bekräftigt.[32]

Forderungen Warschaus 2022

Ein am 1. September 2022, dem Jahrestag des Angriffs der deutschen Wehrmacht auf Polen, von der polnischen Regierung unter Mateusz Morawiecki vorgestelltes, in ihrem Auftrag erstelltes Gutachten beziffert die durch Deutschland angerichteten Schäden im damaligen Polen sowie die Folgen für das heutige Polen[33] auf umgerechnet etwa 1,3 Billionen Euro.[34][35]

Der polnische Historiker Krzysztof Ruchniewicz, Direktor des Willy-Brandt-Zentrums für Deutschland- und Europastudien der Universität Wrocław, warf den Verfassern des Gutachtens um den PiS-Abgeordneten Arkadiusz Mularczyk schwere methodologische Mängel, das Ignorieren der Fachliteratur sowie das Aussparen bereits geleisteter deutscher Zahlungen vor.[15] Polnische Rechtsexperten wiesen auch darauf hin, dass es kein Gericht gebe, bei dem die polnische Regierung die Bundesrepublik Deutschland auf Reparationen verklagen könnte.[26]

Bundeskanzler Olaf Scholz wies die Forderungen zurück; nach der deutschen Position ist die Frage völkerrechtlich abschließend geregelt.[36] Zwei Wochen nach der Vorstellung des Gutachtens forderterte der Sejm in einer Resolution die polnische Regierung auf, in Verhandlungen mit Berlin über eine angemessene Entschädigung für die von den deutschen Besatzern zu verantwortenden Zerstörungen und Massenmorde zu verlangen. Die oppositionelle Fraktion der Bürgerplattform (PO) hatte vor der Abstimmung die Streichung des Begriffs „Reparationen“ durchgesetzt.[37] Das polnische Außenministerium schickte am 3. Oktober 2022 eine Verbalnote zu den Forderungen an das Auswärtige Amt, darin wurde die unverzügliche Aufnahme von Verhandlungen für ein deutsch-polnisches Abkommen gefordert.[38][39] In der Antwort des Auswärtigen Amts in Berlin vom 28. Dezember 2022 wurde bekräftigt, dass die Frage der Reparationen und Entschädigungen für Kriegsverluste abgeschlossen sei und die Bundesregierung nicht die Absicht habe, in Verhandlungen darüber einzutreten.[40]

Bereits erbrachte Zahlungen

Polnische Opfer erhielten bis 1991 umgerechnet 225 Millionen Euro an Reparationen. Eine Milliarde ging an ehemalige polnische Zwangsarbeiter. KZ-Häftlinge und Opfer von pseudomedizinischen Versuchen der SS hatten in den 1970er Jahren fast eine halbe Milliarde Euro bekommen.[41]

Die von der Bundesregierung finanzierte Stiftung Polnisch-Deutsche Aussöhnung in Warschau zahlte seit ihrer Gründung 1992 zunächst 500 Millionen DM an polnische NS-Opfer aus, später folgten Zahlungen in Höhe von fast zwei Milliarden DM an noch lebende ehemalige Zwangsarbeiter.[42]

Kontroverse um die Westverschiebung Polens

In den Debatten auf deutscher Seite wurde angeführt, dass die Abtretung der deutschen Ostgebiete an Polen politisch als Reparation zu werten sei.[43][44] Doch in Warschau wurde dieses Argument zurückgewiesen, weil Polen nach 1945 wiederum seine Ostgebiete (den östlichen Teil GaliziensWolhynien, den Südteil Litauens sowie die westlichen Regionen des heutigen Belarus) an die Sowjetunion verloren hatte.

Diese Argumentation wurde indes von deutschen Experten zurückgewiesen: Die auf der Konferenz von Teheran 1943 von den Alliierten beschlossene Westverschiebung Polens (es bekommt die deutschen Ostgebiete als Entschädigung für die Annexion der polnischen Ostgebiete durch die Sowjetunion) sei völkerrechtswidrig gewesen, da es eine Entscheidung ohne Einbeziehung der Betroffenen gewesen sei. Verwiesen wird auch auf die Einschätzung Winston Churchills, dass der materielle Wert der deutschen Gebiete östlich der Oder-Neiße-Linie den der an die UdSSR verlorenen polnischen Ostgebiete erheblich übersteige.[19] Churchill hatte dazu auf der Konferenz von Teheran erklärt: „Der Wert dieses Landes ist viel größer als der der Pripjet-Sümpfe.“ (The value of this land is much greater than the Pripet marshes.)[45]

Die sowjetische Seite schätzte nach dem Krieg den Verkehrswert der von Polen übernommenen deutschen Ostgebiete auf 9,6 Milliarden Dollar, während der Verkehrswert der an die UdSSR abgetretenen polnischen Ostgebiete lediglich 3,5 Milliarden Dollar betragen habe.[46] Der polnische Ministerpräsident Edward Osóbka-Morawski erklärte 1947, die polnischen Ansprüche auf Reparationen seien durch die Übernahme der deutschen Ostgebiete „erledigt“.[47]

In den Verhandlungen mit der polnischen Seite über die Verzichtserklärung von 1953 erklärten die Vertreter Moskaus, dass mit der Übernahme der Oder-Neiße-Gebiete durch Polen die Reparationsfrage erledigt sei; in sowjetisch-polnischen Regierungskonsultationen hatten sie diesen Standpunkt nach Darstellung polnischer Historiker bekräftigt.[48] Der PiS nahestehende Historiker bestritten die Darstellungen Churchills und der sowjetischen Seite: Vielmehr habe der Wert der polnischen Ostgebiete den der deutschen Ostgebiete überstiegen.[15]

Literatur

  • Werner Otto Reichelt: Die Demontageliste. Eine vollständige Übersicht über die Reparationsbetriebe sowie die amtlichen Erklärungen der Militärbefehlshaber der Britischen und USA-Zone. Drei Türme, Hamburg 1947 (Digitalisat).
  • Schriftlicher Bericht des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten … betreffend Untersuchung über deutsches Auslandsvermögen. Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 1. Wahlperiode 1949. Bd 17. Drucksache 3389 vom 16. Mai 1952. (Reparationsabkommen von 1946/Deutsche Schätzwerte/Schätzwerte der IARA)
  • Jörg FischReparationen nach dem Zweiten Weltkrieg. C.H. Beck, München 1992, ISBN 978-3-406-35984-2.
  • Rainer Karlsch, Jochen Laufer, Friederike Sattler (Hrsg.): Sowjetische Demontagen in Deutschland 1944–1949. Hintergründe, Ziele und Wirkungen (= Zeitgeschichtliche Forschungen; ZGF 17). Duncker & Humblot, Berlin 2002, ISBN 3-428-10739-X.
  • Helmut Rumpf: Die deutsche Frage und die Reparationen. In: ZaöRV, Band 33 (1973), S. 344–371 (PDF). - wiki -

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