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Dienstag, 28. August 2018

DENKANSTÖSSE ZUR ENTJUDUNG DEUTSCHLANDS, EUROPAS UND DER FREIEN WELT


Entjudung

schon 1881 von Eugen Dühring verwendeter Begriff für die Verdrängung der Juden als "völkische Aufgabe". Als Punkt 4 ins NSDAP-Programm aufgenommen ("Kein Jude kann ... Volksgenosse sein"), bezeichnete Entjudung im Dritten Reich zunächst den Ausschluss der Juden und "jüdisch versippter" Bürger aus dem Staatsdienst und dem öffentlichen Leben (Arierparagraph), später ihre Ausstoßung aus dem Wirtschaftsleben (Arisierung) und schließlich aus dem Leben selbst (Endlösung). Dieses Völkermord-Konzept der Entjudung erscheint im biologistischen Jargon des Nationalsozialismus als Stoffwechselvorgang, bei dem es darum gehe, "das tief in den deutschen Volkskörper eingedrungene Judentum auszuscheiden".

Maßnahmen/Gesetze gegen Juden im "Dritten Reich"


1933 | 1934 | 1935 | 1936 | 1937 | 1938 | 1939 | 1940 | 1941 | 1942 | 1943 |

1933


März

erste lokale Ausschreitungen der SA gegen Juden

1. April

Boykott jüdischer Geschäfte

7. April

Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums durch den Arierparagraphen werden die jüdischen Beamten (11. April), Arbeiter und Angestellte bei den Behörden (4. Mai) und jüdische Honorarprofessoren, Privatdozenten und Notare entlassen

22. April

jüdische Ärzte dürfen nicht mehr für Krankenkassen arbeiten

25. April

Gesetz gegen die Überfüllung deutscher Schulen und Hochschulen Begrenzung der Anzahl jüdischer Schüler und Studenten entsprechend dem Bevölkerungsanteil auf 1,5 %

14. Juli

Gesetz über den Widerruf von Einbürgerungen und die Aberkennung der deutschen Staatsangehörigkeit Gesetz richtet sich gegen die Ostjuden

29. September

Reichserbhofgesetz: Bauer kann nur sein, wer deutscher Staatsbürger, deutschen oder stammesgleichen Blutes und ehrbar ist.

28. Dezember

jährliche Begrenzung der Neuaufnahme jüdischer Studenten an den Hochschulen auf 15 000

1934


5. Februar

Ausschluß jüdischer Studenten von Examen für Ärzte und Zahnärzte

22. Juli

jüdische Studenten nicht mehr zu Prüfungen beim Jurastudium zugelassen

18. August

Einschränkung der Zahl jüdischer Berufsschüler

8. Dezember

Juden nicht mehr zur Apothekerprüfung zugelassen

1935


13. Februar

Zulassungsbeschränkung für Zahnärzte

Mai-August

Boykottpropaganda gegen Juden gewaltsame Ausschreitungen in verschiedenen Städten lokale Verbote verbieten Juden den Zutritt zu Kinos, Schwimmbädern, Parkanlagen, Kurorten, Gaststätten

21. Mai

Arierparagraph für Offiziere

26. Juni

Juden wird der Eintritt in den Reichsarbeitsdienst verboten

8. Juli

Ariernachweis notwendig für die Aufnahme in die Reichsschaft der Studierenden

25. Juli

Nichtarier werden vom Wehrdienst ausgeschlossen

6. August

jüdische Künstler werden im Reichsverband jüdischer Kulturschaffender zwangserfaßt

10. September

Reichserziehungsminister Rust will noch im Schuljahr 1936 eine möglichst vollständige Rassentrennung durchführen

15. September

auf dem NSDAP-Parteitag Parteitag der Freiheit werden die Nürnberger Gesetze verkündet Reichsbürgergesetz,Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre

14. November

Erste Verordnung zum Reichsbürgergesetz entfernt Juden aus dem Staatsdienst und den öffentlichen Ämtern

1936


11. Januar

Juden dürfen nicht mehr als Steuerhelfer arbeiten

24. März

keine staatlichen Beihilfen mehr für kinderreiche jüdische Familien

26. März

Juden nicht mehr als Leiter oder Pächter von Apotheken zugelassen

15. Oktober

jüdische Lehrer dürfen keinen Privatunterricht an deutschblütige Schüler erteilen

1937


15. April

Juden dürfen nicht mehr promovieren

2. Juli

durch Runderlaß des Reichserziehungsministeriums werden Sonderklassen für jüdische Schüler an öffentlichen Schulen gebildet

4. November

Juden wird der Deutsche Gruß verboten

1938


28. März

Jüdische Gemeinden werden von bisher Körperschaften öffentlichen Rechts zu privaten Vereinen herabgesetzt

22. April

Verordnungen gegen die Tarnung jüdischer Betriebe durch arische Geschäftspartner

26. April

Anmeldung jüdischen Vermögens über 5 000 RM

19. Mai

1. Verordnung zum Personenstandsgesetz; frühere Zugehörigkeit zur jüdischen Religion ist zu vermerken

9. Juni

Zerstörung der Münchener Synagoge

14. Juni

jüdische Betriebe sind als solche zu kennzeichnen (3. Verordnung zum Reichsbürgergesetz)

15. Juni

Juni-Aktion ca. 1 500 jüdische Bürger werden, da sie als vorbestraft gelten (auch Verkehrsdelikt), verhaftet und in Konzentrationslager verbracht

Juni

Juden und Nichtjuden müssen in Krankenhäusern getrennt werden

6. Juli

Juden dürfen Auskunfteien, Maklergeschäfte, Bewachungsbetriebe, Heiratsvermittlungen, Hausverwaltungen, Fremdenführung und Wandergewerbe nicht mehr betreiben

23. Juli

Einführung einer mit J versehenen Kennkarte für Juden; gilt ab 1.1.39

25. Juli

allgemeines Berufsverbot für jüdische Ärzte; jüdische Ärzte dürfen nur noch Juden behandeln

10. August

Zerstörung der Synagoge in Nürnberg

17. August

Juden müssen ab 1.1.39 den zusätzlichen Vornamen Sara bzw. Israel annehmen Reichserziehungsminister Rust läßt die gesamte jüdische und hebräische Literatur in Deutschland erfassen

27. September

Berufsverbot für jüdische Rechtsanwälte; dürfen als Konsulenten nur noch jüdische Klienten vertreten

5. Oktober

Reisepässe von Juden werden eingezogen; Neuausstellungen sind mit einem J versehen

28. Oktober

17 000 Juden polnischer Staatsangehörigkeit werden ausgewiesen und an die polnische Grenze gebracht

9. November

Reichskristallnacht

10. November

Jüdische Zeitungen werden verboten; es erscheint nur das offizielle Jüdische Nachrichtenblatt

12. November

Verbot der Teilnahme an öffentlichen Veranstaltungen; als Sühneleistung müssen die deutschen Juden 1 Milliarde RM zahlen

15. November

Verbot des Besuchs öffentlicher Schulen

19. November

Juden haben nur noch Anspruch auf jüdische Wohlfahrtsunterstützung

21. November

Judenvermögensabgabe wird bei einem Freibetrag von 5 000 RM auf 20 % des Vermögens festgesetzt

3. Dezember

Führerscheine und Kraftfahrzeugzulassungen von Juden werden eingezogen

8. Dezember

Verbot des Besuchs von Hochschulen

12. Dezember

Beschränkungen bei der Ausfuhr von Wertsachen und Devisen bei der Auswanderung

21. Dezember

jüdische Schulkinder weiterhin schulpflichtig; nur noch Besuch jüdischer Privatschulen erlaubt

28. Dezember

Judenbann Verbot des Besuchs bestimmter öffentlicher Einrichtungen; Fahrt in Schlaf- und Speisewagen wird für Juden verboten

31. Dezember

Jüdische Verlage und Buchhandlungen geschlossen

1939


1. Januar

Verbot aller jüdischen Organisationen

17. Januar

jüdischen Zahn- und Tierärzten sowie Apothekern wird die Zulassung entzogen

24. Januar

Reichszentrale für jüdische Auswanderung geschaffen; Leiter wird der Chef der Sicherheitspolizei Heydrich

21. Februar

Juden müssen Schmuck und Edelmetalle abliefern

4. März

arbeitslose Juden werden zu Zwangsarbeiten verpflichtet

24. März

die zerstörten Synagogen sind durch die jüdischen Kultusvereinigungen abzutragen

30. April

Juden müssen arische Wohnhäuser räumen und Judenhäuser beziehen

16. Juni

Heilbäder und Kurorte sind nur noch mit Sondergenehmigung und bei strikter Rassentrennung für Juden betretbar

1. September

Beginn des 2. Weltkrieges Ausgangsbeschränkung für Juden ab 20 Uhr, im Sommer ab 21 Uhr

20. September

Juden müssen Radioapparate abliefern

12./17. Oktober

erste Deportationen von Juden aus Österreich und den Protektorat Böhmen und Mähren nach Polen

19. Oktober

als Sühneleistung wird die Vermögensabgabe der Juden von 20 % auf 25 % erhöht

1940


23. Januar

Juden erhalten keine Reichskleiderkarte, Lebensmittelkarten werden mit einem J versehen

12./13. Februar

erste Deportationen von Juden aus dem Reichsgebiet (Schneidemühl, Stettin, Stralsund) nach Lublin

Juni

Juden ist das Einkaufen erst ab 15.30 Uhr erlaubt

Juni/August

Madagaskar-Plan Plan der Deutschlandabteilung des Auswärtigen Amtes, die europäischen Juden auf der französischen Insel zu deportieren

29. Juli

Juden werden Telefonanschlüsse gekündigt

22./23. Oktober

Juden aus Baden, Saarpfalz und Elsaß werden ins unbesetzte Frankreich deportiert; Internierung im Lager Gurs

24. Dezember

Juden müssen neben der Einkommensteuer noch eine 15%ige Sozialausgleichsabgabe entrichten

1941


7. Januar

Juden müssen Sondersteuer in Höhe von 15 % entrichten

7. März

Juden werden zur Zwangsarbeit herangezogen

1. September

Juden ab dem sechsten Lebensjahr müssen den Gelben Stern tragen

18. September

Juden benötigen Erlaubnis für Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln

1. Oktober

Verbot der Auswanderung jüdischer Staatsbürger aus dem Deutschen Reich

14. Oktober

Befehl zur Deportation von Juden aus dem Reichsgebiet (auch Berlin), Transporte bis Januar 1942

25. November

deportierten Juden wird die deutsche Staatsangehörigkeit aberkannt; ihr Besitz verfällt dem Deutschen Reich

30. November

10 000 deutsche und einheimische Juden bei Riga erschossen

12. Dezember

Verbot der Benutzung öffentlicher Telefone für Juden

1942


20. Januar

Wannsee-Konferenz in Berlin: Maßnahmen zur Endlösung der Judenfrage beschlossen

15. Februar

Juden dürfen keine Haustiere halten

17. Februar

Juden dürfen keine Zeitungen und Zeitschriften halten

13. März

Juden müssen ihre Wohnungen kennzeichnen

Ende März

erste Transporte von Juden aus Deutschland und Westeuropa auch nach Auschwitz

12. Mai

Juden dürfen keine arischen Friseure aufsuchen

11./22. Juni

Juden erhalten keine Rauch- und Eierkarten

12. Juni

Juden müssen alle elektrischen und optischen Geräte, Fahrräder und Schreibmaschinen abliefern

Juni

Beginn der Massenvergasungen in Auschwitz/Birkenau; Deportationen nach Theresienstadt

1. Juli

Unterrichtsverbot für jüdische Schüler

30. Juli

Jüdische Gemeinden müssen jüdische Kultgegenstände aus Edelmetall abliefern

19. September

Juden erhalten keine Fleisch- und Milchmarken

5. Oktober

Himmler befiehlt die Deportation aller Juden aus Konzentrationslagern im Reich nach Auschwitz

9. Oktober

Juden dürfen nicht mehr in arischen Buchhandlungen kaufen

1943


27. Februar

Juden aus Berliner Rüstungsfirmen nach Theresienstadt und Auschwitz deportiert

30. April

Juden wird die deutsche Staatsangehörigkeit entzogen

19. Juni

Reichspropagandaminister Goebbels erklärt Berlin für judenrein

1. Juli

Juden in Deutschland verlieren Rechtsschutz durch die Justiz und unterstehen nur noch der Polizei

zusammengestellt aus:
Broszat, Martin; Frei, Norbert (Hrsg.): 
Das Dritte Reich im Überblick. Chronik, Ereignisse, Zusammenhänge. München 1992.
Graml, Hermann:
Reichskristallnacht. Antisemitismus und Judenverfolgung im Dritten Reich. München 1988.
Juden, Christen, Deutsche. Bd. 1. Stuttgart 1990
Bd. 2/I. Stuttgart 1992
Bd. 2/II
Bd. 3/I
Bd. 3/II
http://forge.fh-potsdam.de/~SWABD/gesetze.htm

Arisierung

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Kaufhaus Geschwister Knopf in arischem Besitz“, Anzeige in Der Führer 22. September 1938
Arisierung oder „Entjudung“ nannten die Nationalsozialisten die Verdrängung von Juden und „jüdischen Mischlingen“ aus Handel, Gewerbe, Wohnungen, Häusern und Wissenschaft im Sinne der Nürnberger Gesetze. Sie fand von 1933 bis 1945 im Deutschen Reich sowie angeschlossenen und besetzten Ländern statt und wird heute in der Regel als „Raub“ eingeordnet. Meist wurde sie zwar in Form als formell ordnungsgemäßer „Verkauf“ inszeniert, dieser geschah jedoch unter erheblichen faktischen und/oder behördlichen Zwängen, sodass der Verkäufer nur selten einen angemessenen Preis erzielen konnte. Dadurch erzielten einzelne Personen erhebliche Gewinne.
Von den oft unter Zwang erfolgten Verkäufen zu unterscheiden ist die Konfiszierung jüdischen Eigentums zugunsten des Staates, die teilweise parallel erfolgte und die freiwilligen Notverkäufe der Betroffen, um den Zwangsmassnahmen zuvorzukommen; oft auch in Zusammenhang mit der Vorbereitung und Finanzierung einer Emigration.
Arisierung und Konfiszierung waren Teil der Judenverfolgung im Deutschen Reich. Ein Teil der im Deutschen Reich als Juden Verfolgten emigrierte ins Ausland; bei einem anderen Teil misslang die Flucht aufgrund bürokratischer Hürden (z. B. steuerliche Unbedenklichkeitsbescheinigung) des NS-Regimes oder aufgrund von Problemen bei der Ausstellung von Einreise-Visa.[1] Ein weiterer Teil entschied sich gegen eine Flucht oder hatte nicht die finanziellen Mittel dazu. Die meisten Nicht-Emigrierten wurden ab Oktober 1941 in ein Vernichtungslager im Osten deportiert und dort ermordet.
Außerdem wurde und wird der Begriff auch verwendet, um die Vertreibung oder Vernichtung jüdischer Kulturschaffender und Wissenschaftler zu benennen. Attraktive bzw. begehrte Positionen (z. B. Stellen als Professoren an Universitäten oder Dirigenten) wurden mit Nichtjuden besetzt, nachdem der vorherige jüdische Stelleninhaber die Position nicht mehr innehatte (Kündigung, vorzeitige Versetzung in den Ruhestand oder anderes).
Ab 1933 wurden diskriminierende Gesetze und Verordnungen erlassen, die "jüdische" Mitbürger zunehmend aus dem wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leben zu gunsten sogenannter "Arier" verdrängten und aus schlossen.
Der Begriff entstand im Umfeld des völkischen Antisemitismus in den 1920er Jahren. Im Nationalsozialismus beschrieb er den Prozess der schrittweisen Verdrängung der Juden aus dem Wirtschaftsleben und den damit verbundenen Enteignungsprozessen (Entjudung) und Aneignungsprozessen (Arisierung). Dabei umfasste der Prozess nicht nur die Übereignung eines Betriebes oder Geschäftes von einem jüdischen auf einen nichtjüdischen Eigentümer, sondern auch den Verlust des größten Teils des Privatvermögens, wie Bargeld, Wertpapiere, Schmuck, Hausrat, Möbel, Kunstwerke, Grundstücke und Wohnungen.[2]
In der historischen Forschung wird der Begriff teilweise ausgedehnt auf die materielle und soziale Enteignung der Juden in der Zeit des Nationalsozialismus bis hin zur Zwangsarbeit der Juden. Teilweise wird der unscharfe Begriff dadurch vermieden, dass mit begrifflichen Spezifizierungen wie Vermögensentziehung, Verdrängung aus der Wirtschaft, Liquidation und Geschäftsaufgabe jüdischer Betriebe gearbeitet wird.[3][4]
Für die Zeit von 1933 bis 1938 spricht man von einer Phase der freiwilligen Arisierung. Die massiv zum Verkauf genötigten Personen konnten in den meisten Fällen noch entscheiden, mit welchen Personen bzw. Privatfirmen sie einen Kaufvertrag abschließen wollten, und auch die Konditionen des Verkaufs waren noch weitgehend ohne behördlichen Einfluss offiziell frei verhandelbar. Die Phase der sogenannten wilden Arisierung unter physischem Zwang begann 1938 in Österreich nach dem Anschluss Österreichs und in Deutschland rund um die Novemberpogrome und der anschließenden Verschleppung der Aktionsjuden in die KZ. Ende 1938 wurde durch staatliche Verordnungen zur staatlichen zwangsweisen Arisierung übergegangen, da das Dritte Reich nach dem Abschluss des Münchner Abkommens seine außenpolitisch bedingte Zurückhaltung aufgab.[5]

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Beginn (1933 bis 1938)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]


Judenboykott“, 1. April 1933 in Berlin: SA-Mitglied vor dem Warenhaus Tietz
Unmittelbar, nachdem sie an die Macht gekommen waren, begannen die Nationalsozialisten, die jüdische Bevölkerung zu tyrannisieren, um sie zur Auswanderung zu bewegen. Eine besondere Rolle spielte dabei die Hetze der Zeitung Der Stürmer, die in Auflagen von Hunderttausenden verkauft und in so genannten Stürmerkästen öffentlich ausgehängt wurde.[6] Der Boykott jüdischer Geschäfte wurde erstmals am 1. April 1933 deutschlandweit durchgeführt. Durch das Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums vom 7. April 1933 wurden jüdische Beamte entlassen.[7] Mit der Verordnung über die Zulassung von Ärzten zur Tätigkeit bei den Krankenkassen vom 22. April 1933 wurde nicht arischen Ärzten und solchen, die sich im kommunistischen Sinne betätigt hatten, die kassenärztliche Zulassung entzogen. Das Gesetz über die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft vom 7. April 1933 entzog jüdischen Rechtsanwälten die Zulassung. Zur Mitgliedschaft in der Reichskulturkammer wurde der Ariernachweis gefordert und jüdische und bolschewistische Künstler unterlagen somit einem faktischen Berufsverbot.
1935 wurde beschlossen, keine öffentlichen Aufträge mehr an jüdische Firmen zu vergeben, und den öffentlich Bediensteten und Parteigenossen wurde verboten, bei Juden einzukaufen. Die jüdischen Betriebe wurden auch von ihren Zulieferern isoliert, indem sich arische Lieferanten freiwillig weigerten zu liefern, durch reduzierte Rohstoffquoten der Kartelle und auch durch die Reduzierung der staatlichen Devisenzuteilung.[8] Die Gauwirtschaftsberater der NSDAP begannen den Arisierungsprozess von Betrieben auf lokaler Ebene über die Handelskammern zu steuern. Vertragsfreiheit und halbwegs faire Preise bei Unternehmensverkäufen waren nicht mehr möglich.[3]
Mit dem Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Devisenbewirtschaftung vom 1. Dezember 1936 wurden die Devisenstellen ermächtigt, sogenannte Sicherungsanordnungen unabhängig von Auswanderungsabsichten der Betroffenen auszusprechen. Damit erhielten die Devisenstellen potentiellen Zugriff auf das gesamte jüdische Vermögen.[9]
Unter diesem Druck von JudenboykottBerufsverboten, bürokratischen Schikanen, zahlreichen diskriminierenden Gesetzen und Verordnungen und gewalttätiger Übergriffe sahen sich immer mehr Juden gezwungen, ihren Betrieb, ihr Geschäft oder persönliches Vermögen weit unter Wert zu verkaufen, um von dem Erlös zu leben oder aber auswandern zu können, wobei die Verkaufserlöse bei Auswanderung durch die Reichsfluchtsteuer und Stellen für Devisenbewirtschaftung abgeschöpft wurden. Bis 1938 waren 40 % der ehemaligen jüdischen Reichsbevölkerung vertrieben oder emigriert. Ihr Vermögen hatten sie größtenteils verloren oder zurücklassen müssen. Die zurückbleibende jüdische Bevölkerung verarmte zusehends.[10] Im Herbst 1938 befanden sich von ehemals 100.000 Betrieben jüdischer Inhaber nur noch 40.000 in den Händen ihrer rechtmäßigen Eigentümer.[11] Das jüdische Vermögen war von 12 Mrd. Reichsmark 1933 zusammengeschrumpft auf die Hälfte im Jahre 1938.[12]

Wilde Arisierung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ausschreitungen in Österreich 1938[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]


Die "Arisierung" von Herzmanskyim März 1938
In Österreich kam es in den Wochen unmittelbar nach dem Anschluss am 12. März 1938 zu pogromartigen Ausschreitungen gegen Juden und deren Eigentum. SS-SA-AngehörigeGestapo- und Polizeibeamte drangen in Wohnungen und Geschäfte ein und beschlagnahmten Vermögensgegenstände. Beutegierige österreichische Partei- und Volksgenossen schlossen sich an. Mit Unterstützung der NSBO und nationalsozialistischer Mittelstandsorganisationen setzte ein regelrechter Arisierungswettlauf ein. Tausende von österreichischen Nationalsozialisten und deren Mitläufer nisteten sich im rechtsfreien Raum als kommissarische Verwalter in jüdischen Geschäften, Betrieben und Wohnungen ein und konfiszierten gegen unleserliche Quittungen eigenmächtig Vermögen jüdischer Bürger. Durch Zwangsräumungen von Häusern und Wohnungen sowie erste Vertreibungen wurden zahlreiche Immobilien für Arier verfügbar gemacht.[13]

Novemberpogrome 1938[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]


Zerstörtes jüdisches Schuhgeschäft nach der Kristallnacht, Magdeburg, November 1938
Im Rahmen der Novemberpogrome 1938 (auch Reichskristallnacht genannt) wurden die Synagogen in Deutschland zerstört, jüdische Geschäfte und Häuser angegriffen. Bei den hauptsächlich von Mitgliedern der SS und SA in Räuberzivil reichsweit begangenen Ausschreitungen fanden Plünderungen statt. Geld und Schmuck wurde gestohlen, Möbeleinrichtungen mit Umzugswagen abtransportiert, Autos und Motorräder "sichergestellt". Die Juden wurden in Sicherungshaft genommen und auf dem Weg in die Konzentrationslager oder dort ausgeplündert und zur Überschreibung von Vermögenswerten genötigt.[14]
Die Verordnung zur Ausschaltung der Juden aus dem deutschen Wirtschaftsleben vom 12. November 1938 schloss sich an die Reichspogromnacht an. Am 3. Dezember 1938 folgte die Verordnung über den Einsatz des jüdischen Vermögens. Die verbliebenen Betriebe jüdischer Inhaber wurden damit zwangsweise arischen Eigentümern übereignet, oder sie wurden aufgelöst. Die Erlöse wurden dabei zugunsten des Staates konfisziert. Schmuck, Juwelen, Antiquitäten und Immobilienmussten zu Preisen weit unter dem Marktwert verkauft werden. Jüdischen Arbeitnehmern wurde gekündigt, die Selbstständigen unterlagen weitgehend einem Berufsverbot.

Staatliche Zwangsarisierung ab 1939[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]


„Jetzt arisch“ als Reklame-Slogan
Ab dem 1. Januar 1939 war deutschen Juden das Betreiben von Einzelhandelsgeschäften und Handwerksbetrieben sowie das Anbieten von Waren und Dienstleistungen untersagt. Schon vorher wurden jüdische Geschäftsinhaber oder Grundstücksbesitzer unter teils öffentlichen Druck gesetzt, das Geschäft deutlich unter aktuellem Wert zu verkaufen oder zu übertragen. Oft waren daran bisherige Mitinhaber oder Angestellte beteiligt oder dadurch begünstigt, die ihre Verbindungen zur NSDAP oder ähnlichen NS-Organisationen zur privaten Bereicherung einsetzten.[11]
Den größten Anteil geraubten jüdischen Besitzes machten Immobilien als Wohn- und Geschäftshäuser aus. Ein Spekulationsgewinn, den der Käufer eines arisierten Grundstücks beim Wiederverkauf dadurch erzielen konnte, dass der jüdische Eigentümer seinerzeit nur einen Bruchteil des Verkehrswerts erhalten hatte, war nach Auffassung Fritz Reinhardts als Arisierungsgewinn von der Einkommensteuer freizustellen. Die forcierte Arisierung des Hausbesitzes wurde jedoch zunächst hintenangestellt. 1939 nahm der Druck auf den Verkauf jüdischen Grundbesitzes allerdings zu, gleichzeitig entzog das Gesetz über Mietverhältnisse mit Juden den noch in Deutschland lebenden Juden die Mietrechte, wobei sie nach und nach in sogenannte Judenhäuser eingewiesen wurden. Nach den Deportationen wurde das noch verbleibende jüdische Hauseigentum verstaatlicht.
Am 22. August 1940 wurde die Vugesta (auch VUGESTAP für „Verkauf jüdischen Umzugsgutes Gestapo“) gegründet,[15] die in den Jahren 1940 bis 1945 agierte und eine zentrale Rolle spielte für die Umverteilung geraubten Privateigentums jüdischer Österreicher.
Mit der Elften Verordnung zum Reichsbürgergesetz vom 25. November 1941 verfiel das Vermögen von deportierten Juden zu Gunsten des Reiches. Mit der Dreizehnten Verordnung vom 1. Juli 1943 fiel auch das Vermögen verstorbener Juden dem Reich zu. Das Reichsfinanzministerium gab unter der Tarnbezeichnung Aktion 3 ab Anfang November 1941 Anweisungen an seine untergeordneten Behörden heraus, wie bei der Einziehung dieses Vermögens zu verfahren sei. Damit war im Reichsgebiet nach Abschluss der Deportationen die Arisierung des jüdischen Vermögens formaljuristisch abgeschlossen.[16]

Die neuen Eigentümer[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Ergebnis der Eigentumsübertragung von jüdischen Besitzern hing vom Charakter der Käufer ab. Es gab:[17]
  • Aktive und skrupellose Profiteure, die den durch die Zwangssituation der Verkäufer schon niedrigen Kaufpreis durch Drohungen, Denunziationen und Zusammenarbeit mit Genehmigungsinstanzen rücksichtslos weiter drückten.
  • Stille Teilhaber, die sich mit dem Arisierungsgewinn begnügten, der sich durch die Zwangssituation und bei Firmen durch die Minderbewertung von Inventar und Forderungen ergab.
  • Gutwillige und verständnisvolle Käufer, die anständige Preise vereinbarten und manchmal sogar mehr zahlten, als im Vertrag ausgewiesen war, und damit den jüdischen Verkäufern ermöglichten, über einen Teil des Kaufpreises an den Kontrollen vorbei frei zu verfügen.

Unternehmen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Unternehmen konnten mit der Arisierung ihren Profit steigern. Auch staatliche Institutionen wie Auktionshäuser und vor allem Museen konnten zu wertvollen Gegenständen kommen. Das Inventar von Häusern und Wohnungen wurde vor Ort für Tage zur Besichtigung und zum Kauf angeboten.[18][19]
Viele Unternehmen und Unternehmensanteile wurden weit unter dem wirtschaftlichen Wert veräußert. Einige davon – z. B. das Kaufhaus Hertie (vormals Hermann Tietz, das größte Kaufhaus Berlins), die Salzgitter AG als Nachfolgerin des arisierenden Rüstungs- und Metallkonzerns Hermann-Göring-WerkeGünther Quandt, der für seinen Konzern zahlreiche jüdische Unternehmen erwarb,[20] und Friedrich Flick – spielten eine wichtige Rolle in den späteren Aufbaujahren der Bundesrepublik Deutschland und sahen sich dem Vorwurf ausgesetzt, das „deutsche Wirtschaftswunder“ beruhe zum Teil auf geraubten Werten.
Maßgeblich an der Arisierung in Deutschland beteiligt waren unter anderem die Unternehmen DorotheumSchenkerNeckermann und Hertie.

Museen und Kunstsammlungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]


Otto MuellerZwei weibliche Halbakte 1919, Sammlung Ismar Littmann, Breslau, 1935 beschlagnahmt, 1999 restituiert
→ HauptartikelRaubkunst
Von der Arisierung profitierten angesehene Museen wie das Kunsthistorische Museum Wien, das Naturhistorische Museum Wien, das Technische Museum Wien, die Albertina (Wien), die Österreichische Galerie Belvedere und das Österreichische Museum für Volkskunde. Die Frankfurter Museen stritten sich mit der Gestapo um Kunstgegenstände aus der Plünderung von jüdischen Institutionen und sandten Aufkäufer in die besetzten Länder, die Kunstgegenstände aus jüdischem Besitz erwarben, deren Handelswert in Deutschland das fünffache des Kaufpreises betrug.[21]
Adolf Hitler ließ für sein geplantes Führermuseum Linz Raubkunst in ganz Europa beschaffen. Hermann Göring – als Beauftragter des Vierjahresplanes maßgeblich für die staatliche Arisierung zuständig – baute eine große Kunstsammlung in Carinhall auf.[22] Ihnen eiferten weitere Nazis nach.[23] Beschlagnahmte Judaica und Hebraica wurden zentral im Institut zur Erforschung der Judenfrage Frankfurt zusammengeführt. Die SS eröffnete das Jüdische Museum in Prag wieder und baute es zum Zentralmuseum zur Sammlung jüdischen sakralen Gerätes aus dem Protektorat Böhmen und Mähren aus. Die Kultusgemeinden sandten viele Ausstellungsstücke nach Prag, um sie vor Plünderung und Vandalismus zu bewahren.

Städte und Gemeinden[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]


Hauptsynagoge Frankfurt, 1938 zerstört und 1939 an die Stadt Frankfurt verkauft
Die Städte und Gemeinden, unterstützt durch den 1933 gegründeten Deutschen Gemeindetag, sahen die Arisierung von jüdischem Vermögen als eine Kompensation für die Kosten der Wohlfahrtsleistungen an, die durch die verarmende jüdische Bevölkerung entstanden. Nach der Reichspogromnacht 1938 kauften sie beschädigte oder zerstörte Synagogen, jüdische Friedhöfe, Krankenhäuser und Altersheime zu Niedrigstpreisen an, da hohe Kosten für den Abriss anstanden. Zum Beispiel in Bad Buchau erwarb die Gemeinde das Synagogengrundstück so günstig, dass der Kaufvertrag vom Innenministerium als jüdische Schenkung gewertet und für nichtig erklärt wurde, da dies gegen rassische Grundsätze verstieß. Die jüdischen Stiftungen wurden unter arische Kontrolle gebracht, Satzungsänderungen durch Erlass des Reichsinnenministeriums vom 8. Mai 1938 erzwungen und in rassisch geeignetere Stiftungen eingebracht.[24][25]

Steuern und Abgaben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Deutsche Reich und seine Finanzbehörden waren der größte Ariseur und profitierten durch verschiedene Abgaben und die Verwaltung und Verwertung konfiszierten Eigentums von jüdischen Emigranten und später von Deportierten.[2]

Reichsfluchtsteuer[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

→ HauptartikelReichsfluchtsteuer
Die Reichsfluchtsteuer wurde im Dezember 1931 eingeführt und sollte die Auswanderung aus Deutschland besteuern, um so der Kapitalabwanderung und Steuerflucht entgegenzuwirken. Als sich nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten immer mehr Juden wegen ihrer Diskriminierung und Verfolgung in Deutschland zur damals noch staatlich gewollten Auswanderung entschieden, wurden 1934 die Freibeträge von 200.000 RM auf 50.000 RM für Vermögen und von 20.000 RM auf 10.000 RM Einkommen gesenkt. Die Reichsfluchtsteuer entwickelte sich zu einem Instrument, mit dem den ausreisenden Juden deren Gewinne nach der NS-Ideologie teilweise wieder entzogen wurde. Das Steueraufkommen stieg bis Kriegsbeginn deutlich.[26]
Aufkommen Reichsfluchtsteuer
ErhebungszeitraumReichsmark[27]
1932/331.000.000
1935/3645.000.000
1936/3770.000.000
1937/3881.000.000
1938/39342.000.000

Dego-Abgabe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

→ HauptartikelDego-Abgabe
In Deutschland bestand seit 1931 eine Devisenverkehrsbeschränkung, so dass die Ausfuhr von Reichsmark und der Erwerb von Devisen genehmigungspflichtig und nur über ein Sperrmark-Konto bei der Deutschen Golddiskontbank (kurz: Dego) erfolgte. Diese behielt im staatlichen Auftrag einen Prozentsatz des Transferbetrages, die sogenannte Dego-Abgabe, ein. Ab 1938 wurde diese Abgabe auf den Gegenwert des bei der Emigration mitgeführten Umzugsgutes ausgeweitet. Die Abgabe betrug 20 % im Jahr 1934 und wurde schrittweise auf 96 % im Jahr 1939 erhöht.[26]

Judenvermögensabgabe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

→ HauptartikelJudenvermögensabgabe
Mit der Judenvermögensabgabe vom 12. November 1938 wollte das Deutsche Reich einerseits seine durch die Aufrüstung der Wehrmacht angespannte Finanzsituation verbessern und zweitens eine propagandistisch behauptete feindliche Haltung des Judentums gegenüber dem deutschen Volk nach Herschel Grynszpans Attentat auf Ernst Eduard vom Rath sühnen.[28] Eine Abgabegebühr von 20 % für jüdisches Vermögen ab 5000 Reichsmark führte zu weiteren Verkäufen.
Judenvermögensabgabe
SteuerjahrReichsmark[29]
1938498.514.808
1939533.126.504
194094.971.184
Gesamt:1.126.612.496

Arisierungsabgabe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Selbstbereicherung und Korruption unter den NSDAP-Mitgliedern bis hinauf zu den Gauleitern nahm bis 1938 ein Ausmaß an, dass eine Kommission diese ab 1939 untersuchte. Daraufhin wurde eine Abgabe von 70 % auf den Arisierungsgewinn - die Differenz zwischen Verkehrswert und Kaufpreis - eingeführt.[9]

Restitution nach dem Zweiten Weltkrieg[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]


Sichtung von Thora-Rollen im Keller des NS-Instituts zur Erforschung der Judenfrage, Frankfurt, 6. Juli 1945
Über die Art und Weise der Rückgabe von Vermögensgegenständen, die den ehemaligen Eigentümern 1933–1945 entzogen wurden, konnten sich die vier Besatzungsmächte nicht einigen. Dies wurde deshalb unterschiedlich geregelt.
In der amerikanischen Besatzungszone wurde hierzu am 10. November 1947 das Gesetz Nr. 59 der Militärregierung erlassen. Hiernach waren unter anderem alle Rechtsgeschäfte anfechtbar, bei denen eine Zwangslage nicht von vornherein auszuschließen war. Dies umfasste nicht nur Verkäufe, bei denen ein eindeutig zu niedriger Kaufpreis bezahlt wurde, sondern auch alle Verkäufe nach dem 15. September 1935 – dem Datum des Inkrafttretens der Nürnberger Gesetze –, selbst wenn ein angemessener Kaufpreis bezahlt worden war. Rechte an herrenlosen Gegenständen (kein Eigentümer bzw. Erbe mehr vorhanden) wurden der jüdischen Organisation JRSO (Jewish Restitution Successor Organization) übertragen. Wollte der arische Erwerber Eigentümer bleiben, musste er den Betrieb, das Grundstück oder den Gegenstand erneut erwerben. Der früher bezahlte Kaufpreis wurde nur unvollständig angerechnet – gekürzt um Miet- oder Pachtansprüche und abgewertet im Verhältnis 1 zu 10 (Umrechnungskurs DM zur RM).
In der britischen und der französischen Besatzungszone traten später ähnliche Bestimmungen in Kraft.
In der Bundesrepublik, in der im Rahmen der so bezeichneten Wiedergutmachungspolitik seit 1957 das Bundesrückerstattungsgesetz gilt, bestand ab 1955 das internationale Oberste Rückerstattungsgericht, daneben existierte für Berlin (West) seit 1953 das Oberste Rückerstattungsgericht für Berlin.
Die Wiedergutmachung für Vermögensschäden aufgrund nationalsozialistischer Verfolgungsmaßnahmen war in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) und später in der DDR unterblieben. Das Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen (VermG) von 1990[30] ist in seinen vermögensrechtlichen Bestimmungen auf verfolgungsbedingte Vermögensverluste entsprechend anwendbar (§ 1 Abs. 6 VermG) und dokumentiert damit, „dass die sich durch die Wiedervereinigung bietende Gelegenheit zur abschließenden Generalbereinigung dieses Problems genutzt werden sollte“.[31]
In Österreich sind von 1946 bis 1998 acht Rückstellungsgesetze erlassen worden.

Ausland[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Dänemark[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

→ HauptartikelArisierung in Dänemark
Deutsche Unternehmensteile in Dänemark und dänische Lieferanten nach Deutschland arisierten unter wirtschaftlichem Druck ihre Geschäftsleitungen und Firmenvertreter.[32] Den dänischen Behörden gelang es nach der Deportation bzw. Rettung der dänischen Juden, deren zurückgelassenes Vermögen zu schützen.[33]

Frankreich[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]


Plakat: Unter arischer Verwaltung, Laon 1940
Am 27. September 1940 verfügte der Militärbefehlshaber von Paris Otto von Stülpnagel die Meldepflicht für Juden und am 18. Oktober 1940 für jüdische Betriebe im besetzten Frankreich. Im November 1940 teilte er seinen Militärbezirkschefs mit, dass die Arisierung jüdischen Vermögens durch Walther von Brauchitsch angeordnet worden sei. Die Arisierung lief über den Service du Controle der Vichy-Regierung, wobei sich Stülpnagel die Ernennung von Treuhändern für jüdische Industriebetriebe vorbehielt, um deutsche Kaufinteressenten begünstigen zu können.[8] Stülpnagel ordnete am 17. Dezember 1941 eine „Judenbuße“ von einer Milliarde Francs an, die die Vereinigung der Juden in Frankreich in Raten zahlen musste.[34]

Italien[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

→ HauptartikelArisierung in Italien

Darstellung zu antijüdischen Maßnahmen erschienen in La difesa della razza, November 1938
AusklappenBildtext (mit Übersetzung)  
Das faschistische Italien unter Mussolini übernahm aus Opportunismus eine antisemitische Politik mit der Zielsetzung „nicht verfolgen, sondern diskriminieren“.[35] Mitte November 1938 wurde die antijüdische Charta fertig und anschließend wurden Juden und jüdisches Vermögen definiert und erfasst. In wirtschaftlicher Hinsicht schnitt man den Juden langsam die Lebensadern ab. Der Katalog diskriminierender Gesetze und Verordnungen wurde fast im Wochentakt erweitert und verschärft und zwar nicht nur von der Regierung, sondern auch von den Kommunen und Provinzen.[36]
Die italienischen Rassegesetze sahen auch Ausnahmeregelungen für verdiente Juden und Zweifelsfälle vor, die als Personen "arisiert" werden konnten. Die darauf entstehende Korruption wurde so skandalös und berüchtigt, dass die Generaldirektion für Demographie- und Rassenfragen (Direzione generale per la demographia e la razza) sogar innerhalb der faschistischen Partei kritisiert wurde.[37]
In Italienisch-Libyen widersetzte sich der Gouverneur Italo Balbo gegen eine zu strikte Befolgung der Regelungen und erhielt von Mussolini die gewünschte Freiheit, die Gesetze und Verordnungen nur in der Weise umzusetzen, wie es die libyschen Verhältnisse erlaubten.[38] Die Rassengesetze und -verordnungen wurden auch auf die annektierten Regionen ausgedehnt, während man sich in den italienisch besetzten Gebieten Südfrankreichs, Jugoslawiens und Griechenlands nicht um die Rassenfrage kümmerte.[39]

Luxemburg[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

→ HauptartikelArisierung in Luxemburg
Am 5. September 1940 erließ der Chef der Zivilverwaltung und Gauleiter des Moselland Gustav Simon eine Verordnung zur Enteignung der jüdischen Vermögenswerte.[40] Mit der Durchführung wurde Gauinspektor Josef Ackermann betraut. Von 335 jüdischen Betrieben wurden 75 arisiert und die weiteren liquidiert.[41] Einrichtungsgegenstände, die geflüchtete Juden zurückgelassen hatten, wurden der Zivilverwaltung in Luxemburg, Reichsbahn, Reichspost, Hitlerjugend usw. zur Verfügung gestellt.[42]

Norwegen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

→ HauptartikelArisierung in Norwegen
Im Herbst 1941 wurde durch die norwegische Kollaborationsregierung unter Vidkun Quisling den jüdischen Rechtsanwälten die Zulassung entzogen und jüdische Mitarbeiter mussten aus dem öffentlichen Dienst ausscheiden. Das Vermögen der Juden wurde eingezogen und durch deutsche und norwegische Stellen verwertet.[43]

Schweden[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die stark von Deutschland abhängige schwedische Wirtschaft durchlief ebenfalls einen Arisierungsprozess. In Deutschland getroffene Entscheidungen veränderten die Eigentümerschaft, das Management und die Zusammensetzung der Angestellten in den schwedischen Niederlassungen deutscher Unternehmen. Schwedische Unternehmen arisierten sich freiwillig aus politischem Opportunismus oder der Angst vor wirtschaftlichen Nachteilen, indem jüdische Mitarbeiter entlassen wurden und jüdische Eigentümer und Manager ausscheiden mussten oder zumindest in den Hintergrund gedrängt wurden.[44]

Serbien[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 30. Mai 1941 wurde vom Militärbefehlshaber eine Judenverordnung bekannt gegeben. Die Juden wurden registriert, mit Kontributionszahlungen in Form von Abgaben belegt, ihre Grundvermögen arisiert, für die jüdischen Betriebe Treuhänder eingesetzt und die Juden aus dem öffentlichen Leben ausgeschlossen und aus dem gesellschaftlichen verdrängt.[45] Die Zwangsarisierung wurde am 22. Juli 1941 verordnet. Dr. Neuhausen, der Generalbevollmächtigte für die Wirtschaft, sorgte für den Verkauf an arische und überwiegend deutsche Interessenten. Der Erlös aus dem Verkauf der Betriebe und schließlich auch der hinterlassenen Möbel wurde beschlagnahmt.[46]

ÜBER DIE ENTJUDUNG DER KIRCHE:

http://www.evang-spittal.at/entjudaisierung.htm

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