Entjudung
schon 1881 von Eugen Dühring verwendeter Begriff für die Verdrängung
der Juden als "völkische Aufgabe". Als Punkt 4 ins NSDAP-Programm
aufgenommen ("Kein Jude kann ... Volksgenosse sein"), bezeichnete
Entjudung im Dritten Reich zunächst den Ausschluss der Juden und "jüdisch
versippter" Bürger aus dem Staatsdienst und dem öffentlichen Leben
(Arierparagraph), später ihre Ausstoßung aus dem Wirtschaftsleben (Arisierung)
und schließlich aus dem Leben selbst (Endlösung). Dieses Völkermord-Konzept der
Entjudung erscheint im biologistischen Jargon des Nationalsozialismus als
Stoffwechselvorgang, bei dem es darum gehe, "das tief in den deutschen
Volkskörper eingedrungene Judentum auszuscheiden".
Maßnahmen/Gesetze
gegen Juden im "Dritten Reich"
1933
März
erste
lokale Ausschreitungen der SA gegen Juden
1. April
Boykott
jüdischer Geschäfte
7. April
Gesetz
zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums durch den Arierparagraphen werden die jüdischen
Beamten (11. April), Arbeiter und Angestellte bei den Behörden (4. Mai)
und jüdische Honorarprofessoren, Privatdozenten und Notare entlassen
22. April
jüdische
Ärzte dürfen nicht mehr für Krankenkassen arbeiten
25. April
Gesetz
gegen die Überfüllung deutscher Schulen und Hochschulen Begrenzung
der Anzahl jüdischer Schüler und Studenten entsprechend dem
Bevölkerungsanteil auf 1,5 %
14. Juli
Gesetz
über den Widerruf von Einbürgerungen und die Aberkennung der
deutschen Staatsangehörigkeit Gesetz richtet sich gegen die Ostjuden
29. September
Reichserbhofgesetz:
Bauer kann nur sein, wer deutscher Staatsbürger, deutschen oder
stammesgleichen Blutes und ehrbar ist.
28. Dezember
1934
5. Februar
Ausschluß
jüdischer Studenten von Examen für Ärzte und Zahnärzte
22. Juli
jüdische
Studenten nicht mehr zu Prüfungen beim Jurastudium zugelassen
18. August
Einschränkung
der Zahl jüdischer Berufsschüler
8. Dezember
1935
13. Februar
Zulassungsbeschränkung
für Zahnärzte
Mai-August
Boykottpropaganda
gegen Juden gewaltsame Ausschreitungen in verschiedenen Städten lokale
Verbote verbieten Juden den Zutritt zu Kinos, Schwimmbädern, Parkanlagen, Kurorten,
Gaststätten
21. Mai
Arierparagraph
für Offiziere
26. Juni
Juden
wird der Eintritt in den Reichsarbeitsdienst verboten
8. Juli
Ariernachweis
notwendig für die Aufnahme in die Reichsschaft der Studierenden
25. Juli
Nichtarier
werden vom Wehrdienst ausgeschlossen
6. August
jüdische
Künstler werden im Reichsverband jüdischer Kulturschaffender zwangserfaßt
10. September
Reichserziehungsminister
Rust will noch im Schuljahr 1936 eine möglichst
vollständige Rassentrennung durchführen
15. September
auf
dem NSDAP-Parteitag Parteitag der Freiheit werden die Nürnberger Gesetze
verkündet Reichsbürgergesetz,Gesetz
zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre
14. November
Erste
Verordnung zum Reichsbürgergesetz entfernt Juden aus dem Staatsdienst
und den öffentlichen Ämtern
1936
11. Januar
Juden
dürfen nicht mehr als Steuerhelfer arbeiten
24. März
keine
staatlichen Beihilfen mehr für kinderreiche jüdische Familien
26. März
Juden
nicht mehr als Leiter oder Pächter von Apotheken zugelassen
15. Oktober
1937
15. April
Juden
dürfen nicht mehr promovieren
2. Juli
durch
Runderlaß des Reichserziehungsministeriums werden Sonderklassen für jüdische Schüler an öffentlichen
Schulen gebildet
4. November
1938
28. März
Jüdische
Gemeinden werden von bisher Körperschaften öffentlichen Rechts zu
privaten Vereinen herabgesetzt
22. April
Verordnungen
gegen die Tarnung jüdischer Betriebe durch arische Geschäftspartner
26. April
Anmeldung
jüdischen Vermögens über 5 000 RM
19. Mai
1.
Verordnung zum Personenstandsgesetz; frühere Zugehörigkeit zur jüdischen
Religion ist zu vermerken
9. Juni
Zerstörung
der Münchener Synagoge
14. Juni
jüdische
Betriebe sind als solche zu kennzeichnen (3. Verordnung zum Reichsbürgergesetz)
15. Juni
Juni-Aktion
ca. 1 500 jüdische Bürger werden, da sie als vorbestraft gelten (auch
Verkehrsdelikt), verhaftet und in Konzentrationslager verbracht
Juni
Juden
und Nichtjuden müssen in Krankenhäusern getrennt werden
6. Juli
Juden
dürfen Auskunfteien, Maklergeschäfte, Bewachungsbetriebe,
Heiratsvermittlungen, Hausverwaltungen, Fremdenführung und Wandergewerbe
nicht mehr betreiben
23. Juli
Einführung
einer mit J versehenen Kennkarte für Juden; gilt ab 1.1.39
25. Juli
allgemeines
Berufsverbot für jüdische Ärzte; jüdische Ärzte dürfen nur noch Juden behandeln
10. August
Zerstörung
der Synagoge in Nürnberg
17. August
Juden
müssen ab 1.1.39 den zusätzlichen Vornamen Sara bzw. Israel annehmen Reichserziehungsminister
Rust läßt die gesamte jüdische und hebräische Literatur in Deutschland
erfassen
27. September
Berufsverbot
für jüdische Rechtsanwälte; dürfen als Konsulenten nur noch
jüdische Klienten vertreten
5. Oktober
Reisepässe
von Juden werden eingezogen; Neuausstellungen sind mit einem J versehen
28. Oktober
17
000 Juden polnischer Staatsangehörigkeit werden ausgewiesen und an die
polnische Grenze gebracht
9. November
Reichskristallnacht
10. November
Jüdische
Zeitungen werden verboten; es erscheint nur das offizielle
Jüdische Nachrichtenblatt
12. November
Verbot
der Teilnahme an öffentlichen Veranstaltungen; als Sühneleistung
müssen die deutschen Juden 1 Milliarde RM zahlen
15. November
Verbot
des Besuchs öffentlicher Schulen
19. November
Juden
haben nur noch Anspruch auf jüdische Wohlfahrtsunterstützung
21. November
Judenvermögensabgabe
wird bei einem Freibetrag von 5 000 RM auf 20 % des Vermögens festgesetzt
3. Dezember
Führerscheine
und Kraftfahrzeugzulassungen von Juden werden eingezogen
8. Dezember
Verbot
des Besuchs von Hochschulen
12. Dezember
Beschränkungen
bei der Ausfuhr von Wertsachen und Devisen bei der Auswanderung
21. Dezember
jüdische
Schulkinder weiterhin schulpflichtig; nur noch Besuch jüdischer Privatschulen
erlaubt
28. Dezember
Judenbann
Verbot des Besuchs bestimmter öffentlicher Einrichtungen; Fahrt in Schlaf- und Speisewagen
wird für Juden verboten
31. Dezember
1939
1. Januar
Verbot
aller jüdischen Organisationen
17. Januar
jüdischen
Zahn- und Tierärzten sowie Apothekern wird die Zulassung entzogen
24. Januar
Reichszentrale
für jüdische Auswanderung geschaffen; Leiter wird der Chef der
Sicherheitspolizei Heydrich
21. Februar
Juden
müssen Schmuck und Edelmetalle abliefern
4. März
arbeitslose
Juden werden zu Zwangsarbeiten verpflichtet
24. März
die
zerstörten Synagogen sind durch die jüdischen Kultusvereinigungen abzutragen
30. April
Juden
müssen arische Wohnhäuser räumen und Judenhäuser beziehen
16. Juni
Heilbäder
und Kurorte sind nur noch mit Sondergenehmigung und bei
strikter Rassentrennung für Juden betretbar
1. September
Beginn
des 2. Weltkrieges Ausgangsbeschränkung für Juden ab 20 Uhr, im Sommer ab 21
Uhr
20. September
Juden
müssen Radioapparate abliefern
12./17. Oktober
erste
Deportationen von Juden aus Österreich und den Protektorat Böhmen und Mähren
nach Polen
19. Oktober
1940
23. Januar
Juden
erhalten keine Reichskleiderkarte, Lebensmittelkarten werden mit einem J
versehen
12./13. Februar
erste
Deportationen von Juden aus dem Reichsgebiet (Schneidemühl, Stettin,
Stralsund) nach Lublin
Juni
Juden
ist das Einkaufen erst ab 15.30 Uhr erlaubt
Juni/August
Madagaskar-Plan
Plan der Deutschlandabteilung des Auswärtigen Amtes, die europäischen
Juden auf der französischen Insel zu deportieren
29. Juli
Juden
werden Telefonanschlüsse gekündigt
22./23. Oktober
Juden
aus Baden, Saarpfalz und Elsaß werden ins unbesetzte Frankreich
deportiert; Internierung im Lager Gurs
24. Dezember
1941
7. Januar
Juden
müssen Sondersteuer in Höhe von 15 % entrichten
7. März
Juden
werden zur Zwangsarbeit herangezogen
1. September
Juden
ab dem sechsten Lebensjahr müssen den Gelben Stern tragen
18. September
Juden
benötigen Erlaubnis für Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln
1. Oktober
Verbot
der Auswanderung jüdischer Staatsbürger aus dem Deutschen Reich
14. Oktober
Befehl
zur Deportation von Juden aus dem Reichsgebiet (auch Berlin), Transporte
bis Januar 1942
25. November
deportierten
Juden wird die deutsche Staatsangehörigkeit aberkannt; ihr Besitz verfällt
dem Deutschen Reich
30. November
10
000 deutsche und einheimische Juden bei Riga erschossen
12. Dezember
1942
20. Januar
Wannsee-Konferenz
in Berlin: Maßnahmen zur Endlösung der Judenfrage beschlossen
15. Februar
Juden
dürfen keine Haustiere halten
17. Februar
Juden
dürfen keine Zeitungen und Zeitschriften halten
13. März
Juden
müssen ihre Wohnungen kennzeichnen
Ende März
erste
Transporte von Juden aus Deutschland und Westeuropa auch nach Auschwitz
12. Mai
Juden
dürfen keine arischen Friseure aufsuchen
11./22. Juni
Juden
erhalten keine Rauch- und Eierkarten
12. Juni
Juden
müssen alle elektrischen und optischen Geräte, Fahrräder und Schreibmaschinen
abliefern
Juni
Beginn
der Massenvergasungen in Auschwitz/Birkenau; Deportationen nach Theresienstadt
1. Juli
Unterrichtsverbot
für jüdische Schüler
30. Juli
Jüdische
Gemeinden müssen jüdische Kultgegenstände aus Edelmetall abliefern
19. September
Juden
erhalten keine Fleisch- und Milchmarken
5. Oktober
Himmler
befiehlt die Deportation aller Juden aus Konzentrationslagern im Reich nach
Auschwitz
9. Oktober
1943
27. Februar
Juden
aus Berliner Rüstungsfirmen nach Theresienstadt und Auschwitz deportiert
30. April
Juden
wird die deutsche Staatsangehörigkeit entzogen
19. Juni
Reichspropagandaminister
Goebbels erklärt Berlin für judenrein
1. Juli
zusammengestellt
aus:
Broszat, Martin; Frei, Norbert (Hrsg.):
Das Dritte Reich im Überblick. Chronik, Ereignisse, Zusammenhänge. München 1992.
Graml,
Hermann:Broszat, Martin; Frei, Norbert (Hrsg.):
Das Dritte Reich im Überblick. Chronik, Ereignisse, Zusammenhänge. München 1992.
Reichskristallnacht. Antisemitismus und Judenverfolgung im Dritten Reich. München 1988.
Juden, Christen, Deutsche. Bd. 1. Stuttgart 1990
Bd. 2/I. Stuttgart 1992
Bd. 2/II
Bd. 3/I
Bd. 3/II
http://forge.fh-potsdam.de/~SWABD/gesetze.htm
ÜBER DIE ENTJUDUNG DER KIRCHE:
http://www.evang-spittal.at/entjudaisierung.htmArisierung
Arisierung oder „Entjudung“ nannten die Nationalsozialisten die Verdrängung von Juden und „jüdischen Mischlingen“ aus Handel, Gewerbe, Wohnungen, Häusern und Wissenschaft im Sinne der Nürnberger Gesetze. Sie fand von 1933 bis 1945 im Deutschen Reich sowie angeschlossenen und besetzten Ländern statt und wird heute in der Regel als „Raub“ eingeordnet. Meist wurde sie zwar in Form als formell ordnungsgemäßer „Verkauf“ inszeniert, dieser geschah jedoch unter erheblichen faktischen und/oder behördlichen Zwängen, sodass der Verkäufer nur selten einen angemessenen Preis erzielen konnte. Dadurch erzielten einzelne Personen erhebliche Gewinne.
Von den oft unter Zwang erfolgten Verkäufen zu unterscheiden ist die Konfiszierung jüdischen Eigentums zugunsten des Staates, die teilweise parallel erfolgte und die freiwilligen Notverkäufe der Betroffen, um den Zwangsmassnahmen zuvorzukommen; oft auch in Zusammenhang mit der Vorbereitung und Finanzierung einer Emigration.
Arisierung und Konfiszierung waren Teil der Judenverfolgung im Deutschen Reich. Ein Teil der im Deutschen Reich als Juden Verfolgten emigrierte ins Ausland; bei einem anderen Teil misslang die Flucht aufgrund bürokratischer Hürden (z. B. steuerliche Unbedenklichkeitsbescheinigung) des NS-Regimes oder aufgrund von Problemen bei der Ausstellung von Einreise-Visa.[1] Ein weiterer Teil entschied sich gegen eine Flucht oder hatte nicht die finanziellen Mittel dazu. Die meisten Nicht-Emigrierten wurden ab Oktober 1941 in ein Vernichtungslager im Osten deportiert und dort ermordet.
Außerdem wurde und wird der Begriff auch verwendet, um die Vertreibung oder Vernichtung jüdischer Kulturschaffender und Wissenschaftler zu benennen. Attraktive bzw. begehrte Positionen (z. B. Stellen als Professoren an Universitäten oder Dirigenten) wurden mit Nichtjuden besetzt, nachdem der vorherige jüdische Stelleninhaber die Position nicht mehr innehatte (Kündigung, vorzeitige Versetzung in den Ruhestand oder anderes).
Ab 1933 wurden diskriminierende Gesetze und Verordnungen erlassen, die "jüdische" Mitbürger zunehmend aus dem wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leben zu gunsten sogenannter "Arier" verdrängten und aus schlossen.
Der Begriff entstand im Umfeld des völkischen Antisemitismus in den 1920er Jahren. Im Nationalsozialismus beschrieb er den Prozess der schrittweisen Verdrängung der Juden aus dem Wirtschaftsleben und den damit verbundenen Enteignungsprozessen (Entjudung) und Aneignungsprozessen (Arisierung). Dabei umfasste der Prozess nicht nur die Übereignung eines Betriebes oder Geschäftes von einem jüdischen auf einen nichtjüdischen Eigentümer, sondern auch den Verlust des größten Teils des Privatvermögens, wie Bargeld, Wertpapiere, Schmuck, Hausrat, Möbel, Kunstwerke, Grundstücke und Wohnungen.[2]
In der historischen Forschung wird der Begriff teilweise ausgedehnt auf die materielle und soziale Enteignung der Juden in der Zeit des Nationalsozialismus bis hin zur Zwangsarbeit der Juden. Teilweise wird der unscharfe Begriff dadurch vermieden, dass mit begrifflichen Spezifizierungen wie Vermögensentziehung, Verdrängung aus der Wirtschaft, Liquidation und Geschäftsaufgabe jüdischer Betriebe gearbeitet wird.[3][4]
Für die Zeit von 1933 bis 1938 spricht man von einer Phase der freiwilligen Arisierung. Die massiv zum Verkauf genötigten Personen konnten in den meisten Fällen noch entscheiden, mit welchen Personen bzw. Privatfirmen sie einen Kaufvertrag abschließen wollten, und auch die Konditionen des Verkaufs waren noch weitgehend ohne behördlichen Einfluss offiziell frei verhandelbar. Die Phase der sogenannten wilden Arisierung unter physischem Zwang begann 1938 in Österreich nach dem Anschluss Österreichs und in Deutschland rund um die Novemberpogrome und der anschließenden Verschleppung der Aktionsjuden in die KZ. Ende 1938 wurde durch staatliche Verordnungen zur staatlichen zwangsweisen Arisierung übergegangen, da das Dritte Reich nach dem Abschluss des Münchner Abkommens seine außenpolitisch bedingte Zurückhaltung aufgab.[5]
Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Der Beginn (1933 bis 1938)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Unmittelbar, nachdem sie an die Macht gekommen waren, begannen die Nationalsozialisten, die jüdische Bevölkerung zu tyrannisieren, um sie zur Auswanderung zu bewegen. Eine besondere Rolle spielte dabei die Hetze der Zeitung Der Stürmer, die in Auflagen von Hunderttausenden verkauft und in so genannten Stürmerkästen öffentlich ausgehängt wurde.[6] Der Boykott jüdischer Geschäfte wurde erstmals am 1. April 1933 deutschlandweit durchgeführt. Durch das Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums vom 7. April 1933 wurden jüdische Beamte entlassen.[7] Mit der Verordnung über die Zulassung von Ärzten zur Tätigkeit bei den Krankenkassen vom 22. April 1933 wurde nicht arischen Ärzten und solchen, die sich im kommunistischen Sinne betätigt hatten, die kassenärztliche Zulassung entzogen. Das Gesetz über die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft vom 7. April 1933 entzog jüdischen Rechtsanwälten die Zulassung. Zur Mitgliedschaft in der Reichskulturkammer wurde der Ariernachweis gefordert und jüdische und bolschewistische Künstler unterlagen somit einem faktischen Berufsverbot.
1935 wurde beschlossen, keine öffentlichen Aufträge mehr an jüdische Firmen zu vergeben, und den öffentlich Bediensteten und Parteigenossen wurde verboten, bei Juden einzukaufen. Die jüdischen Betriebe wurden auch von ihren Zulieferern isoliert, indem sich arische Lieferanten freiwillig weigerten zu liefern, durch reduzierte Rohstoffquoten der Kartelle und auch durch die Reduzierung der staatlichen Devisenzuteilung.[8] Die Gauwirtschaftsberater der NSDAP begannen den Arisierungsprozess von Betrieben auf lokaler Ebene über die Handelskammern zu steuern. Vertragsfreiheit und halbwegs faire Preise bei Unternehmensverkäufen waren nicht mehr möglich.[3]
Mit dem Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Devisenbewirtschaftung vom 1. Dezember 1936 wurden die Devisenstellen ermächtigt, sogenannte Sicherungsanordnungen unabhängig von Auswanderungsabsichten der Betroffenen auszusprechen. Damit erhielten die Devisenstellen potentiellen Zugriff auf das gesamte jüdische Vermögen.[9]
Unter diesem Druck von Judenboykott, Berufsverboten, bürokratischen Schikanen, zahlreichen diskriminierenden Gesetzen und Verordnungen und gewalttätiger Übergriffe sahen sich immer mehr Juden gezwungen, ihren Betrieb, ihr Geschäft oder persönliches Vermögen weit unter Wert zu verkaufen, um von dem Erlös zu leben oder aber auswandern zu können, wobei die Verkaufserlöse bei Auswanderung durch die Reichsfluchtsteuer und Stellen für Devisenbewirtschaftung abgeschöpft wurden. Bis 1938 waren 40 % der ehemaligen jüdischen Reichsbevölkerung vertrieben oder emigriert. Ihr Vermögen hatten sie größtenteils verloren oder zurücklassen müssen. Die zurückbleibende jüdische Bevölkerung verarmte zusehends.[10] Im Herbst 1938 befanden sich von ehemals 100.000 Betrieben jüdischer Inhaber nur noch 40.000 in den Händen ihrer rechtmäßigen Eigentümer.[11] Das jüdische Vermögen war von 12 Mrd. Reichsmark 1933 zusammengeschrumpft auf die Hälfte im Jahre 1938.[12]
Wilde Arisierung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Ausschreitungen in Österreich 1938[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
In Österreich kam es in den Wochen unmittelbar nach dem Anschluss am 12. März 1938 zu pogromartigen Ausschreitungen gegen Juden und deren Eigentum. SS-, SA-Angehörige, Gestapo- und Polizeibeamte drangen in Wohnungen und Geschäfte ein und beschlagnahmten Vermögensgegenstände. Beutegierige österreichische Partei- und Volksgenossen schlossen sich an. Mit Unterstützung der NSBO und nationalsozialistischer Mittelstandsorganisationen setzte ein regelrechter Arisierungswettlauf ein. Tausende von österreichischen Nationalsozialisten und deren Mitläufer nisteten sich im rechtsfreien Raum als kommissarische Verwalter in jüdischen Geschäften, Betrieben und Wohnungen ein und konfiszierten gegen unleserliche Quittungen eigenmächtig Vermögen jüdischer Bürger. Durch Zwangsräumungen von Häusern und Wohnungen sowie erste Vertreibungen wurden zahlreiche Immobilien für Arier verfügbar gemacht.[13]
Novemberpogrome 1938[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Im Rahmen der Novemberpogrome 1938 (auch Reichskristallnacht genannt) wurden die Synagogen in Deutschland zerstört, jüdische Geschäfte und Häuser angegriffen. Bei den hauptsächlich von Mitgliedern der SS und SA in Räuberzivil reichsweit begangenen Ausschreitungen fanden Plünderungen statt. Geld und Schmuck wurde gestohlen, Möbeleinrichtungen mit Umzugswagen abtransportiert, Autos und Motorräder "sichergestellt". Die Juden wurden in Sicherungshaft genommen und auf dem Weg in die Konzentrationslager oder dort ausgeplündert und zur Überschreibung von Vermögenswerten genötigt.[14]
Die Verordnung zur Ausschaltung der Juden aus dem deutschen Wirtschaftsleben vom 12. November 1938 schloss sich an die Reichspogromnacht an. Am 3. Dezember 1938 folgte die Verordnung über den Einsatz des jüdischen Vermögens. Die verbliebenen Betriebe jüdischer Inhaber wurden damit zwangsweise arischen Eigentümern übereignet, oder sie wurden aufgelöst. Die Erlöse wurden dabei zugunsten des Staates konfisziert. Schmuck, Juwelen, Antiquitäten und Immobilienmussten zu Preisen weit unter dem Marktwert verkauft werden. Jüdischen Arbeitnehmern wurde gekündigt, die Selbstständigen unterlagen weitgehend einem Berufsverbot.
Staatliche Zwangsarisierung ab 1939[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Ab dem 1. Januar 1939 war deutschen Juden das Betreiben von Einzelhandelsgeschäften und Handwerksbetrieben sowie das Anbieten von Waren und Dienstleistungen untersagt. Schon vorher wurden jüdische Geschäftsinhaber oder Grundstücksbesitzer unter teils öffentlichen Druck gesetzt, das Geschäft deutlich unter aktuellem Wert zu verkaufen oder zu übertragen. Oft waren daran bisherige Mitinhaber oder Angestellte beteiligt oder dadurch begünstigt, die ihre Verbindungen zur NSDAP oder ähnlichen NS-Organisationen zur privaten Bereicherung einsetzten.[11]
Den größten Anteil geraubten jüdischen Besitzes machten Immobilien als Wohn- und Geschäftshäuser aus. Ein Spekulationsgewinn, den der Käufer eines arisierten Grundstücks beim Wiederverkauf dadurch erzielen konnte, dass der jüdische Eigentümer seinerzeit nur einen Bruchteil des Verkehrswerts erhalten hatte, war nach Auffassung Fritz Reinhardts als Arisierungsgewinn von der Einkommensteuer freizustellen. Die forcierte Arisierung des Hausbesitzes wurde jedoch zunächst hintenangestellt. 1939 nahm der Druck auf den Verkauf jüdischen Grundbesitzes allerdings zu, gleichzeitig entzog das Gesetz über Mietverhältnisse mit Juden den noch in Deutschland lebenden Juden die Mietrechte, wobei sie nach und nach in sogenannte Judenhäuser eingewiesen wurden. Nach den Deportationen wurde das noch verbleibende jüdische Hauseigentum verstaatlicht.
Am 22. August 1940 wurde die Vugesta (auch VUGESTAP für „Verkauf jüdischen Umzugsgutes Gestapo“) gegründet,[15] die in den Jahren 1940 bis 1945 agierte und eine zentrale Rolle spielte für die Umverteilung geraubten Privateigentums jüdischer Österreicher.
Mit der Elften Verordnung zum Reichsbürgergesetz vom 25. November 1941 verfiel das Vermögen von deportierten Juden zu Gunsten des Reiches. Mit der Dreizehnten Verordnung vom 1. Juli 1943 fiel auch das Vermögen verstorbener Juden dem Reich zu. Das Reichsfinanzministerium gab unter der Tarnbezeichnung Aktion 3 ab Anfang November 1941 Anweisungen an seine untergeordneten Behörden heraus, wie bei der Einziehung dieses Vermögens zu verfahren sei. Damit war im Reichsgebiet nach Abschluss der Deportationen die Arisierung des jüdischen Vermögens formaljuristisch abgeschlossen.[16]
Die neuen Eigentümer[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Das Ergebnis der Eigentumsübertragung von jüdischen Besitzern hing vom Charakter der Käufer ab. Es gab:[17]
- Aktive und skrupellose Profiteure, die den durch die Zwangssituation der Verkäufer schon niedrigen Kaufpreis durch Drohungen, Denunziationen und Zusammenarbeit mit Genehmigungsinstanzen rücksichtslos weiter drückten.
- Stille Teilhaber, die sich mit dem Arisierungsgewinn begnügten, der sich durch die Zwangssituation und bei Firmen durch die Minderbewertung von Inventar und Forderungen ergab.
- Gutwillige und verständnisvolle Käufer, die anständige Preise vereinbarten und manchmal sogar mehr zahlten, als im Vertrag ausgewiesen war, und damit den jüdischen Verkäufern ermöglichten, über einen Teil des Kaufpreises an den Kontrollen vorbei frei zu verfügen.
Unternehmen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Unternehmen konnten mit der Arisierung ihren Profit steigern. Auch staatliche Institutionen wie Auktionshäuser und vor allem Museen konnten zu wertvollen Gegenständen kommen. Das Inventar von Häusern und Wohnungen wurde vor Ort für Tage zur Besichtigung und zum Kauf angeboten.[18][19]
Viele Unternehmen und Unternehmensanteile wurden weit unter dem wirtschaftlichen Wert veräußert. Einige davon – z. B. das Kaufhaus Hertie (vormals Hermann Tietz, das größte Kaufhaus Berlins), die Salzgitter AG als Nachfolgerin des arisierenden Rüstungs- und Metallkonzerns Hermann-Göring-Werke, Günther Quandt, der für seinen Konzern zahlreiche jüdische Unternehmen erwarb,[20] und Friedrich Flick – spielten eine wichtige Rolle in den späteren Aufbaujahren der Bundesrepublik Deutschland und sahen sich dem Vorwurf ausgesetzt, das „deutsche Wirtschaftswunder“ beruhe zum Teil auf geraubten Werten.
Maßgeblich an der Arisierung in Deutschland beteiligt waren unter anderem die Unternehmen Dorotheum, Schenker, Neckermann und Hertie.
Museen und Kunstsammlungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Von der Arisierung profitierten angesehene Museen wie das Kunsthistorische Museum Wien, das Naturhistorische Museum Wien, das Technische Museum Wien, die Albertina (Wien), die Österreichische Galerie Belvedere und das Österreichische Museum für Volkskunde. Die Frankfurter Museen stritten sich mit der Gestapo um Kunstgegenstände aus der Plünderung von jüdischen Institutionen und sandten Aufkäufer in die besetzten Länder, die Kunstgegenstände aus jüdischem Besitz erwarben, deren Handelswert in Deutschland das fünffache des Kaufpreises betrug.[21]
Adolf Hitler ließ für sein geplantes Führermuseum Linz Raubkunst in ganz Europa beschaffen. Hermann Göring – als Beauftragter des Vierjahresplanes maßgeblich für die staatliche Arisierung zuständig – baute eine große Kunstsammlung in Carinhall auf.[22] Ihnen eiferten weitere Nazis nach.[23] Beschlagnahmte Judaica und Hebraica wurden zentral im Institut zur Erforschung der Judenfrage Frankfurt zusammengeführt. Die SS eröffnete das Jüdische Museum in Prag wieder und baute es zum Zentralmuseum zur Sammlung jüdischen sakralen Gerätes aus dem Protektorat Böhmen und Mähren aus. Die Kultusgemeinden sandten viele Ausstellungsstücke nach Prag, um sie vor Plünderung und Vandalismus zu bewahren.
Städte und Gemeinden[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Städte und Gemeinden, unterstützt durch den 1933 gegründeten Deutschen Gemeindetag, sahen die Arisierung von jüdischem Vermögen als eine Kompensation für die Kosten der Wohlfahrtsleistungen an, die durch die verarmende jüdische Bevölkerung entstanden. Nach der Reichspogromnacht 1938 kauften sie beschädigte oder zerstörte Synagogen, jüdische Friedhöfe, Krankenhäuser und Altersheime zu Niedrigstpreisen an, da hohe Kosten für den Abriss anstanden. Zum Beispiel in Bad Buchau erwarb die Gemeinde das Synagogengrundstück so günstig, dass der Kaufvertrag vom Innenministerium als jüdische Schenkung gewertet und für nichtig erklärt wurde, da dies gegen rassische Grundsätze verstieß. Die jüdischen Stiftungen wurden unter arische Kontrolle gebracht, Satzungsänderungen durch Erlass des Reichsinnenministeriums vom 8. Mai 1938 erzwungen und in rassisch geeignetere Stiftungen eingebracht.[24][25]
Steuern und Abgaben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Das Deutsche Reich und seine Finanzbehörden waren der größte Ariseur und profitierten durch verschiedene Abgaben und die Verwaltung und Verwertung konfiszierten Eigentums von jüdischen Emigranten und später von Deportierten.[2]
Reichsfluchtsteuer[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Reichsfluchtsteuer wurde im Dezember 1931 eingeführt und sollte die Auswanderung aus Deutschland besteuern, um so der Kapitalabwanderung und Steuerflucht entgegenzuwirken. Als sich nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten immer mehr Juden wegen ihrer Diskriminierung und Verfolgung in Deutschland zur damals noch staatlich gewollten Auswanderung entschieden, wurden 1934 die Freibeträge von 200.000 RM auf 50.000 RM für Vermögen und von 20.000 RM auf 10.000 RM Einkommen gesenkt. Die Reichsfluchtsteuer entwickelte sich zu einem Instrument, mit dem den ausreisenden Juden deren Gewinne nach der NS-Ideologie teilweise wieder entzogen wurde. Das Steueraufkommen stieg bis Kriegsbeginn deutlich.[26]
Erhebungszeitraum | Reichsmark[27] |
---|---|
1932/33 | 1.000.000 |
1935/36 | 45.000.000 |
1936/37 | 70.000.000 |
1937/38 | 81.000.000 |
1938/39 | 342.000.000 |
Dego-Abgabe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
In Deutschland bestand seit 1931 eine Devisenverkehrsbeschränkung, so dass die Ausfuhr von Reichsmark und der Erwerb von Devisen genehmigungspflichtig und nur über ein Sperrmark-Konto bei der Deutschen Golddiskontbank (kurz: Dego) erfolgte. Diese behielt im staatlichen Auftrag einen Prozentsatz des Transferbetrages, die sogenannte Dego-Abgabe, ein. Ab 1938 wurde diese Abgabe auf den Gegenwert des bei der Emigration mitgeführten Umzugsgutes ausgeweitet. Die Abgabe betrug 20 % im Jahr 1934 und wurde schrittweise auf 96 % im Jahr 1939 erhöht.[26]
Judenvermögensabgabe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Mit der Judenvermögensabgabe vom 12. November 1938 wollte das Deutsche Reich einerseits seine durch die Aufrüstung der Wehrmacht angespannte Finanzsituation verbessern und zweitens eine propagandistisch behauptete feindliche Haltung des Judentums gegenüber dem deutschen Volk nach Herschel Grynszpans Attentat auf Ernst Eduard vom Rath sühnen.[28] Eine Abgabegebühr von 20 % für jüdisches Vermögen ab 5000 Reichsmark führte zu weiteren Verkäufen.
Steuerjahr | Reichsmark[29] |
---|---|
1938 | 498.514.808 |
1939 | 533.126.504 |
1940 | 94.971.184 |
Gesamt: | 1.126.612.496 |
Arisierungsabgabe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Selbstbereicherung und Korruption unter den NSDAP-Mitgliedern bis hinauf zu den Gauleitern nahm bis 1938 ein Ausmaß an, dass eine Kommission diese ab 1939 untersuchte. Daraufhin wurde eine Abgabe von 70 % auf den Arisierungsgewinn - die Differenz zwischen Verkehrswert und Kaufpreis - eingeführt.[9]
Restitution nach dem Zweiten Weltkrieg[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Über die Art und Weise der Rückgabe von Vermögensgegenständen, die den ehemaligen Eigentümern 1933–1945 entzogen wurden, konnten sich die vier Besatzungsmächte nicht einigen. Dies wurde deshalb unterschiedlich geregelt.
In der amerikanischen Besatzungszone wurde hierzu am 10. November 1947 das Gesetz Nr. 59 der Militärregierung erlassen. Hiernach waren unter anderem alle Rechtsgeschäfte anfechtbar, bei denen eine Zwangslage nicht von vornherein auszuschließen war. Dies umfasste nicht nur Verkäufe, bei denen ein eindeutig zu niedriger Kaufpreis bezahlt wurde, sondern auch alle Verkäufe nach dem 15. September 1935 – dem Datum des Inkrafttretens der Nürnberger Gesetze –, selbst wenn ein angemessener Kaufpreis bezahlt worden war. Rechte an herrenlosen Gegenständen (kein Eigentümer bzw. Erbe mehr vorhanden) wurden der jüdischen Organisation JRSO (Jewish Restitution Successor Organization) übertragen. Wollte der arische Erwerber Eigentümer bleiben, musste er den Betrieb, das Grundstück oder den Gegenstand erneut erwerben. Der früher bezahlte Kaufpreis wurde nur unvollständig angerechnet – gekürzt um Miet- oder Pachtansprüche und abgewertet im Verhältnis 1 zu 10 (Umrechnungskurs DM zur RM).
In der britischen und der französischen Besatzungszone traten später ähnliche Bestimmungen in Kraft.
In der Bundesrepublik, in der im Rahmen der so bezeichneten Wiedergutmachungspolitik seit 1957 das Bundesrückerstattungsgesetz gilt, bestand ab 1955 das internationale Oberste Rückerstattungsgericht, daneben existierte für Berlin (West) seit 1953 das Oberste Rückerstattungsgericht für Berlin.
Die Wiedergutmachung für Vermögensschäden aufgrund nationalsozialistischer Verfolgungsmaßnahmen war in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) und später in der DDR unterblieben. Das Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen (VermG) von 1990[30] ist in seinen vermögensrechtlichen Bestimmungen auf verfolgungsbedingte Vermögensverluste entsprechend anwendbar (§ 1 Abs. 6 VermG) und dokumentiert damit, „dass die sich durch die Wiedervereinigung bietende Gelegenheit zur abschließenden Generalbereinigung dieses Problems genutzt werden sollte“.[31]
In Österreich sind von 1946 bis 1998 acht Rückstellungsgesetze erlassen worden.
Ausland[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Dänemark[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Deutsche Unternehmensteile in Dänemark und dänische Lieferanten nach Deutschland arisierten unter wirtschaftlichem Druck ihre Geschäftsleitungen und Firmenvertreter.[32] Den dänischen Behörden gelang es nach der Deportation bzw. Rettung der dänischen Juden, deren zurückgelassenes Vermögen zu schützen.[33]
Frankreich[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Am 27. September 1940 verfügte der Militärbefehlshaber von Paris Otto von Stülpnagel die Meldepflicht für Juden und am 18. Oktober 1940 für jüdische Betriebe im besetzten Frankreich. Im November 1940 teilte er seinen Militärbezirkschefs mit, dass die Arisierung jüdischen Vermögens durch Walther von Brauchitsch angeordnet worden sei. Die Arisierung lief über den Service du Controle der Vichy-Regierung, wobei sich Stülpnagel die Ernennung von Treuhändern für jüdische Industriebetriebe vorbehielt, um deutsche Kaufinteressenten begünstigen zu können.[8] Stülpnagel ordnete am 17. Dezember 1941 eine „Judenbuße“ von einer Milliarde Francs an, die die Vereinigung der Juden in Frankreich in Raten zahlen musste.[34]
Italien[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
AusklappenBildtext (mit Übersetzung) |
Das faschistische Italien unter Mussolini übernahm aus Opportunismus eine antisemitische Politik mit der Zielsetzung „nicht verfolgen, sondern diskriminieren“.[35] Mitte November 1938 wurde die antijüdische Charta fertig und anschließend wurden Juden und jüdisches Vermögen definiert und erfasst. In wirtschaftlicher Hinsicht schnitt man den Juden langsam die Lebensadern ab. Der Katalog diskriminierender Gesetze und Verordnungen wurde fast im Wochentakt erweitert und verschärft und zwar nicht nur von der Regierung, sondern auch von den Kommunen und Provinzen.[36]
Die italienischen Rassegesetze sahen auch Ausnahmeregelungen für verdiente Juden und Zweifelsfälle vor, die als Personen "arisiert" werden konnten. Die darauf entstehende Korruption wurde so skandalös und berüchtigt, dass die Generaldirektion für Demographie- und Rassenfragen (Direzione generale per la demographia e la razza) sogar innerhalb der faschistischen Partei kritisiert wurde.[37]
In Italienisch-Libyen widersetzte sich der Gouverneur Italo Balbo gegen eine zu strikte Befolgung der Regelungen und erhielt von Mussolini die gewünschte Freiheit, die Gesetze und Verordnungen nur in der Weise umzusetzen, wie es die libyschen Verhältnisse erlaubten.[38] Die Rassengesetze und -verordnungen wurden auch auf die annektierten Regionen ausgedehnt, während man sich in den italienisch besetzten Gebieten Südfrankreichs, Jugoslawiens und Griechenlands nicht um die Rassenfrage kümmerte.[39]
Luxemburg[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Am 5. September 1940 erließ der Chef der Zivilverwaltung und Gauleiter des Moselland Gustav Simon eine Verordnung zur Enteignung der jüdischen Vermögenswerte.[40] Mit der Durchführung wurde Gauinspektor Josef Ackermann betraut. Von 335 jüdischen Betrieben wurden 75 arisiert und die weiteren liquidiert.[41] Einrichtungsgegenstände, die geflüchtete Juden zurückgelassen hatten, wurden der Zivilverwaltung in Luxemburg, Reichsbahn, Reichspost, Hitlerjugend usw. zur Verfügung gestellt.[42]
Norwegen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Im Herbst 1941 wurde durch die norwegische Kollaborationsregierung unter Vidkun Quisling den jüdischen Rechtsanwälten die Zulassung entzogen und jüdische Mitarbeiter mussten aus dem öffentlichen Dienst ausscheiden. Das Vermögen der Juden wurde eingezogen und durch deutsche und norwegische Stellen verwertet.[43]
Schweden[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die stark von Deutschland abhängige schwedische Wirtschaft durchlief ebenfalls einen Arisierungsprozess. In Deutschland getroffene Entscheidungen veränderten die Eigentümerschaft, das Management und die Zusammensetzung der Angestellten in den schwedischen Niederlassungen deutscher Unternehmen. Schwedische Unternehmen arisierten sich freiwillig aus politischem Opportunismus oder der Angst vor wirtschaftlichen Nachteilen, indem jüdische Mitarbeiter entlassen wurden und jüdische Eigentümer und Manager ausscheiden mussten oder zumindest in den Hintergrund gedrängt wurden.[44]
Serbien[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Am 30. Mai 1941 wurde vom Militärbefehlshaber eine Judenverordnung bekannt gegeben. Die Juden wurden registriert, mit Kontributionszahlungen in Form von Abgaben belegt, ihre Grundvermögen arisiert, für die jüdischen Betriebe Treuhänder eingesetzt und die Juden aus dem öffentlichen Leben ausgeschlossen und aus dem gesellschaftlichen verdrängt.[45] Die Zwangsarisierung wurde am 22. Juli 1941 verordnet. Dr. Neuhausen, der Generalbevollmächtigte für die Wirtschaft, sorgte für den Verkauf an arische und überwiegend deutsche Interessenten. Der Erlös aus dem Verkauf der Betriebe und schließlich auch der hinterlassenen Möbel wurde beschlagnahmt.[46]
ÜBER DIE ENTJUDUNG DER KIRCHE:
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