Tsunami-Desaster 2004 in Thailand war eine fahrlässig Massentötung und Körperverletzung im Katastrophenfall durch
Unterlassen
Am 18. November 2022 hat der Moderator der ZDF heute show aus Anlass des nahenden bundesweiten Katastrophenwarntages am 8. Dezember 2022 das sog. Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) ins Visier genommen.
https://www.zdf.de/comedy/heute-show/heute-show-vom-18-november-2022-100.html
Was bedeutet unterlassene Hilfeleistung? - Definition im StGB,
Schema und Strafmaß
Lexikon,
zuletzt bearbeitet am: 22.09.2022 |
Die Unterlassene
Hilfeleistung stellt einen Straftatbestand dar und ist in § 323c
Strafgesetzbuch (StGB) normiert. Danach wird derjenige mit einer Freiheitsstrafe bis
zu 1 Jahr oder mit Geldstrafe bestraft, der einem anderen bei einem Unglücksfall keine Hilfe
leistet,
obwohl dies erforderlich und möglich war.
Verpflichtung zur Hilfeleistung
Die Hilfeleistung in einer Notlage ist an und für sich
eine ethisch-moralische Verpflichtung, die der Gesetzgeber auch strafrechtlich und zivilrechtlich
formuliert hat.
Versucht eine Person in
einer Notlage nach bestem Wissen und Gewissen zu helfen, kann das für
denjenigen weder straf- noch zivilrechtliche Auswirkungen haben, auch wenn die
Hilfeleistung nur suboptimal verläuft. Er kann beispielsweise nicht für
Kollateralschäden wie zerrissene Kleidung oder einen Rippenbruch bei der
Notbeatmung bestraft werden. Das Unterlassen der Hilfeleistung dagegen ist strafbar.
Strafrechtlich findet sich
die allgemeine Hilfeleistungspflicht negativ formuliert als unterlassene
Hilfeleistung im § 323c StGB des
Strafgesetzbuches. Der Paragraph hat eine Vorrangstellung in der
Rechtsprechung, eine sogenannte Garantenstellung. Das meint, die
unterlassene Hilfeleistung kann noch die Strafverfolgung wegen anderer Delikte,
beispielsweise die Tötung durch Unterlassen oder auch Körperverletzung, zur Folge haben.
JuraForum.de-Tipp: Soll eine Person
wegen unterlassener Hailfeleistung angeklagt werden, muss immer zwingend eine
unmittelbare Notlage existiert haben, die eine Hilfeleistung notwendig gemacht
hätte. Eine unterlassene Hilfeleistung wird weiter lediglich dann zum
strafrechtlichen Delikt, wenn der objektive und der subjektive Tatbestand der
unterlassenen Hilfeleistung erfüllt sind, das meint eine Tatbestandsmäßigkeit
ist vorhanden.
Weiter muss die Tat
rechtswidrig im Sinne der gesetzlichen Rechtswidrigkeit und dazu auch
schuldhaft sein. Bei einer unterlassenen Hilfeleistung handelt es sich, anders
als bei den Delikten in der Garantstellung, um ein sogenanntes 'echtes Unterlassungsdelikt'.
Unechtes Unterlassungsdelikt
Beim unechten Unterlassungsdelikt
ist das Unterlassen einer Handlung, das Nichtstun, die strafbare Handlung.
Beispiel könnte eine Mutter sein,
die ihre Kinder verdursten lässt.
Eine unterlassene
Hilfeleistung ist nur dann nach § 323c StGB bestrafbar, wenn zu dem Unterlassen
der erforderlichen und zumutbaren Hilfe in einer Notlage die folgenden
Tatumstände ersichtlich sind:
- Eine Notlage muss bestehen,
- die Hilfe muss erforderlich erscheinen,
- sie muss
jedoch auch zumutbar sein und schließlich ist das
- Unterlassen
der Hilfeleistung Grundvoraussetzung.
Unterlassene Hilfeleistung im Strafrecht
Verfahren gegen eine Person
wegen unterlassener Hilfeleistung setzen einige Dinge voraus. So müssen
grundsätzlich der
- objektive und
der
- subjektive
Tatbestand der
unterlassenen Hilfeleistung erfüllt sein, es muss also eine
Tatbestandsmäßigkeit vorliegen.
Weiter muss die Tat
zwingend
- rechtswidrig sein, zudem
- schuldhaft.
Die Hilfe muss tatsächlich erforderlich
gewesen sein,
außerdem musste sie zumutbar erscheinen.
Letztlich muss diese,
mögliche Hilfe unterlassen worden sein. Die wichtigste Grundvoraussetzung
jedoch ist die Notlage, und die ist differenziert definiert.
Hilfeleistung und Notlage beim
Unglücksfall
Ein Unglück wird
beschrieben als ein Ereignis, das plötzlich und überraschend eintritt und erhebliche Gefahren für Sachen oder
Menschen bewirkt.
Das meint also, dass
generell Unfälle, auch Verkehrsunfälle, Unglücksfälle und somit eine Notlage
sind.
Erkrankungen sind regelmäßig kein
Unglücksfall, können aber zu einem solchen mutieren. Beispiel können sein, der
Anfall eines Epilepsiekranken oder auch ein Herzinfarkt. Verläuft eine
Schwangerschaft ohne Komplikationen, stellt sie strafrechtlich keine Notlage,
keinen Unglücksfall dar.
Von der Gesetzgebung her
spielt es keine Rolle, wie es zu dem Unglück kam, so wird auch bei einem Suizidversuch § 323c StGB wirksam.
Begibt sich ein Opfer dagegen freiwillig in eine Notlage, beispielsweise bei einem
Hungerstreik, ist die Rechtslage anders zu beurteilen, beispielsweise so wie im
Strafvollzug nach dem § 101 Absatz 1 S 2 StVollzG. Die Frage, ob denn überhaupt
ein Unglücksfall vorgelegen hat, wird nachträglich, unter Zuhilfenahme der
Umstände, die zum Entscheidungszeitpunkt bekannt und relevant waren, von
einem sachverständigen
Beobachter, der die Situation aus der Perspektive des Angeklagten sieht,
beurteilt werden.
Gemeine Gefahr oder Not
Eine gemeine, sozusagen
herkömmliche Gefahr muss nicht plötzlich
und auch nicht zwingend überraschend auftreten. Sie gefährdet jedoch
regelmäßig Gesundheit
und Leben von vielen Menschen, ist eine Gefahr für erhebliche Sachwerte.
Ein Beispiel wäre
ausströmendes Giftgas oder auch ein Objekt auf der Fahrbahn. Von der gemeinen
Gefahr zu unterscheiden ist die allgemeine Not. Darunter werden generelle Notlagen wie der
Ausfall von Elektrizität oder Wasser, ein drohender Hurrikan oder
Überschwemmungsgefahr verstanden.
Wo fängt unterlassene Hilfeleistung an?
Eine weitere Voraussetzung
einer strafbaren Handlung nach § 323c StGB ist, dass die Hilfeleistung, die
vorgeblich unterlassen wurde, auch tatsächlich erforderlich war, um das bedrohte
Rechtsgut also Sachwerte, Leben und Leib zu retten. Wo fängt also die
unterlassene Hilfeleistung an und wann muss man einschreiten?
Hier wird sich die
Erforderlichkeit nach den Umständen zum Zeitpunkt der Kenntnisnahme beurteilen, nicht aus
einer Rückschau. Nun sind öfter mehrere Helfer vor Ort. Es ist jedoch kein
Argument zu behaupten, ein anderer hätte helfen können.
Jeder Helfer hat sich zu
vergewissern, dass Sorge getragen wird. Ist das Opfer bereits offensichtlich
verstorben beziehungsweise ist Hilfe von vorne herein aussichtslos, ist Hilfe
ebenfalls nicht vonnöten. Ist die Rechtfertigung für die Unterlassung der
Hilfeleistung rechtstechnisch ein wirksamer Verzicht des vermeintlichen Opfers auf
Hilfe,
muss keine Hilfe geleistet werden.
Dagegen aber wird sie
Pflicht, wenn das Opfer sich in einer psychischen Ausnahmesituation befindet. Dies unterliegt
einer mehr oder weniger subjektiven Beurteilung. Greift der Helfer gegen den
wirksamen Willen der Person ein, könnte das in der Theorie zu einer Bestrafung
wegen Freiheitsberaubung oder Nötigung führen.
Ist der Helfer dagegen irriger Weise der Meinung, Hilfe sei dringend vonnöten,
alle Voraussetzungen seien gegeben, wird er straffrei ausgehen.
Unterlassene Hilfeleistung vom
Arzt - Beispiel
Es gibt Situationen, wo man
als Patient vom Arzt nicht behandelt wird und weggeschickt wird. Ist dies als
unterlassene Hilfeleistung anzusehen?
Zunächst muss die
Krankheit, mit der der Patient zum Arzt kommt, als Unglücksfall gelten. Dies ist dann
der Fall, wenn sich der Verlauf der Krankheit akut verschlimmert oder
verändert. Der Arzt muss in der Situation dann alles unternehmen, was auch
seiner persönlichen Sicht erforderlich ist, um sich nicht strafbar zu machen;
wobei auch seine eigenen schutzwürdigen Interessen berücksichtigt werden
müssen.
Beispiel: M erleidet einen
Herinfarkt. Seine Ehefrau F ruft sofort den Bereitschaftsarzt A an und möchte,
dass dieser sofort zu M nach Hause kommt.
In diesem Fall kann von A
nicht erwartet werden, dass er sofort zu M nach Hause fährt, um diesen zu
behandeln. Allerdings kann von A erwartet werden, dass dieser mindestens
sicherstellt, dass er selbst oder die Angehörigen des M den Notarzt rufen und M
sofort ins Krankenhaus transportiert wird. So hat auch der BGH in seinem Urteil
vom 03.04.1985, Az. 2 StR 63/85, entschieden. Tut er dies nicht und unterlässt
er auch andere Maßnahmen, so ist der Tatbestand der unterlassenen Hilfeleistung
erfüllt.
Juraforum.de-Tipp: Den Straftatbestand
unterlassene Hilfeleistung mit Todesfolge gibt es nicht. Wenn die Person, der
nicht geholfen wurde, verstirbt, kommen die Straftatbestände Körperverletzung
mit Todesfolge durch Unterlassen nach § 227, § 13 sowie Fahrlässige Tötung durch
Unterlassen nach §§ 222,13 StGB in Betracht.
Strafe
§ 323 c StGB sieht
eine Geldstrafe oder gar eine Freiheitsstrafe von bis zu 1 Jahr vor, wenn man sich
wegen unterlassener Hilfeleistung strafbar gemacht hat. Die zu erwartende
Strafe hängt vor allem davon ab, ob man bereits Vorstrafen hat oder nicht. Wenn
man keinerlei Vorstrafen hat, darf man als Ersttäter in
der Regel mit einer Geldstrafe rechnen, andernfalls mit einer Freiheitsstrafe,
die auch zur Bewährung ausgesetzt werden kann.
Schema
1. Objektiver Tatbestand
§ 323 c StGB ist ein echtes Unterlassungsdelikt. Es soll einen
Mindestgehalt an Solidarpflichten sichern, denn jeder Mensch ist dazu
verpflichtet einer anderen Person Hilfe zu leisten, ohne sich selbst dabei in
Gefahr zu begeben bzw. unzumutbar zu sein. Das geschützte Rechtsgut sind
die Individualrechtsgüter.
Zur Verwirklichung muss ein Unglücksfall, eine gemeine Gefahr oder Not vorliegen. Ein
Schaden muss nicht schon eingetreten sein. Es muss nur eine Situation
vorliegen, die ein sofortiges Einschreiten gebietet.
Ein Unglücksfall ist ein Ereignis, das
die unmittelbare Gefahr eines erheblichen Schadens für andere Menschen oder
fremde Sachen von bedeutendem Wert hervorruft. Dabei stellt sich häufiger die
Frage, wann eine Sache von bedeutendem Wert vorliegt bzw. aus welcher Sicht
dies zu beurteilen ist. Wann ein solcher Unglücksfall gegeben ist, muss aus der
Sicht eines verständigen Beobachters in der Situation des Helfers ex-post, also
aufgrund der zum Entscheidungszeitpunkt bekannten Umstände beurteilt werden.
Beispiel: Zusammenbrechen eines
Menschen, Opfer eines Unfalles.
Eine gemeine
Gefahr ist
eine konkrete Gefahr für eine unbestimmte Zahl von Menschen oder zahlreichen
Sachen von mindestens insgesamt hohem Wert. Dabei wird oftmals auch ein
Unglücksfall gegeben sein. Unter einer gemeinen Not ist die Allgemeinheit
betreffende Notlage gemeint. Der Begriff kann sich im Einzelfall mit dem
Begriff der gemeinen Gefahr überschneiden. Voraussetzung einer gemeinen Not ist
stetig, dass weitere Schäden zu befürchten sind. Hat sich ein der Schaden
endgültig realisiert findet § 323c StGB keine Anwendung mehr.
Beispiel: Brand, Umweltverseuchungen,
Überschwemmungen, plötzliche Ausfall der Wasser und Stromversorgung in einem
Gebiet.
Ferner ist erforderlich, dass eine Hilfeleistung unterblieben ist. Diese muss
allerdings erforderlich und zumutbar sein.
Die Erforderlichkeit der Hilfeleistung richtet sich nach dem ex-ante-Urteil
eines verständigen Beobachters in dem Zeitpunkt, in dem sich die Notwendigkeit
zu helfen herausstellt. Man kann nicht mehr von ihm verlangen, als zum
Zeitpunkt seiner Entscheidung ihm bekannt war. Das Hilfeleisten muss geeignet
und notwendig sein, um weitere Schäden abzuwenden. Das ist dann schon der Fall,
wenn ein drohender Schadenseintritt nicht unerheblich gemindert werden kann
oder einzelne Verletzung ausgeschlossen werden können. Ist aus ex-ante Sicht
jede Hilfe nutzlos, dann ist ein Eingreifen nicht geboten.
Ein weiteres Tatbestandsmerkmal ist, dass das Hilfeleisten auch zumutbar ist. Damit soll
sichergestellt werden, dass die Belastungsgrenze für die Individualpflichten
nicht zu hoch angesetzt werden darf. Es kommt auf eine Güter- und
Interessenabwägung an. Adressat muss eigene Belange um so eher zurückstellen,
je näher er zum Unfallgeschehen steht und je größer die Gefahr des
Verunglückten ist. Dies gilt beosnders, wen ihm eine Garantenpflicht trifft,
wie etwa die Polizist oder der Feuerwehrmann. Einschränkend gilt, dass er sich
aber selbst grundsätzlich nicht einer eigenen Gefahr aussetzen muss.
2. Subjektiver Tatbestand
§ 323 c StGB setzt Vorsatz
voraus. Bedingter Vorsatz ist ausreichend. Der
Vorsatz hat sich vor allem auf die Gefahrenlage zu beziehen. Der BGH ist der
Ansicht, dass der Vorsatz auch das Bewusstsein, zur Hilfe verpflichtet zu sein,
umfasst. Allerdings dürfte die Kenntnis der Umstände genügen, welche die
Pflicht schon allein begründen, während im Übrigen nur ein Verbotsirrtum
vorliegt. Die irrige Annahme einer Tatsituation führt zu einem straflosen
untauglichen Versuch.
3. Rechtswidrigkeit / Schuld
Hier gelten die allgemeinen
Vorschriften.
Bedeutung und Folgen im Zivilrecht
Das Zivilrecht ist
eindeutig auf der Seite der Helfer. Nur wenn einem Hilfeleistenden tatsächlich gröbste Fahrlässigkeit vorgeworfen werden
kann, will meinen, er hat die Sorgfaltspflichten in eklatanter Weise, in
besonders schwerem Maße verletzt, hat nicht zumindest die naheliegenden und
einfachsten Überlegungen angestellt, kann er gesetzlich belangt werden. In
einem Notfall, in dem das Opfer nicht ansprechbar ist, wird der Helfer immer
nach dem Rechtsprinzip der sogenannten 'Geschäftsführung ohne Auftrag' handeln. So kann er
lediglich für Schäden, die er wirklich grob fahrlässig verursacht, eventuell
rechtlich belangt werden.
Ein weiteres Argument für
den Helfer ist, dass er nach dem § 680 BGB über die Haftungsreduzierung die Hilfeleistung zum
Zwecke der 'Abwendung einer drohenden dringlichen Gefahr' unternimmt. Wenn mit
dem Opfer kommuniziert werden kann, wird es sich dagegen um einen Auftrag nach
dem § 662 BGB handeln. Da ein tatsächliches bedeutendes Rechtsgut, Leib und
Leben, erhebliche Sachwerte bedroht sind, kann die Hilfeleistung nicht mehr
als Gefälligkeitsverhältnis betrachtet werden.
Was nun professionelle
Helfer wie Sanitäter oder Notarzt anbelangt, streitet sich die
Rechtswissenschaft, ob der Anwendung des § 680 BGB zur Haftungsreduzierung. Jedenfalls unterliegen
berufsmäßige und auch ehrenamtliche Helfer der Schweigepflicht und können
entsprechend rechtlich belangt werden.
https://www.juraforum.de/lexikon/unterlassene-hilfeleistung
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Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe
Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe | |
---|---|
Staatliche Ebene | Bund |
Stellung | Bundesoberbehörde |
Aufsichtsbehörde | Bundesministerium des Innern und für Heimat |
Gründung | 1. Mai 2004 |
Hauptsitz | Bonn |
Präsident | Ralph Tiesler |
Bedienstete | 344[1] |
Haushaltsvolumen | 251,76 Mio. EUR (Soll 2021)[2] |
Netzauftritt | www.bbk.bund.de |
Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) ist eine Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern und für Heimat (BMI) und das zentrale Organisationselement für die zivile Sicherheit. Es wurde am 1. Mai 2004 errichtet.[3]
Präsident ist seit dem 15. Juni 2022 Ralph Tiesler, Vizepräsident ist seit dem 1. Oktober 2016 Thomas Herzog.[4] Das Bundesamt hat seinen Dienstsitz seit Juli 2006 in Bonn-Lengsdorf (davor im Stadtbezirk Bad Godesberg).
Aufgaben
Das Gesetz über die Errichtung des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBKG) definiert die Aufgaben des BBK:
Das Bundesamt nimmt Aufgaben des Bundes auf den Gebieten des Bevölkerungsschutzes und der Katastrophenhilfe wahr, die ihm durch das Zivilschutzgesetz oder andere Bundesgesetze oder auf Grund dieser Gesetze übertragen werden […].[5]
Nach § 1 Abs. 2 Zivilschutz- und Katastrophenhilfegesetz (ZSKG) gehören zum Zivilschutz folgende Aufgaben:
- Selbstschutz
- Warnung der Bevölkerung
- Schutzbau
- Aufenthaltsregelung
- Katastrophenschutz nach Maßgabe des § 11 ZSG,
- Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit
- Maßnahmen zum Schutz von Kulturgut (hierzu betreibt das BBK im Barbarastollen bei Oberried einen zentralen Bergungsort)
Wie das BBK betont, besitzt der Bund im Katastrophenschutz keine unmittelbaren Zuständigkeiten. Die Unterstützung des Bundes beim Katastrophenschutz wird daher allgemein als „Katastrophenhilfe“ bezeichnet.[6]
Die Aufgaben des BBK werden in fünf Abteilungen wahrgenommen.
Fachabteilungen
Abteilung I – Krisenmanagement
Für die Koordinierung der Katastrophenhilfe (Krisenmanagement) wurde in der Abteilung I das GMLZ (Gemeinsames Melde- und Lagezentrum) eingerichtet.
Auch die Warnung der Bevölkerung mit den Teilaufgaben Betrieb und Weiterentwicklung des Modularen Warnsystems (MoWaS) sowie der Warn-App NINA ist eine Aufgabe der Abteilung I. MoWaS bietet über den Rundfunk die Möglichkeit, nicht nur Gefahren anzukündigen, sondern auch Verhaltensregeln an die Bevölkerung weiterzugeben. Die neuen Systeme machen es möglich, in Sekundenschnelle Warnmeldungen und Gefahrendurchsagen mit höchster Priorität über Satellit an die angeschlossenen Medien weiterzugeben. Neben allen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten wurden und werden weitere private Rundfunkbetreiber, Internetportalbetreiber und große Presseagenturen in dieses System einbezogen.
Ebenfalls im BBK angesiedelt ist die Koordinierungsstelle zur Nachsorge, Opfer- und Angehörigenhilfe (NOAH) der Bundesregierung. Außerdem ist das Referat Ressort- und länderübergreifende Krisenmanagementübungen, LüKEX, zur Durchführung der gleichnamigen regelmäßigen länderübergreifenden Krisenmanagementübungen Bestandteil der Abteilung I.
Abteilung II – Risikomanagement, Internationale Angelegenheiten
Die Abteilung erfüllt neben der Bearbeitung von Grundsatzangelegenheiten und Rechtsfragen des Bevölkerungsschutzes folgende Aufgaben im Rahmen der Notfallvorsorge und des Risikomanagements:
- Weiterentwicklung der nichtpolizeilichen, nichtmilitärischen Gefahrenabwehr zu einer jederzeit bedrohungsgerechten Gesamtkonzeption,
- Erarbeitung und Aktualisierung makroskopischer Risikoanalysen einschließlich der methodischen Beratung zur Durchführung auf anderen Verwaltungsebenen,
- Überprüfung und Fortentwicklung der Notfallplanung in enger Zusammenarbeit mit Bundes- und Länderbehörden,
- Entwicklung von Konzepten zur dauerhaften Sicherung und Förderung des Ehrenamtes,
- Entwicklung von Kooperationsmodellen zwischen Bund, Feuerwehren, Hilfsorganisationen und weiteren Akteuren der Sicherheitsarchitektur in Deutschland,
- Zivil-Militärische Zusammenarbeit (ZMZ/CIMIC),
- Förderung und weiterer Ausbau der fachlichen Netzwerke im Bevölkerungsschutz,
- Information der Bevölkerung sowie die Erarbeitung und Verbreitung von Selbstschutz- und Selbsthilfeempfehlungen.
Darüber hinaus befasst sich die Abteilung II mit dem physischen Schutz Kritischer Infrastrukturen (KRITIS). Unter Kritischen Infrastrukturen im Sinne des Bevölkerungsschutzes sind primär die Energieversorgung, das Verkehrswesen, die Trinkwasser- und Nahrungsmittelversorgung einschließlich der Entsorgung, das Gesundheitswesen, die Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben bzw. Regierung und öffentliche Verwaltung sowie Kommunikationsinfrastrukturen zu verstehen. Somit ergeben sich für die Abteilung II folgende Tätigkeitsfelder:
- Sicherstellung einer engen fachlichen Vernetzung aller am Schutz Kritischer Infrastrukturen beteiligten öffentlichen und privaten Stellen,
- Erarbeitung von kurz-, mittel- und langfristigen Risikoanalysen für Kritische Infrastrukturen,
- Erarbeitung von Notfall- und Gefahrenabwehrplänen für Kritische Infrastrukturen, einschließlich von Empfehlungen für ein integriertes Risiko- und Krisenmanagement (Zusammenspiel von öffentlicher/externer und privater/interner nichtpolizeilicher Gefahrenabwehr),
- Beratung staatlicher, sonstiger öffentlicher und privater Stellen hinsichtlich der Vorsorge- und Abwehrplanung zum Schutz Kritischer Infrastrukturen,
- Erarbeitung von Empfehlungen für den baulich-technischen Schutz von Infrastruktureinrichtungen.
Das BBK wirkt über die Abteilung II auch im Nationalen Cyber-Abwehrzentrum (NCAZ) mit, das beim Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) angesiedelt ist.
Dritter zentraler Aufgabenbereich der Abteilung ist die behördeninterne Koordinierung der internationalen Aktivitäten des BBK sowie die Unterstützung des BMI bei der Umsetzung und Fortentwicklung des Katastrophenschutzverfahrens der Europäischen Union. Seit dem Jahr 2008 führt das BBK durch andere Ressorts finanzierte Unterstützungsprojekte für Zivil- und Katastrophenschutzbehörden in anderen Ländern durch, so z. B. in der Volksrepublik China, in Tunesien, in Jordanien, in der Ukraine u. a. Hierbei kooperiert das BBK u. a. mit der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), dem THW, Feuerwehren u. a. Institutionen.
Seit 2017 ist beim BBK in der Abteilung II auch die Nationale Kontaktstelle für die Umsetzung des Sendai-Rahmenwerkes für Katastrophenvorsorge in Deutschland eingerichtet. Das Sendai-Rahmenwerk ist ein Arbeitsprogramm der Vereinten Nationen im Zuge der UN-Strategie zur Reduzierung des Katastrophenrisikos (UN-ISDR).
Durchgeführte Risikoanalysen
Die Risikoanalyse ist im Zivilschutz- und Katastrophenhilfegesetz, § 18 gesetzlich verankert: „Der Bund erstellt im Zusammenwirken mit den Ländern eine bundesweite Risikoanalyse für den Zivilschutz. Das Bundesministerium des Innern unterrichtet den Deutschen Bundestag über die Ergebnisse der Risikoanalyse nach Satz 1 ab 2010 jährlich.“
Seit 2012 wurden die folgende Risikoanalysen durchgeführt:[7]
- Extremes Schmelzhochwasser aus den Mittelgebirgen (2012)[8]
- Pandemie durch Virus Modi-SARS (2012)[8]
- Wintersturm (2013)[9]
- Sturmflut (2014)[10]
- Freisetzung radioaktiver Stoffe aus einem Kernkraftwerk (2015)[11]
- Freisetzung chemischer Stoffe (2016)[12].
- Dürre (2018)[13]
Abteilung III – Forschung und Technik, Gesundheitlicher Bevölkerungsschutz
Aufgaben/Übersicht
Aufgaben der Abteilung III sind u. a.:
- Ermittlung des Forschungsbedarfs und Erarbeitung von Rahmenplänen,
- ABC-Schutz / -Vorsorge auf wissenschaftlich-technischem und medizinischem Gebiet,
- Konzipierung und Beschaffung der ergänzenden zivilschutzbezogenen Ausstattung für die Bundesländer („Task-Force-Modell“)[14],
- wissenschaftliche und technische Beratung.
Abteilung IV – Bundesakademie für Bevölkerungsschutz und Zivile Verteidigung
Zum BBK gehört die Bundesakademie für Bevölkerungsschutz und Zivile Verteidigung (BABZ) in Bad Neuenahr-Ahrweiler. Diese Institution ist die zentrale Aus- und Fortbildungseinrichtung im Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe. Aufgaben der BABZ sind:
- Aus- und Fortbildung des mit Fragen der Zivilen Sicherheitsvorsorge befassten Personals und der Führungs- und Lehrkräfte des Katastrophenschutzes,
- Durchführung und Auswertung von Übungen, wie beispielsweise die länderübergreifende Krisenmanagementübung LÜKEX,
- Auswertung von Großschadenslagen im In- und Ausland,
- Auswertung nationaler und internationaler Analysen, Publikationen und Dokumentationen,
- wissenschaftliche Betreuung von Forschungsvorhaben sowie deren Auswertung und Umsetzung,
- Durchführung von Studien und Untersuchungen,
- Durchführung von Seminaren, Übungen und sonstigen Veranstaltungen zur Zivil-Militärischen Zusammenarbeit sowie
- Mitwirkung an den konzeptionellen Arbeiten der fachlich zuständigen obersten Bundesbehörden, Mitarbeit in Bund-Länder-Ausschüssen und in EU-Gremien.
Abteilung Z – Zentrale Dienste
Aufgaben/Übersicht
Aufgaben der Abteilung Z sind u. a.:
- Personal
- Haushalt und Recht
- Organisation, Fachinformationsstelle
- Technische Dienste
Fachinformationsstelle
Die Fachinformationsstelle (FIS) bietet allen haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitern im integrierten Hilfeleistungssystem die Ausleihe von Fachliteratur und Kopien aus Fachzeitschriften an. Sie sammelt, erschließt und vermittelt Fachliteratur zu allen Themen der Zivilen Verteidigung und des Bevölkerungsschutzes.
Sie unterstützt den Bevölkerungsschutz bei Bund, Ländern, Gemeinden und Hilfsorganisationen mit moderner Informationsvermittlung und bietet ihren Kunden durch die Aufbereitung und Strukturierung von Wissen einen Mehrwert für die tägliche Arbeit. Als Vermittler von Daten, Fakten und Informationen zu Fragen des Bevölkerungsschutzes erschöpft sich der Service der FIS nicht nur in der Ausleihe von Büchern. Im Internet kann jeder Interessent in der Literaturdatenbank[15] recherchieren. Die FIS verfügt insgesamt über einen Bestand von rund 63.000 deutsch- und englischsprachigen Medien (Bücher, Aufsätze, Videofilme, DVD und CD-ROM). Die FIS besteht aus Bibliothek und Dokumentation.
Das BBK gibt vierteljährlich die Zeitschrift Bevölkerungsschutz heraus.[16]
Geschichte
Vorgeschichte
- 1952 wurde die Unterabteilung Ziviler Luftschutz im Bundesministerium des Innern eingerichtet.
- 1955 wurde die Unterabteilung in die Bundesanstalt für zivilen Luftschutz überführt.
- 1957 wurde diese Anstalt der Bundesdienststelle für zivilen Bevölkerungsschutz unterstellt.
- 1958 wurde aus dieser Dienststelle das Bundesamt für zivilen Bevölkerungsschutz.
- 1974 wurde es in Bundesamt für Zivilschutz (BZS) umbenannt.
- 2001 wurden die Aufgaben des BZS durch das Haushaltssanierungsgesetz von 1999 dem Bundesverwaltungsamt (BVA) übertragen. Das BZS wurde in das BVA übergeleitet und hat dort die Aufgaben des Zivil- und Katastrophenschutzes als Zentralstelle für Zivilschutz wahrgenommen.
Seit Errichtung
Am 1. Mai 2004 wurde das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe errichtet. Hintergrund waren zum einen die Terroranschläge am 11. September 2001 und zum anderen die organisatorischen Differenzen zwischen Bund und Ländern bei der Bekämpfung des Elbhochwassers 2002. In den Jahren 2006/07 zeichnet das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe hauptverantwortlich für die Einführung der Medizinischen Task Forces im Rahmen der „Neuen Konzeption im Bevölkerungsschutz“. In dieser neuen Konzeption wurde, abgestimmt mit den Bundesländern, ein neues, auf Spezialgefahren wie ABC-Schutz und MANV ausgerichtetes Ausstattungskonzept, erarbeitet. Dieses stellt der Bund den Ländern im Rahmen der ergänzenden, zivilschutzbezogenen Ausstattung zur Verfügung.[17] Der erste Amtspräsident Christoph Unger begann dort im November 2004 kurz nach seinem Amtsantritt, die bereits 2002 beschlossenen Länder- und Ressortübergreifende Krisenmanagementübungen LÜKEX abzuhalten, in denen z. B. Virus-Pandemien, Cyberangriffe oder eine Gasmangellage durchgespielt wurden.
Seit dem Jahr 2006 ist das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe als Kooperationspartner an dem weiterbildenden Masterstudiengang Katastrophenvorsorge – Katastrophenmanagement (KaVoMa) beteiligt. Dieser Studiengang wird von der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn angeboten. Ziel ist ein ganzheitlich ausgerichteter, akademischer Qualifizierungsbeitrag auf dem Gebiet der Katastrophenvorsorge und des Katastrophenmanagements.[18][19][20]
Am 8. Juni 2015 wurde die vom BBK entwickelte Warn-App NINA („Notfall-Informations- und Nachrichten-App“) für Smartphones der Bevölkerung zur Verfügung gestellt. Gleichzeitig wurde die Website warnung.bund.de freigeschaltet, die ebenfalls über alle aktuellen Warnmeldungen aus dem MoWaS-System informiert.[21]
Angesichts der COVID-19-Pandemie kritisierte BBK-Präsident Unger im April 2020, dass die Politik durch eine unter Beteiligung des BBK bereits 2012 erstellten Risikoanalyse zu einer SARS-Pandemie nicht ausreichend für die drohende Gefahr sensibilisiert worden sei.[22] Unger mahnte wenig später auch, dass die deutsche Bevölkerung auf größere Katastrophen schlecht vorbereitet sei und insbesondere im Hinblick auf den Klimawandel vermehrt mit Starkregenereignissen zu rechnen wäre.[23] Ein von ihm initiierter bundesweiter Probealarm am 10. September 2020 (Warntag) zeigte erhebliche technische Probleme bei der Warnung der Bevölkerung auf. Diese beruhten insbesondere auf einer „nicht vorgesehene[n] zeitgleiche Auslösung einer Vielzahl von Warnmeldungen“ durch Landes- und Kommunalbehörden, die sich damit gegenseitig blockierten und so das Versagen des bundesweiten Warnsystems herbeiführten. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) lastete den Fehlschlag jedoch dem SPD-Mitglied Unger an und löste ihn als Behördenleiter durch den bisherigen CDU-Bundestagsabgeordnete Armin Schuster ab.[24] Die Personalentscheidung wurde sowohl von den oppositionellen Grünen als auch vom Koalitionspartner SPD als „planlos“ bzw. „Bauernopfer“ kritisiert.[25][26]
Schuster schied im April 2022 aus dem Amt, da er Innenminister in Sachsen wurde.[27] Seit dem 15. Juni 2022 ist Ralph Tiesler Präsident des Bundesamtes.
Kritik
Nach dem Hochwasser in West- und Mitteleuropa 2021 mit über 150 Toten in Deutschland wurde das BBK kritisiert, die Bevölkerung in den betroffenen Gebieten sei durch das Amt zu spät gewarnt worden. Der damalige BBK-Präsident Schuster sagte daraufhin, die Warninfrastruktur habe funktioniert und seine Stelle habe 150 Warnmeldungen verschickt.[28] Seine Behörde sei für den Verteidigungsfall im Krieg zuständig, im Katastrophenfall nicht, sie könne aber Amtshilfe zum Beispiel mit ihrer satellitengestützten Warninfrastruktur leisten.[29]
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