Beim Olympia-Attentat vor 50 Jahren am 5. September 1972 hatten palästinensische Terroristen bei den Olympischen Spielen in München die israelische olympische Mannschaft überfallen. Es war ein politisch motivierter Racheakt für Überfälle und Morde, die Israels Juden am Volk Palästinas getan hatten. Darauf hätte die Weltöffentlichkeit aufmerksam gemacht werden sollen. Es war der elfte Tag der Olympischen Spiele als ein palästinensisches Terrorkommando das Quartier der israelischen Mannschaft überfiel (da das Olympische Dorf völlig ungesichert war), erschoss gleich zwei Athleten und nahm neun weitere Geiseln gefangen, um die in Israel gefangen genommenen Freiheitskämpfer freizupressen. Bei den missglückten Befreiungsaktionen, bei denen die deutsche Polizei ihre überbordende Schlamperei an den Tag legte, gab es laute behördliche Pannen und Fehleinschätzungen, die verheerend endeten. Alle elf jüdischen Geiseln, ein deutscher Polizist (von dem kaum die Rede ist) und fünf Attentäter werden in einem Feuergefecht am Fliegerhorst Fürstenfeldbruck bei München getötet - ein katastrophales Scheitern der Sicherheitsbehörden. Und unsagbar beschämend war das, was danach kam: Eine Regierung nach der anderen drückte sich vor der Aufarbeitung, hielt Akten unter Verschluss und ignorierte das unendliche Leid und den Schmerz der Opferfamilien, die nach Antworten und Gerechtigkeit suchten.
Das Zustandekommen des Attentats und seine tödlichen Folgen waren Ergebnis eines deutschen Staatsversagens. Ein weiteres Staatsversagen kam durch die permanente massive Wahrheitsunterdrückung und juristische wie politische Behinderung der Aufarbeitung dieser Katastrophe.
Nach
jahrzehntelangem Streit über die Entschädigung für die Hinterbliebenenfamilien
des Olympia-Attentats von 1972 hat die Bundesregierung mit ihnen eine Einigung
erzielt. Dies teilte ihr Regierungssprecher Steffen Hebestreit mit. Er sprach
in einer Mitteilung von einer "Gesamtkonzeption" und erklärte, dass
dazu die Aufarbeitung der Geschehnisse durch eine Kommission deutscher und
israelischer Historiker gehöre, die rechtskonforme Freigabe von Akten, die
Einordnung und Übernahme von politischer Verantwortung sowie die Bereitstellung
weiterer Anerkennungsleistungen durch den Bund, durch das Land Bayern und durch
die Stadt München.
50 Jahre kämpften die Hinterbliebenen für Aufklärung und Entschädigung. Ihre moralische Pflicht war, die historische Gerechtigkeit zu verlangen. Denn deutsche Behörden vertuschten immer wieder - in ihrer gewohnt perversen Manier - ihr eigenes Versagen und ignorierten die gerechten Forderungen der Hinterbliebenen, die Archive zu öffnen und die Opfer für ihr Leid zu entschädigen. Doch das ist ein halbes Jahrhundert nicht passiert. Die Familien haben fünf Jahrzehnte Justizversagen - ein weiteres Merkmal des deutschen Trümmerstaates - durchgemacht, bis endlich ein Durchbruch gelang - nicht aufgrund der Moral und Gerechtigkeit, von der der deutsche Staat soviel Anteil hat wie der Teufel selbst, sondern allein durch den politischen Druck Israels auf die deutsche Regierung und auch deshalb, weil es anderenfalls zum massiven Imageschaden käme, für den die Judenmedien schon sorgen würden. Darum kam es zu Verhandlungen zwischen beider Parteien und zu der für die Betroffenen annehmbaren Entschädigung. Die Hinterbliebenen wurden vom früheren Bundesinnenminister Gerhart Baum zusammen mit Juristen einer
Düsseldorfer Anwaltskanzlei in den Verhandlungen vertreten.
Die Vereinbarung ermögliche auch eine würdige Gedenkfeier am 5. September in
Anwesenheit der Präsidenten Izchak Herzog und Frank-Walter Steinmeier und vor
allem in Anwesenheit der Hinterbliebenen, die sich unter den neuen Umständen
bereit erklärt hätten, an der Feier teilzunehmen, so FDP-Politiker Baum.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) erklärte zur Einigung, für sie sei
wichtig, "dass wir uns den Menschen, deren Leben durch Anschläge
dramatisch verändert wurde, mit mehr Empathie und mehr Unterstützung
zuwenden".
Wie
die Deutsche Presse-Agentur aus Regierungskreisen erfuhr, war zuletzt eine
Entschädigungssumme von 28 Millionen Euro im Gespräch. Davon soll der Bund 22,5
Millionen, das Land Bayern 5 Millionen und die Stadt München 500.000 Euro
beitragen.
Ankie Spitzer, die Witwe des ermordeten Athleten Andrei Spitzer, zeigte sich erleichtert über die Einigung. Sie habe das Gefühl, dass sich "der Kreis endlich geschlossen" habe. Die Hinterbliebenen hätten jetzt alles erreicht, was sie erreichen wollten, sagte Spitzer dem niederländischen Nieuw Israelietisch Weekblad. Bislang waren insgesamt 4,6 Millionen Euro an die Familien der Opfer gezahlt worden. Ein weiteres Angebot, das es vor der jetzt erzielten Einigung gab - angeblich 200.000 Euro pro Familie - hatte Spitzer zuletzt als "Beleidigung" bezeichnet. Für sie sei diese Summe keine angemessene Entschädigung und auch kein ausreichendes Schuldeingeständnis Deutschlands für das mangelhafte Sicherheitskonzept und den vollkommen verunglückten Anti-Terror-Einsatz in Fürstenfeldbruck.
Wie es aussieht, bekommen die Hinterbliebenen der damals 11 getöteten Juden um die 32 Millionen Euro an Entschädigungsleistungen (2,9 Millionen Euro pro Angehörigenkreis) und eine Aussicht auf die Aufarbeitung dieser menschengemachten Katastrophe. Eine Gedenkstätte und die Gedenktafel mit den Namen der damals getöteten Juden haben sie schon längst.
Heute fand eine politisch hochkarätig besetzte Gedenkveranstaltung für die Opfer des Olympia-Attentats von München 1972 statt, bei der Steinmeier in seinem gewohnten kriecherischen Stil gegenüber von Juden, die Hinterbliebenen um Vergebung bat für all diese tödlichen Verfehlungen, die damals passierten und für die Missstände, die dann die Hinterbliebenen 50 lange Jahre ertragen mussten. Deutschland hat versagt vor 50 Jahren und dann 50 Jahre lang weiter. Aber der lange Kampf der Opfer um Gerechtigkeit ist endlich zu Ende gegangen und war erfolgreich - erfolgreich nur deshalb, weil sie Juden sind. Den Rest sollte eine gemischte Historikerkommission aufklären, die mit allen erforderlichen Akten versorgt werden sollte.
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32 Jahre nach dem Olympia-Attentats von München, am 26. Dezember 2004, fand eine andere menschengemachte Katastrophe statt, das Tsunami-Desaster bei dem nicht ein einziger Deutscher, sondern über 550 Deutsche eines fremd verschuldeten, gewaltsamen und grausamen Todes zum Opfer fielen. Es war die größte humanitäre Katastrophe Deutschlands in der Nachkriegszeit. Und sie war das Ergebnis eines kollektiven, massiven und kriminellen Staatsversagens, bei dessen gigantischen Dimension die Ereignisse in München 1972 im Vergleich fast mikroskopisch erscheinen.
Wir haben das gigantische Ausmaß dieses Versagens nach und nach eingehend untersucht und ausführlich darüber an verschiedenen Stellen in diesem Blog berichtet.
Jerzy Chojnowski
Chairman-GTVRG e.V.
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