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Sonntag, 7. August 2016

EIN TODESOPFER SCHREIBT AUS DEM JENSEITS...



Ein Todesopfer schreibt...
(OFF TOPIC, 28.12.2004)

Hallo, Ihr Daheimgebliebenen!

Klar doch. Ich bin selbst schuld... Warum wollte ich Weihnachten partout nicht bei euch feiern? Stattdessen „flüchtete“ ich in Richtung sonniges Phuket in Thailand, Sri Lanka, Malediven, Indonesien, Indien oder so. Dieser Tsunami hat mich ja nahezu überall hingetragen... Ich habe erfahren, die Gewalt dieses Tsunamis war stärker als eine Million Atombomben a la Hiroshima. Na, dann. Rückblende. Vor meinem Check-in in Richtung Südost-Asien wusste ich zwar bis ins kleinste Detail, wie meine Hotelanlage aussah (jedenfalls bis vor kurzem noch)... ... ich wusste exakt, wie lange mein Flug (letztendlich: One-Way) dauern würde und was mich das ganze kostet. Dass es mein Leben kosten würde, damit habe ich eigentlich nicht gerechnet. Vor meiner Abreise erfuhr ich hingegen recht wenig über Seebeben-Gefahren in meiner Reiseregion. Und ich erfuhr praktisch nichts über Tsunamis. Ich hatte auch keine Ahnung, dass es dort – für solche Fälle – nicht mal ein Frühwarnsystem gibt. Angeblich zu teuer. Na ja: Wie viel ist ein Menschenleben auch wert? Aber auch ich habe es einfach verabsäumt, im Reisebüro nachzufragen: „Hallo Leute, sagt mal, gibt es dort, wo ich hinfliegen soll, auch ein intaktes Frühwarnsystem für Tsunamis?“ Ich meine, wer fragt das nicht? Andererseits: Was hätte meine Frage genutzt? Ich nehme ja doch nicht an, dass mein Reisebüro bzw. mein Reiseveranstalter ganz genau gewusst hat, dass es dort KEIN (!) intaktes Frühwarnsystem gibt. Eben... In anderen Meeren bzw. Ferienregionen, so höre ich (leider erst) jetzt, gibt es ein solches – letztendlich nicht uninteressantes - Frühwarn-System. Die Seismologen dort, registrieren, irgendwo im Meer, ein Seebeben, das die Richter-Skala zur Sonderschicht zwingt. - Und die Bevölkerung (inkl. Urlauber), ein paar Tausend Kilometer weiter, kann dort über den drohenden Tsunami informiert werden. Tolle Sache, was? Was es alles gibt... Diese Menschen dort haben somit die faire Chance, zumindest ihr nacktes Leben zu retten. Und sogar das ihrer, gerade am Sandstrand spielenden, Kinder. Einzige Bedingung: Diese Menschen müssen es innerhalb einer bestimmten Zeit (zum Beispiel binnen einer Stunde) schaffen, z.B. einen nahe gelegenen, etwa 20 Meter hohen Hügel zu erklimmen. (Was dir in so einer Situation auch relativ leicht gelingt; kleine Anmerkung) Doch da, wo ich war, in Südost-Asien, gibt es ein solches Frühwarn-System offenbar nicht. Leider konnten wir nicht einmal via TV oder Radio gewarnt werden. Angst vor Panik wird wohl nicht der Grund dafür gewesen sein... Wenige Stunden nach meinem Ableben habe ich nun erfahren, dass ausländische Warnzentralen dieses ausschlaggebende Beben vor Sumatra sehr wohl registriert haben (no na, bei der Stärke) - zum Beispiel auf Hawaii. Doch mit den, von der bis zu 700 km/h schnellen Flutwelle bedrohten, Ländern konnte man einfach keinen Kontakt aufnehmen. Begründung: Es fehlte angeblich an entsprechenden Rufnummern-Einträgen in diversen Adressbüchern. „Ein funktionierendes Kommunikationssystem für Indien, Thailand, Bangladesch und Sri Lanka existiere eben nicht“, meldet die österreichische Tageszeitung „Kurier“. Hm... „Ein funktionierendes Kommunikationssystem für Indien, Thailand (...) existiere eben nicht.“ - Auch diesen – unmissverständlichen - Hinweis habe ich in meinem Reiseprospekt nicht vorgefunden. Leider. Denn dann wäre ich jetzt wahrscheinlich noch immer in Österreich Schifahren... Sollte der Ort meines Todes (irgendwo bei Indien) hinsichtlich meiner Wiedergeburt eine tragende Rolle spielen, würde ich künftig ganz gerne als Gestalter von Hochglanz-Reisekatalogen wiedergeboren werden. Bei meinen Prospekten wird allerdings nicht die „Hotelanlage unter Palmen“ hervorgehoben, sondern die ehrliche Warnung vor etwaigen Gefahren. Und zwar in den Farbtönen gelb-rot. Ich wünsche Ihnen noch interessante Stunden vor Ihrem Fernseh-Gerät. Ich tippe auf 100.000+... 
Übrigens: Wohin geht Ihre nächste Reise? 

PS: Bin ja schon so gespannt auf den übernächsten Sommer-Katalog 2006! Da wird es sicher wieder ein paar super Schnäppchen geben. Und sollten Sie auf irgendeiner Palme einen ziemlich kaputten Liegestuhl finden (was ich nicht annehme) – ICH brauche ihn nicht mehr...

Mit freundlichen Grüßen, eines der toten Flutopfer…



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