ANTHROPOGENE
KATASTROPHE:
TSUNAMI-MASSAKER
AM 26. DEZEMBER 2004
(aus der
Klageschrift beim Sozialgericht Lübeck vom August 2005)
Sie werden nicht die Internationale
Tourismus-Börse (ITB) überschwemmen,
die morgen unter dem Funkturm
beginnt. (…)
Der Tsunami war eine Naturkatastrophe
ohne Schuldige …
Er hat die Welt des Tourismus nicht
verändert“
(„Weltfamilie“ – Jakob Strobel y Serra, FAZ vom 10.03.05)
Als Tsunami-Überlebensopfer, dessen Vater Konrad Jan Chojnowski am 26. 12. 2004 gegen 10.00 Uhr in Bangtao auf Phuket unter dramatischen Umständen die drei gewaltigen Flutwellen nicht überlebte und vermeidbar, fremd verschuldet, gewaltsam und grausam in den Fluten ums Leben gekommen ist, kann und darf ich – stellvertretend für viele Tsunami-Opfer und Hinterbliebene – solche Aussagen, wie die oben zitierten, in der Öffentlichkeit nicht widerspruchslos sowie unkommentiert im Raum stehen lassen. Zum grundlegenden Verständnis der Sachlage sind einige Vorbemerkungen erforderlich, die im Grunde Antworten bilden auf einige wenige Hauptfragen, nämlich:
Sind wir nun wirklich Opfer einer Naturkatastrophe geworden?
Ist tatsächlich die juristisch und versicherungstechnisch wohlbekannte höhere Gewalt eines Naturphänomens im
Spiel? Aufklärung tut Not, denn die meisten Menschen, darunter auch manche
betroffenen Touristen, Journalisten, Behörden und Politiker wissen nicht genau,
was eigentlich am zweiten Weihnachtstag 2004 an den Küsten des Indischen Ozeans
geschah. Und vor allem: Warum?...
1. Anthropogene Katastrophe
Nur das Seebeben (der Stärke 9,3 - zweitstärkste bisher registrierte) am 26.12.2004 um 07.59 Uhr Ortszeit und der von ihm generierte Tsunami waren höhere Gewalten, sprich Naturereignisse; sie hätten übrigens noch vor 100 Jahren auch in ihren Folgen als höhere Gewalt bezeichnet werden können; genauso wie der Extremausbruch des Vulkans Krakatau in jener Region (in der Sunda-Straße, zwischen den Inseln Java und Sumatra), dessen urgewaltige Explosion am 27. August 1883 fast die ganze Krakatau-Insel von der Erdoberfläche verschwinden ließ – der dadurch entstandene verheerende Tsunami verwüstete mit weit über 40 m hohen Wellen die umliegenden Küsten und forderte zigtausende Menschenleben.
Diese undifferenzierte Bezeichnung ist allerdings überhaupt nicht adäquat, was die katastrophalen, tödlichen Folgen dieser Naturgewalten als anthropogene verantwortungslose Massenvernichtung menschlichen Lebens in unserem Zeitalter anbetrifft. Warum ?
1.1 Totale und kontinuierliche geophysikalische Erdüberwachung verbunden mit globaler Kommunikation
Wir leben heute inmitten einer technisierten Welt mit weltweit funktionierenden terrestrischen und außerterrestrischen Monitoringsystemen der Erde sowie weltumspannenden Kommunika-tionsnetzen, die in der Gegenwart zum technischen Standard und zum Alltag gehören - dazu zählen zahlreiche hochempfindliche Netze seismischer Detektoren und Seismographen - wodurch die Informationen, Daten und Nachrichten jeglicher Art binnen Sekunden rund um die Welt übermittelt werden können. Unsere Welt von heute unterscheidet sich diametral von der Lebensweise der den Gewalten der Natur hilflos ausgelieferten Steinzeitmenschen.
Diese Technik kostete Milliarden, verschlingt weitere
Unsummen in der Finanzierung der Betriebs-kosten und soll als
Katastrophenabwehr die Steuerzahler vor mannigfaltigen Umweltgefahren
wirkungsvoll schützen, im In- und Ausland, so das erklärte Ziel. Die Situation
am Schwarzen Sonntag bewies mit aller Deutlichkeit die Fiktion dieser
rechtsverbindlichen und verantwortungsvollen Ziel-setzung, sowie die
Grundlosigkeit des Technikglaubens, infolge der kriminellen Unterlassungen dieser Straf- und Mittäter.
Nicht die Technik hat versagt, sondern diesmal der Mensch.
1.2 Wohlbekannte Gefahren und ihre Ursachen in der Region - alles anders als unvorhersehbar und überraschend
Der Kontinentaldrift, die besonderen Gefahren der Subduktionszonen und speziell der sich tausende Kilometer unterseeisch erstreckenden Subduktionszone des Sunda(Java)grabens im mosaikartigen Kollisionsbereich der tektonischen Platten; das Phänomen der Tsunamis sowie die ständige hohe seismische (geschweige denn vulkanische) Aktivität der Region, die auch kontinuierlich durch seismische Geolabors weltweit beobachtet und registriert wird, sind mittlerweile nicht nur den Wissenschaftlern seit langem bekannt und hinreichend erforscht. In dieser Region verursacht die kontinuierliche Verschiebung der tektonischen Platten hohe Spannungen in der Erdkruste, die sich in Vulkanausbrüchen und Seebeben zwangsweise entladen müssen, was in dieser Hinsicht freilich vorhersehbar war und auch tatsächlich von Wissenschaftlern vorhergesehen wurde. Obwohl mittlerweile erdrückende Beweise vorliegen, dass es sich am „Schwarzen Sonntag“ des 26. Dezember in Thailand um ein anthropogenes Katastrophenereignis handelte, wiederholen die Versager, ihre Handlanger und manche Uninformierte die unhaltbare, dem Sachverhalt nicht adäquat entsprechende These vom „unvorhersehbaren Naturereignis“ und „höherer Gewalt“. Doch Pressebe-richten zufolge, die vorliegen und die amerikanische warnende Forschungsberichte widerspiegeln, war das Seebeben-Ereignis vor Sumatra eben nicht „unvorhersehbar“, wie behauptet wird, sondern sehr wohl vorhersehbar. Zu bemerken wäre zuallererst, dass vom September 2004 bereits weltweit zweimal mehr Erdbeben registriert wurden als in der ersten Jahreshälfte, beispielsweise am 07.12.2004 ein als big event eingestuftes Seebeben bei Sumatra, oder am 23.12.2004 ein Seebeben der Stärke 8,1 RS bei Macquarie Island – allesamt Hinweise auf eine herannahende Gefahr seismischer Katastrophe. Alle wussten, dass Sumatra wie ein geladener Revolver sei, keiner konnte jedoch voraussagen, wann er sich entlädt, stellte Brian Atwater von US Geological Survey fest. „Es hat Zeichen gegeben. Die Erde warnte vor dem Unheil, das im Indischen Ozean drohte. Und es hat auch andere Menschen gegeben, die von den Fingerzeichen der Natur wussten. Kerry Sieh, Erdbebenforscher am Caltech-Institut in Pasadena, Kalifornien war einer von ihnen. Er studiert die Erdbeben der Vergangenheit, um die der Zukunft vorherzusagen. Sumatra, das Epizentrum der Katastrophe kennt er gut. Seit zehn Jahren untersucht Sieh entlang der Küste von Sumatra die Subduktionszone (Abtauchzone): Dort schiebt sich unaufhaltsam langsam der Meeresboden unter die tektonische Platte (Birma Platte), auf der Sumatra liegt. Sieh wusste genau, dass an diesem typischen Geburtsort von Seebeben Schlimmes drohte; aber er wusste nicht, wann. Für seine düstere Vorahnung gab es gute Gründe. Vor der Westküste von Sumatra reihen sich ein paar Inseln, die im Meer versinken, jedes Jahr um einen Zentimeter tauchen sie im Ozean ab. Auch die Dorfbewohner wussten das, sagt Sieh. Sie erlebten, wie ihre Piers und Kaumauern dem Wasserspiegel immer näher kamen.“ – zitiert DER SPIEGEL den Erdbebenforscher. Seismische Aktivität in dieser hochgradig gefährdeten Region um den Sunda-Graben wurde und wird übrigens regelmäßig registriert.
Die mit geodätischer GPS-Präzisionsmessung im IGS-Netz quantitativ erfasste horizontale Platten-verschiebung an dieser konvergenten Plattengrenze beträgt jährlich 7-10 cm. In dieser Situation ist ein langes Ausbleiben eines großen Bebens ein untrügliches Indiz dafür, dass eine seismische Katastrophe mit zwingender Notwendigkeit folgen muss, um die aufgebaute Spannungen freizusetzen. Es war somit für Sachkundige unschwer, eine ausreichend begründete Prognose des kommenden Megabebens aufzustellen.
1.3 Tsunamigefahr
Das Hotel Bangtao Beach Resort auf Phuket – wo ich zusammen mit meinem Vater Konrad Jan Chojnowski und seiner Lebensgefährtin Frau Lidia Kruffczyk im Dezember 2004 den Urlaub verbrachten – liegt (wie übrigens zahlreiche andere dortige Hotels) an der thailändischen seismisch gefährdeten Westküste, die sich in unmittelbarer Nähe zur plattentektonischen Bruchkante befindet. Tsunamis in seismisch gefährdeten Gebieten sind aus den schriftlichen Überlieferungen der geschriebenen Geschichte seit mindestens 500 Jahren bekannt. Tsunamis, von denen nicht alle zerstörerische Wellenhöhe erreichen, Opfer fordern und Schäden anrichten, entstehen jedes Jahr mit zwingender Notwendigkeit, die sich durch die immerwährende Bewegung der tektonischen Platten ergibt. „Vor der Megakatastrophe in Südostasien gab es regelmäßig Tsunamis, die Todesopfer forderten und erhebliche Sachschäden anrichteten. Das Tsunami-Laboratorium in Novosibirsk beobachtete von 1900 bis 2001 genau 796 Tsunamis. Zu der bis 2004 schlimmsten Tsunami-Katastrophe im Indischen Ozean kam 1883 bei Ausbruch des Vulkans Krakatau zwischen Sumatra und Java. Damals wurden Tsunami-Wellen entfesselt, die auf Java 40 Meter und auf Sumatra 36 Meter hoch reichten. Die Wellen spülten Dörfer und Städte von den umliegenden Küsten. Die meisten der über 36 000 Menschen, die damals starben, wurden von den einstürzenden Wassermassen getötet. Ausgelöst von Erdbeben der Magnitude 7,0 bis 8,3 brandeten sie in den vergangenen zwölf Jahren an Küsten Indonesiens, Papua-Neuguineas, der Philippinen, Japans, Russlands, Mexicos, Nikaraguas, Perus, Kamtschatkas, Alaskas, Neuseelands, Kaliforniens, Marquesas-Inseln; auf Flores starben durch Tsunami-Aufprall mehr als 1000 Menschen. Der bekannt-este vorletzte Tsunami ereignete sich in Papua-Neuguinea an den Stränden der Sissano-Lagune als ein Seebeben der Stärke 7,1 einen gewaltigen Tsunami generierte, der eine halbe Stunde später mit bis zu 10 m hohen Welle auf die Küste zuraste, die Dörfer der Einheimischen niederwalzte und über 3000 Menschen in den Tod riss.“ (Aus: „GEO Epoche, Tsunami – Der Tod aus dem Meer“).
Aus historischen Daten und nicht zuletzt aus der jüngsten Vergangenheit lernend resultiert die unmittelbare Tsunami-Gefahr für diesen thailändischen Küstenabschnitt, da sowohl im Bereich des Indischen Ozeans als auch aus der Pazifikregion mindestens seit 150 Jahren bekannt ist, dass Tsunamis Strecken von hunderten und tausenden Kilometern zurücklegen können ohne an gewaltiger Zerstörungskraft einzubüßen. Wohlbekannt in interessierten Kreisen ist, dass Tsunamis, die an der Chilenischen Küste generiert wurden, verheerende Zerstörungen auf den Hawaii Inseln, an den Küsten Japans und auf den Aleuten verursachten.
Sowohl dem Hotelbetreiber als auch dem Reiseveranstalter war sehr wohl bekannt, dass dieses Hotel (samt der Liegewiese, von der ich und mein Vater weggespült wurden) lagemäßig auf einem Grundstück errichtet wurde, das sich kaum 1,5 m von dem Pegel des mittleren Hochwassers erhebt, und dass solche Lage als extrem exponiert gewertet werden müsste.
Fahrlässigerweise wurden aber sowohl entsprechende Lehren aus der lehrreichen (auch jüngsten) Vergangenheit vernachlässigt, als auch unberechtigterweise die direkte Strandlage des Hotels von den verantwortlichen Zulassungsinstanzen der Touristikunternehmen und auch der thailändischen Behörden als sicher für den Hotelbetrieb eingestuft.
1.4 Erdbeben versus Seebeben – gravierende Unterschiede, unvergleichbare Naturereignisse
In der Diskussion wird oft vergessen, dass es sich bei einem Erdbeben und einem Seebeben um qualitativ zwei verschiedene Phänomene handelt: Das Erdbeben ist heutzutage wissenschaftlich nicht exakt voraussehbar. Wenn es da ist, dann ist es sofort in seiner ganzen Wirkung und – besonders in dicht besiedelten urbanen Gebieten - in seinen verheerenden Folgen da. Hier kann man von höherer Gewalt sprechen. Bei einem Seebeben dagegen entstehen weit vom Epizentrum zunächst keine sichtbaren Schäden und auch oft kaum spürbare Erschütterungen; doch manchmal (wie in diesem Fall) eine gewaltige seismische Meereswelle, eine sich mit rasender Geschwindigkeit fortpflanzende Druckwelle, deren tödlichen und zerstörerischen Folgen erst Minuten oder Stunden danach auftreten.
„Trotz intensiver Forschung können Erdbeben noch nicht genau vorausgesagt werden. Aber es ist technisch relativ unproblematisch, frühzeitig vor durch sie ausgelösten Flutwellen zu warnen. Letztlich kommt es auf den Abstand der Küste zum Epizentrum an – und auf gute Kommu-nikation. Wir können Erdbeben nicht dezidiert vorhersagen, sie passieren chaotisch, sagt Professor Ernst Flüh, Geophysiker und Spezialist für marine Seismik beim Leibniz-Institut für Meeres-wissenschaften an der Universität Kiel. Zu komplex sind die Abläufe im Erdinnern, um präzise vorhersagen zu können, wann genau und wie stark sich die tektonischen Platten unseres Planeten verschieben. Möglich ist lediglich Erdbebenprognostik basierend hauptsächlich auf historischen Aufzeichnungen und auf den Messwerten der vergangenen Jahrzehnte, erklärt Flüh.
Seismologie ist zum größten Teil eine Wissenschaft des Datensammelns. Denn viele Erdstöße passieren an bekannten Stellen, wieder und wieder. Dazu gehören die so genannten Subduktions-zonen, an denen eine tektonische Platte unter eine andere geschoben wird. Das läuft nie reibungslos ab, sondern meist ruckartig und unter dem Auftreten von unvorstellbaren Kräften. Eine solche Zone liegt vor Sumatra, wo sich am zweiten Weihnachtstag des vergangenen Jahres die aufgestaute Spannung in einem gewaltigen Riss von 1000 Kilometern Länge im Unterseeboden entlud – mit den bekannten katastrophalen Folgen. Sobald so eine Bruchstelle bis zur Oberfläche des Meeresbodens durchgeht, werden riesige Mengen Wasser verdrängt, sagt Flüh. Je größer der Bruch, umso größer ist die Menge des verdrängten Wassers. Lediglich vor Chile gibt es einen dokumentierten Riss, der mit 2000 Kilometern Länge noch größer sei als der in Indonesien.
Der Effekt dieser Brüche ist gewaltig: Die gesamte Wassermasse des Ozeans gerät in Bewegung. Mit rasanten Geschwindigkeiten bewegen sich konzentrische Wellen von der Bruchstelle weg. In tieferem Wasser ist das an der Oberfläche oft nicht einfach zu erkennen, teilweise sind die Wellen hier weniger als einen Meter hoch. Erst in flacheren Küstengewässern türmt sich das Wasser der sich fortbewegenden und zunehmend abgebremsten Wassermasse zu haushohen Killerwellen auf – Tsunamis. Meistens werden sie durch Seebeben ausgelöst, aber auch unterseeische Rutschungen, Vulkanausbrüche oder Meteoriteneinschläge können die Ursache sein.
Unausweichlich und tödlich sind die Wassermassen, wenn sie auf eine unvorbereitete (oder nicht vorgewarnte – J.Ch) Bevölkerung, wie beispielsweise in Indonesien, Thailand und Sri Lanka treffen.“ Bei erfolgter Frühwarnung sind nämlich keine oder nur wenige Menschenleben zu beklagen.
„Existierende Tsunami-Frühwarnsysteme machen sich eine
entscheidende physikalische Gesetzmäßigkeit zu Nutze, nämlich: Die Schockwellen
eines Seebebens bewegen sich im festen Unterseegestein rund 50 Mal schneller
als die Wellen eines davon ausgelösten Tsunamis. Dementsprechend kommen sie
wesentlich früher am Festland an. Das kann den lebensrettenden Vorsprung vor
der Tsunami-Welle ausmachen.“ (J. Franzen – „Der Welle entkommen“, Technology
Review, Februar 2005)
Wer infolge der mangelnden Unterscheidungs- und Urteilsfähigkeit solche physikalischen Unter-schiede zwischen den beiden Phänomenen: Erd- und Seebeben, und damit verbundene Zusammenhänge nicht sehen kann oder will, muss sich mit dem Vorwurf konfrontiert sehen, schwer vom Begriff zu sein, oder absichtlich zwecks Verfälschung oder Vertuschung sie nicht sehen zu wollen.
Um diesen gravierenden Unterschied mit einem Beispiel aus der jüngsten Zeit zu belegen, wäre das Erdbeben im iranischen Bam am 26.12.2003 und die dort sofort aufgetretene zerstörerische und tödliche Wirkung, mit dem Seebeben am 26.12.2004 bei Sumatra, und den erst Stunden später auftretenden tödlichen Folgen in Thailand, Malaysia, Sri Lanka, Indien, Malediven, Afrika etc. miteinander unvergleichbar. Und so erreichten die ersten Tsunami-Wellen die Bangtao Bucht und unser Hotel kurz vor 10.00 Uhr also erst fast zwei Stunden nach dem Seebeben. Sie töteten meinen Vater und rissen mich mit gewaltiger Kraft in den Tod und Zerstörung bringenden Strudel hinein. Nur durch unbegreiflich viel Glück überlebte ich verletzt mit Wunden am Körper und psychischem Schock.
1.5 Nicht auf eigenes Risiko und eigene Gefahr
Der folgende Aspekt, der manchmal in die Diskussionsrunde geworfen wird, ist die Behauptung, die Reisenden reisen grundsätzlich auf eigenes Risiko, sprich auf eigene Gefahr, was fast zwangsweise mit der Benutzung der Industrieprodukte im täglichen Leben (scheinbar ausschließlich auf eigene Gefahr, denken sich viele irrtümlich dabei) assoziiert wird. Diesem weit verbreiteten Irrglauben möchte ich gleich folgende Feststellung verneinend entgegensetzen: Die meisten Touristen, wie auch fast alle Menschen aus unserer hoch zivilisierten Welt, kannten lebensbe-drohende Katastrophen nur aus Filmen und dem Fernsehen; sie haben längst verlernt, mit der Natur wie die Indianer oder Trapper, die einst mit der Natur und ihren Gefahren auf du und du lebten, zu leben. Sie durften und mussten sich deshalb auf Einrichtungen, Dienste und zuständige, kompetente Personen verlassen, die für ihre Sicherheit sorgten, insbesondere in kritischen Situationen der drohenden Naturgewalt. Und so verlassen sich die Menschen der Vereinigten Staaten auf die Gefahrenmeldungen der Warnzentren, die sie vor drohender Tornado- oder Hurrikangefahr warnen und entsprechende Alarme veranlassen. Tragischerweise sind die Tsunami-Opfer von der berechtigt-en aber leider falschen Überzeugung ausgegangen, dass sie sich in dieser Hinsicht auf ähnliche Einrichtungen, Dienste und Personen auch verlassen können. Auch ich habe mich auf die Kompetenz, Zuverlässigkeit, Verantwortungsgefühl, Pflichtbewusstsein und Pflichterfüllung anderer verlassen. Ich habe mich darauf verlassen, dass sie sich um unsere Sicherheit kümmern und maß sowohl bei diesem Urlaub als auch bei allen meinen Urlauben unter Begleitung meines Vaters und seiner Lebensgefährtin dem Faktor Sicherheit und Bequemlichkeit immer eine außerordentliche Rolle bei. Wir waren ja keine individual reisenden Rucksack-Touristen auf der Suche nach Grenzerfahrungen, keine unrühmlichen, auf eigene Faust leichtsinnig reisenden Sahara-Touristen, die einen Abenteuerurlaub machten und sich in die wilde Bahn begaben, um Grenzerlebnisse und ein Restrisiko hautnah zu erfahren und die Elemente der Natur in ihrer ursprünglichen Gewalt zu erleben. Vermutlich ist auch solchen Touristen bekannt, dass Touren in die Wildnis oft in einer Katastrophe enden – und sie machen sie trotzdem; sie wollen das Schicksal einfach herausfordern und setzen den Fuß in die Wildnis. Wir aber waren Teil einer organisierten Urlaubsreise in einem touristisch erschlossenen Gebiet, auf einem rund um die Uhr polizeilich/militärisch (durch per Funk kommunizierte Uniformierte) bewachten Hotelgelände, an einem Ort mit allen sonstigen technischen Annehmlichkeiten eines 4-Sterne-Hotels. Daher fühlte ich mich vor dem Urlaub nicht verpflichtet, mich eingehend mit dem Thema „Survival“ zu beschäftigen, Überlebenstrainings durchzuexerzieren, Survivalkurse zu absolvieren, mit einem Survival-Handbuch in der Hand Überlebenstechniken zu studieren und sie meinen Urlaubsbegleitern zu vermitteln. Wir hatten weder Wildnis-Ausrüstung im Reisegepäck noch wollten wir Dschungelwandern. Weder das „US Army Survival Handbuch – Die hohe Schule des Überlebens“ noch das Handbuch für die Fallschirmjäger der Bundeswehr waren unsere Urlaubslektüren. Wir wollten nicht wie Rüdiger Nehberg 1000 Kilometer ohne Nahrung und ohne Ausrüstung wandern. Pauschalreisende Touristen wie wir sind mit Reinhold Messner, Arved Fuchs oder Rüdiger Nehberg nicht zu vergleichen. Ihnen darf nicht das Gleiche zugemutet werden, wie den drei deutschen Abenteurern und Überlebenskünstlern, die mit Minimalausrüstung sich auf ihre Reisen in die Wildnis begeben – zweifelsohne auf eigenes Risiko. Wir haben uns aber für einen sicheren Hotelaufenthalt ohne Risiko entschieden. Zum Zeitpunkt der Katastrophe befanden wir uns auf dem Hotelgelände (Liegewiese) fest davon überzeugt, dass alle, die für unsere Sicherheit verantwortlich waren (darunter auch die technologisch hoch gerüstete Bundesrepublik Deutschland), ihre Pflichten in dieser Hinsicht erfüllen. Das hat sich als ein tödlicher Irrtum erwiesen, weil – wie sich im Nachhinein herausstellte – die Pflichten gleich an mehreren Stellen von den zuständigen Behörden nicht erfüllt wurden.
1.6 Katastrophe von Menschenhand durch menschliches Fehlverhalten
„Bei oberflächlicher Betrachtung scheint der Terminus Naturkatastrophe klar und leicht abgrenzbar zu sein. Eine Naturkatastrophe ist eben eine Katastrophe, bei der die Natur eine für den Menschen katastrophale Situation auslöst, die im schlimmsten Fall zu Massensterben, Massenobdachlosigkeit und Vernichtung von großen materiellen Werten führt. Bisweilen werden sie unter dem Terminus „acts of God“, also „“gottverursachte“ Katastrophen angeführt.
Im Gegensatz dazu stehen nach dieser Einteilung jene Katastrophen, die anthropogen sind, vom Menschen selber verursacht werden, sog. „man made“-Katastrophen oder auch „Zivilisationskatastrophen“.
Diese Unterscheidung, so plausibel sie fürs erste scheinen mag, ist – zwar umgangssprachlich fest verankert – in der Realität des Katastrophengeschehens nur in seltenen Fällen durchzuhalten. Selbst in der biblischer Sintflut bestand ein enger Konnex zwischen „acts of Man“ und „acts of God“, eine Katastrophe, die bis auf wenige Individuen und Lebewesen alles zerstört haben soll, wurde von Gott über die Menschheit deswegen gesandt, weil Menschen eben kein gottgemäßes Leben führten. Die Sintflut war also eben auch „man made“.
Die Schwierigkeiten bei der Unterscheidung zwischen Natur- und Zivilisationskatastrophen ist bei allen Autoren, die sich mit der Katastrophenforschung befasst haben, sichtbar. Gegenwärtig gibt es fast immer eine Überschneidung zwischen den Natur- und den von Menschen verursachten Katastrophen. Allzu oft ist eine saubere analytische Trennung nur schwer durchführbar, ganz zu schweigen von einer eindeutigen Zuweisung sämtlicher Schäden zu Lasten der „bösen“ Natur. Naturgewalten lösen Katastrophen zwar aus, doch können sie als alleinige Ursache für eine Katastrophe oft nur bedingt betrachtet werden. Insbesondere Höhe und Ausmaß der durch sie verursachten Schäden sind vielfach von Menschen mitverursacht. So ist z.B. ein Erdbeben sicherlich primär von der „Natur“ ausgelöst. Wie viele Menschen aber einem Erdbeben zum Opfer fallen, ist auch menschenbedingt: Bauweise, Beachtung oder Nichtbeachtung der Baunormen und Großstadtbildung in erdbebengefährdeten Gebieten etc. beeinflussen das Ausmaß einer Erdbe-benkatastrophe. Eine sichere Bauweise in Wirbelsturmgebieten würde verhindern, dass mancher Wirbelsturm viel weniger schlimme Folgen für die Betroffenen hätte und die betroffenen Siedlungs-gebiete nicht jedes Mal in eine Ruinenlandschaft verwandeln.
Dieser „man made“-Anteil am Katastrophenausmaß ist beinahe immer vorhanden. Zudem gibt es Naturkatastrophen, bei denen der Mensch schon zum Zustandekommen des katastrophalen Naturereignisses in großem Ausmaß beiträgt. Das Warten bis zum Beweis des Gegenteils kann sich dabei als besonders schlimmer Bumerang erweisen. Hochwasser wird durch falsche Flussregulierung, verfehlte Siedlungspolitik, Waldrodung mitbeeinflußt. Ähnliches gilt für Lawinen und Bergstürze.
Menschen verschlimmern eine Katastrophe durch Missachten von katastrophalen Ereignissen und Naturgewalten oder unsachgemäßes Reagieren auf diese. Sie können auch durch eigene Eingriffe die Natur selber zu gewalttätigem Handeln veranlassen angesichts der heutigen technischen Möglichkeiten und zivilisatorischen Belastungen. „Acts of God“ können im wahrsten Sinne des Wortes direkte „man-made“-Katastrophen werden. Diese Verschiebung stellt in den hoch-entwickelten Ländern der Welt und überall dort, wo ihre moderne Technik bereits Einzug gehalten hatte, einen Quantensprung im Verhältnis des Menschen zur Naturgewalt dar. Die klassische Aufteilung der Naturkatastrophen gemäß den Ursachen suggeriert, dass die „Natur“ der eigentliche Übeltäter ist. Die empirische Trennung des Anteils der Natur und des Anteils des Menschen an der jeweiligen Katastrophe ist demnach aber heutzutage oft nicht mehr nachvollziehbar und durchhaltbar. Ausgangspunkt sei in diesen Fällen jeweils ein außergewöhnlicher geophy-sikalischer Prozess, wobei aber der katastrophale Ausgang der Wirkung des Naturphänomens wesentlich durch das Verhalten der Menschen mitbestimmt wird. (G. Schneider – „Naturkatastrophen“, Stuttgart 1980, J. Nussbaumer – „Die Gewalt der Natur“, Grünbach 1996).
Das deutsche Deliktsrecht (Deutsch/Ahrens – „Deliktsrecht“) definiert Zufall und höhere Gewalt folgendermaßen: „Als zufällig bezeichnen wir eine Verletzung, die weder vorsätzlich noch fahrlässig zugefügt wurde. Wo das Verschulden fehlt, herrscht der Zufall. Die höhere Gewalt (vis maior, force majeure, act of God) und das unabwendbare Ereignis sind der gesteigerte Zufall. Es muss sich um ein von außen her kommendes Ereignis handeln, dem auch durch ein hohes Maß an Vorsicht nicht zu begegnen war.“ Wie ein Blitz aus heiterem Himmel! – umschreibt die Umgangssprache solche Ereignisse.
Die Umstände der Tsunami-Katastrophe 2004 – genauer gesagt: die Handlungsmuster der zuständi-gen Behörden und Verantwortlichen – passen evidenterweise nicht zu dieser Definition.
Das kausale Schadenskonglomerat: Katastrophenereignis → menschliches Fehlverhalten (vor, während und nach dem Katastrophenereignis) → Katastrophe
bilden gemeinsam in einer Wirkungskette ein gewaltiges Schadenspotential, das im Hightech- und Informationszeitalter mit seiner hoch entwickelten, aber fahrlässigerweise ungenutzten oder fehlerhaft bedienten Technik sowie mit seinen wie auch immer bedingten organisatorischen Unzulänglichkeiten und Fehlentscheidungen hauptsächlich von dem Faktor Mensch (in der Politik, bei den Behörden, in den Beobachtungswarten und Serviceeinrichtungen der Wissenschaft) mitbestimmt wird. Und von dem Faktor Information – ihrer fachgerechten Gewinnung und zielführenden Verarbeitung.
„Naturkatastrophen sind ein unvermeidliches Schicksal.“ – schreibt die Münchener Rück Stiftung in der Presseerklärung zurecht. Die Menschen an der Westküste in Thailand wären am 26.12.04 diesem unvermeidlichen Schicksal keinesfalls hilflos ausgeliefert, wenn die Verantwortlichen ihre Pflicht getan hätten. Aber sie taten ihre Pflicht nicht; ihre Pflicht, die gefährdeten ahnungslosen Menschen in den Hotels und an den Küsten vor den Gefahren zu warnen – widerrechtlich und sträflich schuldhaft, kriminell fahrlässig!
Dazu war sowohl keine noch so große Macht der Welt, keine ihre nationale oder supranationale, zum Gemeinwohl der Menschheit tätige Institution oder Organisation als auch kein Hotelpersonal imstande; es waren dazu sowohl keine Massenmedien, keine noch so perfekt funktionierenden, ausgeklügelten weltumspannenden, global vernetzten Kommunikations- und Überwachungssysteme unserer bis in den kleinsten Winkel überwachten Erde, als auch keine noch so intelligenten, erfahrenen, einfluss-reichen, hochdekorierten und hochdotierten Subjekte der Wissenschaft, der Politik oder des Militärs in unserem hochgelobten hochtechnologischen Steinzeitalter in der Lage …
Erdbeben/Seebeben/Tsunami-Alarm- und Notfallpläne in den Hotels fehlten, auswärtige Gefahrenwarnungen wurden nicht zielführend weitergeleitet, absichtlich unterdrückt oder nicht beachtet, Alarme unterlassen, sicherheitsrelevante Informationen waren in den Prospekten der Reiseveranstalter schlichtweg nicht vorhanden. Und so wurden die betroffenen Menschen in ihrer Arg- und Ahnungslosigkeit auf die heraufziehende tödliche Gefahr nicht aufmerksam gemacht und hatten vielerorts keinerlei Chance, noch rechtzeitig evakuiert zu werden, bzw. sich selbst in Sicherheit zu bringen...
War dies am zweiten Weihnachtsfeiertag des 26.12.2004 technisch nicht möglich? War es technisch nicht möglich Katastrophenalarm auszulösen? Aber selbstverständlich war das möglich. Das bewies doch eindeutig das (nach dem verheerenden Megabeben am Schwarzen Sonntag) dritte Seebeben der Stärke 7 am 24. Juli 2005 um 17.42 Uhr (MESZ), das sich vor den Nikobaren-Inseln im Indischen Ozean ereignete, dessen Erdstöße bis nach Madras und Phuket spürbar waren. Nachdem das US-amerikanische Erdbebenzentrum in Denver, die US-Geological Survey (USGS), eine Tsunami-Warnung ausgesprochen hatte, gab auch Thailand für mehrere Stunden eine Tsunami-Warnung aus. Am eindruckvollsten bewies dies jedoch das zweite starke Seebeben im Indischen Ozean am Ostermontag des 28.03.2005 (Magnitude 8,7 um 23.09 Uhr Ortszeit) in dieser Region, genau 3 Monate nach der Tsunami-Katastrophe, das unter exakt den gleichen technischen Bedingungen stattfand, wie das vorherige:
"Im Unterschied zur Katastrophe vom 26. Dezember lösten diesmal die Regierungen und die lokalen Behörden in der ganzen Region, von Indonesien über Malaysias Westküste und Thailands Andamanenküste bis nach Sri Lanka, Südindien, den Malediven und der Insel Mauritius, einen Tsunami-Alarm aus, nachdem sie von seismologischen Beobachtungsstationen in Japan und in den USA vor dem Flutwellen-Risiko gewarnt worden waren. Polizeisirenen, Radio und Fernsehen, Lautsprecheranlagen und Tempelglocken wurden allenthalben benutzt, um die Bevölkerung küstennaher Siedlungen aus der Nachtruhe aufzuscheuchen. Auf Thailands Ferieninsel Phuket verbreitete sich die Warnung über SMS und Mobiltelefone unter der Bevölkerung in Windeseile." (NEUE ZÜRICHER ZEITUNG)
"An vielen Küsten Indonesiens, Sri Lankas, Indiens, Thailands und Malaysias lösten die Meldungen über einen möglichen Tsunami Angst und Schrecken aus. Sirenen heulten, Polizisten, Soldaten, Mönche und Fischer warnten daraufhin die Küstenbewohner mit Hilfe von Lautsprechern, Radios, Telefonen und Glocken vor einem möglichen Tsunami. In Thailand verließen 3000 bis 4000 Urlauber die Strände von Patong und Kamala auf der Ferieninsel Phuket fluchtartig.(...) Ein Vertreter der srilankischen Regierung erklärte, nach der Erdbebenmeldung auf der Internetseite des Amerikanischen Geologischen Instituts seien - im Gegensatz zur Katastrophe im vergangenen Jahr - die Präsidentin und die Sicherheitskräfte sofort informiert worden. Daraufhin seien Beamte mit Motorrädern ausgeschwärmt, um Veränderungen des Meeresspiegels zu beobachten. Polizisten hätten aufgepasst, dass niemand an den Strand gehe, und die buddhistischen Tempel entlang der Küste hätten über ihre Lautsprecher Alarm geschlagen. Im Rundfunk wurden Warnhinweise von der Präsidentin des Landes ausgestrahlt." (FAZ)
"Nach dem Seebeben Ende Dezember gab und gibt es Diskussionen darüber, ob Warnungen ignoriert oder - auch aus Rücksicht auf die regionale Haupteinnahmequelle Tourismus - von offiziellen Stellen unterdrückt worden waren. Die von dem Beben ausgelöste Flutwelle hatte um 300 000 Menschen das Leben gekostet. Nun ist man sensibler geworden. Was wir sahen, war ein beachtlicher Gemein-schaftsgeist. In Thailand strahlten lokale Fernsehstationen Sendungen über Tsunami-Gefahr aus. Die Regierungen von Indien und Sri Lanka warnten ihre Bürger ebenfalls. Behörden, lokale Medien und die Bevölkerung bildeten ein spontanes Warnsystem." (FINANCIAL TIMES DEUTSCHLAND)
"Fernsehsendungen in ganz Südasien zeigten am 29.03.05 noch im Morgengrauen Live-Sendungen, um über ein Ereignis zu berichten, das bei den Menschen im südlichen Asien der Furcht vor einer neuen Katastrophe Nahrung gab. Waren bei der Tsunami-Katastrophe von Ende Dezember jedoch Flutwarnungen ausgeblieben, weil man beispielsweise im Falle Thailands die Touristen nicht unnötig beunruhigen wollte, funktionierten die Alarme dagegen nun wohl weitgehend effizient. Dabei waren sie keinesfalls durch ein hypermodernes zentrales Tsunami-Frühwarnsystem ausgelöst worden. Stattdessen warnte ein behelfsmäßiges, eher improvisiertes Alarmsystem. Radio und Fernsehen brachten Sondersendungen, Sirenen heulten, über Lautsprecher wurden Anwohner geweckt, abgelegene Inseln per Funk alarmiert, und vor den Küsten kreisten Marinehubschrauber, um einen möglichen Rückwärtssog des Wassers zu beobachten, was einen Tsunami angekündigt hätte. In Südthailands Urlaubsorten wurden in der Nacht ganze Hotelanlagen evakuiert. Menschen flüchteten mit Fahrzeugen oder eilten im Menschenstrom ins Landesinnere, weg von der Küste. Auch in Malaysia und Indien flüchteten Menschen vorübergehend aus den Küstenregionen. Was Hoffnung macht und fast beschämend anmutet im Rückblick auf den 26. Dezember: Noch lange bevor im Indischen Ozean die Seismographen, Tonnen und Sender installiert sind, hat ein Frühwarnsystem in der ganzen Region funktioniert. Als die fernen amerikanischen Geophysiker diesmal die betroffenen Länder informierten, konnte die Nachricht in Windeseile an die Menschen gebracht werden. Es war für Millionen ein Probealarm und funktionierte ohne Großtechnik." (DIE WELT)
Mit absoluter Sicherheit hätte auch ohne ausgeklügelte und kostspielige Großtechnik das rechtzeitig benachrichtigte Hotelpersonal in Bangtao am 26.12.04 durch einfache Zurufe der Strandläufer die Hotelgäste binnen Minuten vom Strand wegbringen können und mittels Warnrufe per Megaphon auch die anderen alarmiert, weg vom Strand und Meer zu rennen und sich in Sicherheit zu bringen. Doch dies geschah nicht!
Dass es in diesem Fall
sowohl im Vorfeld der Katastrophe keinerlei Warnungen der Reisenden und der
Hotelgäste in den Hotels über die Gefahren in der Region gab als auch zum
Zeitpunkt des Geschehens in Form von lokal oder großflächig ausgelösten Alarmen
vor Ort nichts Alarmierendes geschah (von einer planmäßigen und organisierten
Evakuierung wird nicht einmal gesprochen), ist auf menschliches Versagen,
menschliche Fehler und Unterlassungen,
grobe Verletzung der Amts- und Vertragspflichten, sprich menschliches grob
fahrlässiges und möglicherweise sogar vorsätzliches Handeln zurückzuführen.
Und so kamen Tausende am "Schwarzen Sonntag" ums Leben. So rissen die tödlichen Tsunami-Wellen, die durch das Seebeben bei Sumatra am zweiten Weihnachtsfeiertag ausgelöst wurden, meinen Vater und auch Tausende andere, die nicht sehend und nicht erkennend ins Unglück rannten, die das Menetekel nicht rechtzeitig erkannten, rissen Tausende, die von den Wassermassen überrascht wurden oder arglos stumm auf die Wasserwand starrende Touristen wie Einheimische mit sich hinein – meist völlig ahnungslos …… was ….. gerade …. geschah ... in den Tod.
Deshalb kann mit Fug und Recht gesagt werden, dass das ansonsten (unter der Prämisse des kritischen Lesens!) lesewerte GEO-Magazin über "Tsunami -- Der Tod aus dem Meer, 26. Dezember - Protokoll einer Jahrhundertkatastrophe" zu allgemein, eben nicht exakt genug betitelt wurde und deshalb korrigiert werden muss (sic!), nämlich: "Tsunami – Der Tod von Menschenhand aus dem Meer ", um den Sachverhalt adäquat zu reflektieren und den anthropogenen Charakter dieser Katastrophe zu verdeutlichen.
Somit verwandelte sich der Tsunami als Naturereignis in eine Katastrophe biblischen Aus-maßes, aber erst als Folge dessen, dass zahlreiche für Katastrophenprävention und Kata-strophenmanagement Verantwortliche, die sich nun aber nicht öffentlich zur Mitverantwortung bekennen, sträflich versagt haben. Es war übrigens ein vielfältiges Versagen vielerorts und zum Teil noch Jahre bevor der Seeboden vor Sumatra mit der Sprengkraft der freigesetzten Energie von umgerechnet 32 000 Hiroshima-Atombomben bebte.
"Es ist zu wünschen, dass zumindest die Megakatastrophen in Zukunft verhindert werden mögen. Vor allzu großen Erwartungen muss leider dennoch gewarnt werden, denn man kann aus der Geschichte oft nur eins lernen: Der Mensch lernt aus ihr nichts. Zwar wäre die Geschichte ein guter Lehrmeister, allein, allzu oft fehlen die Schüler." - schreibt der österreichische Katastrophenforscher J. Nussbaumer in seinem Buch „Die Gewalt der Natur“. Wenn man seine prophetischen Worte liest, kommen einem nach der Tsunami-Katastrophe mindestens vier klassische Buchtitel in den Sinn.
Erwähnenswert wäre zunächst das von einem deutscher Mediziner Prof. Dr. Horst Greyer wenige Jahre nach dem letzten Weltkrieg verfasste klassische Buch unter dem Titel „Über die Dummheit“, das aus wissenschaftlicher Sichtweise verschiedene Aspekte des psychologischen Spektrums dieses Phänomens thematisiert und im Kapitel ‚Dummheit als Weltmacht und allgemein menschliches Phänomen’ mit einem Auszug aus Meyers Großem Konversationslexikon von 1907 beginnt: Dummheit, die mangelhafte Fähigkeit, aus Wahrnehmungen richtige Schlüsse zu ziehen. Dieser Mangel beruht teils auf Unkenntnis von Tatsachen, die zur Bildung eines Urteils erforderlich sind, teils auf mangelhafter Schulung des Geistes oder auch auf einer gewissen Trägheit und Schwerfälligkeit des Auffassungsvermögens.(…) Dummheit und Klugheit sind Grenzbegriffe des übergeordneten Zustandes, der als Intelligenz bezeichnet wird. Die Macht der Dummheit zu allen Zeiten und auch heute war und ist erheblich größer, als man das für gewöhnlich annimmt oder wahrhaben will, urteilt der Autor und versucht, eine etwas präzisere Begriffsbestimmung der Dummheit als Abart der Intelligenz, zu geben: Als Dummheit, geistige Minderbegabung, bezeichnet man die Unfähigkeit zur zweckmäßigen Lösung der Lebens- und Berufsaufgaben. An der Art der Aufgaben, die ein Mensch geistig nicht zu bewältigen vermag, ermisst man seinen Dummheitsgrad, den geistigen Entwick-lungstiefstand und die Richtung seiner Intelligenzdefekte. Das Mittel, dessen man sich zur Lösung von Aufgaben bedient, ist in erster Linie das Denken. Dummheit ist also im wesentlichen Denkschwäche. Unter die Denkschwäche fällt die gesamte Verstandestätigkeit: die Unfähigkeit, das Wesentliche zu erkennen, Begriffe können nicht gebildet, es kann nicht abstrahiert werden, Beziehungen werden nicht erfasst, die Trennung und Verknüpfung (Analyse und Synthese) von Vorstellungen und Begriffen ist unmöglich, das Schlussfolgern und Urteilen fehlt ganz. Das Gedächtnis, die Erinnerungs- und Merk-fähigkeit, ist gestört. Fehlende geistige Leistungsfähigkeit ist aber nicht nur eine Folge von Denk-schwäche und Gedächtnisstörungen, sondern auch von zahlreichen Gefühls- und Willenseigen-schaften, also von charakterologischen Bedingungen abhängig, Aufmerksamkeit, Interessiertheit, Grundstimmung, Antriebslage, Ausdauer, Ermüdbarkeit, Anspruchshöhe, Ablaufgeschwindigkeit seeli-scher Vorgänge. (…) Die allgemeine Verbreitung der Dummheit beweist, dass sie bei den Menschen nicht so erhaltungswidrig sein kann wie bei den Tieren, deren dumme Exemplare im Kampf ums Dasein sofort ausgerottet werden. Über geniale Menschen zu schreiben ist zweifellos eindrucksvoller als über ihr Gegenteil, die Dummen. Ein einfaches Zahlenbeispiel zwischen Genialen und Törichten ergibt jedoch leicht, dass es offenbar sehr viel dringender nötig ist, sich derer auch wissenschaftlich anzunehmen, die da arm im Geiste sind. Denn ihrer ist, wenn nicht das Himmelreich, so doch offenbar die kompakte Majorität auf dieser Erde.“ Erkenne dich selbst! – pflegte Sokrates zu sagen, und – sollte man den Gedanken sinngemäß fortführen – den beängstigenden Zustand politischer und behördlicher, nicht zuletzt deutscher Unfähigkeit und Fahrlässigkeit mitwirkender Subjekte (die die Tsunami-Katastrophe auf dem Gewissen haben), bei der nachgewiesenermaßen leider weder die selbstkritische analytische Reflexion noch das verantwortungsvolle Handeln und am wenigsten das moralische Schuldbewusstsein vorhanden war und ist, und zwar vor, während und nach der Tsunami-Katastrophe.
Ein Teil dieser vom Autor angesprochener ‚kompakter Majorität’ hat die Tsunami-Katastrophe zu ver-antworten. Deshalb sollte die Diskussion über die Ursachen der Tsunami-Katastrophe ernsthaft geführt werden, dann müsste sie bei dem Thema geistige Unfähigkeit und Ignoranz beginnen. Es gibt zwar unsachkundige Stimmen, die behaupten, Dummheit sei keine juristische Kategorie (sonst müssten sich Gerichte ununterbrochen nur mit diesem Thema befassen), und schon gar nicht ein Tatbestandsmerkmal. Gleichwohl spielt gerade die Dummheit des fahrlässigen Täters zweifelsohne eine konstitutive Rolle in seinem Handeln als auch allgemein-theoretisch bei der Begriffsbildung der Fahrlässigkeit. Es steht nämlich außer Zweifel: Die juristisch wohlbekannte Kategorie der groben (kriminellen) Fahrlässigkeit der verantwortlichen Stellen und namentlich bekannten Personen bildet den zentralen Schlüsselbegriff, der die Ursachen des Zustandekommens dieser menschlichen Tragödie erklärt.
Bevor konkret über rechtliche Aspekte, sprich die weiträumigen Bereiche des Themas <Recht und Gesetze> im Falle des sträflichen Versagens am Schwarzen Sonntag nachgedacht und in der kommenden Auseinandersetzung zwischen den Tätern und den Opfern gehandelt wird, sollte man sich im Klaren sein über die moralischen Prinzipien und ethischen Grundsätze, auf denen erst die juristischen Paragraphen beruhen sowie darüber, ob es gerecht und verantwortbar ist, im Interesse der Täter oder der im Interesse der Opfer (und kommender Generationen) zu handeln. Zu den wichtigsten, besonders in Hinblick auf das staatsmännische und behördliche Handeln, gehört zweifelsohne das Prinzip Verantwortung und im Zusammenhang damit das Delikt der groben oder kriminellen Fahrlässigkeit.
Sobald man versucht über die Begrifflichkeiten der Verantwortung bzw. Verantwortungslosigkeit (als konstitutionelle Komponente der groben Fahrlässigkeit) im Straf- und Zivilrecht sowie in Hinblick auf das staatsmännische Handeln essenziell nachzudenken, stößt man auf ein denkwürdiges Werk, das dem Prinzip Verantwortung seinen ganzen Inhalt widmet. Zweifelsohne hat kein Anderer so viel über das überaus wichtige Thema der Verantwortung nachgedacht und geschrieben, wie der große deutsch-amerikanische Gelehrte und Philosoph Hans Jonas (1903-1993). in seinem gleichnamigen Traktatus „Das Prinzip Verantwortung – Versuch einer Ethik für die techno-logische Zivilisation“, Insel, 1979 (engl. The Principle of Responsibility – An Inquiry into the Foundations of an Ethics for our Technological Age), wo er sein Vorhaben folgendermaßen begründet:
“Im Zeichen der Technologie hat die Ethik mit Handlungen zu tun, die eine beispiellose kausale Reichweite in die Zukunft haben, dazu die schiere Größenordnung der Fernwirkungen und oft auch ihre Unumkehrbarkeit: All dies rückt Verantwortung ins Zentrum der Ethik.” Wie ein Memento beginnt Jonas sein denkwürdiges Buch mit dem Chorlied aus Sofokles’ Antigone: Ungeheuer ist viel, und nichts ungeheurer als der Mensch.
Es liegt an der Vielzahl und Vielfalt des Versagens von
Regierungsstellen, Ämtern, Behörden, staatlichen Institutionen und anderen
politischen Organisationen, die die Tsunami-Katastrophe in Thailand auf dem
Gewissen haben, dass man des ruhigen Gewissens sagen kann: die Katastrophe am Schwarzen Sonntag hat eine eindeutige politische Dimension. Sie haben ihre
Entstehung verschuldet, ihre Folgen zu bewältigen, ihre Aufarbeitung zu
verantworten und sind deshalb bringschuldig. Sie stehen auf der „Liste der
Beschuldigten Täter und Tatverdächtigen“ und sollen für ihre Begehungs- und
Unterlassungsdelikte nicht nur straf- und zivilrechtlich belangt werden. Es ist
somit klar, auf wessen Seite die Hauptlast der Schuld und Verantwortung für das
Versagen vor, während und nach der Katastrophe liegt, nämlich auf politischen,
behördlichen, und institutionellen Subjekten: Wer Macht hat, trägt auch die
Verantwortung. – schrieb in
seinem Traktat „Das Prinzip Verantwortung“ Hans Jonas. Die politische Dimension ergibt sich also zwangsweise aus der
Verwicklung politischer Akteure in die Tsunami-Tragödie. Auf dieser Seite, dies
wird mit Nachdruck betont, liegt die Bringschuld des Schadenausgleichs und der
vollständigen Aufarbeitung dieser menschlichen und von Menschenhand
verursachten Katastrophe.
Das vierte Buch verdanken wir einer Vertreterin der humanitis also der Geisteswissenschaften. Es handelt sich um eine denkwürdige Auseinandersetzung der amerikanischen Historikerin Barbara Tuchman mit dem zeitlosen und schwerwiegenden Problem des Versagens der Macht – in allen Epochen, von der Antike bis in die Gegenwart. „Die Torheit der Regierenden – Von Troja bis Vietnam (im Original: „The March of Folly. From Troy to Vietnam“, 1984) beginnt beim ersten Schauplatz der niedergeschriebenen Geschichte der Menschheit, beim Trojanischen Krieg kurz vor dem Untergang Trojas, wo die handelnde Torheit der Regierenden – ungeachtet des göttlichen Omens und der Warnrufe Kassandras – eine ganze Stadt in den grausamen Untergang zieht. Aber nicht durch eine göttliche Fügung, sondern letztendlich durch den eigenen freien Willen verurteilen sich die Trojaner selbst zum Untergang. „Das hölzerne Pferd ist zum universellen Symbol eines Wahns der Macht und zum Prototypus des Machtversagens geworden, der aber nicht nur wie damals lebensvernichtend für eine Stadt war, sondern in der heutigen Zeit existenzgefährdend für die ganze Menschheit geworden ist.“
Jahrtausende später – analysiert zum Schluss die bekannte Historikerin der Gegenwart – besteht der damalige amerikanische Präsident Lyndon Johnson auf einen militärischen Sieg in einem Krieg, der bereits seit langem verloren ist und missachtet dabei vorsätzlich in arroganter, unverantwortlich-blinder Art und Weise die CIA-Berichte, die ihm wahrheitsgetreu leider nicht seinen Wunsch des Verlaufs der militärischen Konfrontation in Vietnam präsentieren, sondern das wahre Bild des Kriegsgeschehens (losing ground) in Indochina – Berichte, die er gar nicht zur Kenntnis nehmen wollte. Auch dieses Beispiel passt sinngemäß zum Katastrophenschauplatz am Indischen Ozean, wo alle Warnungen vor der herannahenden Katastrophe in den Wind geschlagen und sinnvolle Maßnahmen der Katastrophenprävention sträflich unterlassen wurden – gemäß dem kindisch naiven Motto, das lautet: „Alles, was wunschgemäß nicht passieren darf, kann und wird sicherlich nicht geschehen.“ Aber es ist erwartungsgemäß doch alles anders gelaufen, und entgegen der bedenkenlosen Torheit unserer Politiker. Von mir kurzerhand auf den Punkt und Reim gebracht, was im Tuchmans Buch auf über 500 Seiten im Detail nachzulesen ist: „Mensch krepiert, wo Dummheit regiert!“.
Somit ist mein Vater und sind wir die Überlebenden und Hinterbliebenen Opfer menschlicher Torheit, verantwortungsloser Kurzsichtigkeit, sträflicher Unbekümmertheit und des globalen Profitwahns geworden, die Naturphänomene, Naturgewalten und Katastrophenprävention einfach außer acht lassen, für nicht tourismusförderlich, ja gar als übertriebene Panikmache abstempeln und somit für nicht existent erklären in der naiven Hoffnung, dass doch nichts Bedrohliches oder Zerstörerisches geschieht, weil es wunschgemäß nicht geschehen darf. Sie haben unter anderem den Tod unseres geliebten Vaters, Schwiegervaters und Lebensgefährten mitzuverantworten. Die logische zwingende Schlussfolgerung und das Fazit aus diesen allgemeinen Ausführungen, die noch gar nicht ins Detail gingen, ist:
Wir, die Tsunami-Opfer in den thailändischen Hotels, sind Opfer einer vermeidbaren, abwend-baren,
anthropogenen, durch fahrlässige Menschen und kollektive kriminelle
Fahrlässigkeit herbeigeführten Katastrophe.
2. Versagen der Bundesrepublik Deutschland, seiner Spitzenpolitiker und Behörden im Notfall
Sowohl die Informationen, die ich bereits vorgebracht habe als auch die Informationen, die in den Medien nach der Tsunami-Katastrophe erschienen sind, reichen völlig aus, um die Tsunami-Opfer nicht als Opfer einer Naturkatastrophe (wie seitens Unsachkundiger unzutreffender Weise behauptet), sondern als Opfer einer Gewalttat von Menschenhand zu qualifizieren, einer Gewalttat der kriminellen Tatenlosigkeit, die Massentötung, schwerste Verletzungen sowie andere gesundheitliche Schädig-ungen zur Folge hatte – verrichtet unmittelbar durch das Medium Wasser aber verursacht hauptsächlich durch grob fahrlässige Unterlassungen der Behörden, die zwingenderweise straf- und zivilrechtliche (geschweige denn politische und andere) Konsequenzen nach sich ziehen.
Wir, die deutschen Tsunami-Opfer betrachten uns als Opfer staatlicher Gewalttat durch sträfli-ches Nichtstun, das den gewaltsamen Tod aus dem Meer verursachte – von Menschenhand!
Allein der Bundespräsident Horst Köhler zum Gedenken an die Opfer der Tsunami-Katastrophe beim Staatsakt im Deutschen Bundestag am 20. Januar 2005 fragte als einziger deutscher Politiker in seiner Gedenkrede:
„Die Bilder von der heranstürzenden Welle, von den vielen Toten, von den trauernden, ratlos vor den Trümmern stehenden Menschen – sie lassen viele zweifeln und hadern. Wenn etwas so Schreckliches passiert, dann möchten wir einen Schuldigen dafür benennen, Verantwortung ausfindig machen. (…) Hätten sie rechtzeitig gewarnt werden können, ja sogar müssen? Diese Frage stellt sich unweigerlich.“
Wer hat diese Gewalttat mitverschuldet?
Die globale geophysikalische Erdüberwachung liegt in der Obhut von technologisch führenden Nationen, die dazu technologisch in der Lage sind und die sich dies leisten können, in einer hochtechnisierten Welt, in der weltweitumspannende Kommunikationsnetze für globale und sekundenschnelle Nachrichtenübermittlung rund um die Uhr sorgen. Von bitterarmen und unterentwickelten Ländern der Welt kann diese Leistung weder erbracht noch erwartet werden. Deutschland gehört zu den technologisch und finanziell Leistungsstärksten der Welt, ist an dieser globalen Erdüberwachung aktiv beteiligt und muss sich daher auch mit dem Vorwurf der Schuld, Mitverantwortung und des Versagens am "Schwarzen Sonntag" konfrontiert sehen.
Deutschland (genauer gesagt in erster Linie das zuständige staatliche GeoForschungsZentrum Postdam, GFZ) registrierte zwar das katastrophale (zweitstärkste aufgezeichnete) Seebeben der Magnitude 9,3 am 26.12.04, das durch die Freisetzung der gigantischen, equivalenten Energiemenge von der Sprengkraft Hunderttausenden Hiroshimabomben den ganzen Erdball erschütterte und in Schwingung versetzte, gab aber (sehr wohl wissend, dass sich in der Gefahrenzone hunderttausende ahnungslose Menschen, darunter tausende deutsche Touristen, befinden) keinerlei Warnungen an die betreffenden Staaten weiter, und zwar weder intern (für seine diplomatischen Vertretungen vor Ort in den Ländern am Indischen Ozean) noch extern (für die dortigen zuständigen ausländischen Regierungsstellen und Katastrophendienste). Presseberichten zufolge blieb die Gefahrenwarnung im Auswärtigen Amt in Berlin stecken.
Mangelhafte oder gar stellenweise fehlende Katastrophenprävention und ineffizientes Katastrophenmanagement, sprich grob fahrlässig vernachlässigte Verkehrssicherungspflichten sowie das sträflich fahrlässige Verhalten unserer Spitzenpolitiker (gemeint sind der Bundeskanzler Gerhard Schröder und der Außenminister Joschka Fischer) in diesem Notfall (sie hielten nicht mal für angemessen, ihren Weihnachtsurlaub sofort zu unterbrechen, persönlich geleitete Warnungen auszusprechen sowie, je nach erfolgter Reaktion, sofortige substanziell helfende Rettungsmaßnahmen einzuleiten), verschlimmerten noch zusätzlich das Ausmaß der Katastrophe, die nämlich erst fast zwei Stunden nach dem Naturereignis über die Küsten Thailands hereinbrach und dort Massensterben forderte. Dass aber nicht allein diese Zeitspanne, sondern das Vorhandensein der technischen Infrastruktur (Kommunikationseinrichtungen) und durchgeführte Alarmierungs- sowie Evakuierungsmaßnahmen des gefährdeten Küstenstreifens die entscheidende Rolle in der Ausweitung des Naturereignisses zu einer Katastrophe spielte, war deutlich am Beispiel Somalia (keine Alarmierung und Evakuierung: Hunderte von Toten) und Kenia (durchgeführte Alarmierung und Evakuierung: keine Opfer) zu sehen, wo die Tsunami-Wellen erst nach 7-8 Stunden aufprallten.
Die beiden Spitzenpolitiker sind im Not- und Krisenfall zu Managern eigener Unfähigkeit und fehlender Hilfsbereitschaft, sprich des eigenen kriminellen Versagens – zu sprichwörtlichen Nieten in Nadelstreifen geworden.
Im Detail: Der Bundeskanzler kümmerte sich noch über dreieinhalb Tage nach dem Beginn der Katastrophe um seine Gattin Doris, seinen Hund und seine Katze(!) und genoss unbekümmert in aller Ruhe seine Weihnachtsferien, als ich in den Krankenhäusern von Phuket auf der Suche nach meinem vermissten Vater die Menschen (darunter auch Deutsche) im Sterben sah. Sein redegewandter, welterfahrener Außenminister, der Ex-Steinewerfer ohne Schulabschluss, politisches Großmaul, Besserwisser für alle Fälle und verbissener Verfechter des eigenen korrumpierten Demokratie- und Rechtstaatlichkeitsverständnisses von heute, hielt es erst 15 Stunden nach dem Eintritt des Notfalls für angebracht, im Krisenreaktionszentrum - zur dritten Sitzung (sic!) - zu erscheinen (vermutlich hat ihn seine neuerlich stark in Anspruch genommene, schriftstellerische Inspiration daran gehindert, dort früher zu erscheinen) und am 28.12. ging er noch zum Essen ins Restaurant „Refugium“ auf dem Gendarmenmarkt, um sich dort seinen dicken Bauch zu stopfen, statt sich um die Belange der – durch behördliches Fremdverschulden – in Notfall geratenen tausenden Landsleuten zu kümmern. Soviel in Kürze zum Verhalten zwei deutscher Spitzenpolitiker im Krisenfall; Politiker, die nicht müde werden ständig zu betonen und gebetsmühlenartig zu wiederholen, dass sie durch das eigene Wirken nichts Anderes wollen und im Sinne haben als das Wohl des deutschen Volkes…
Sie müssen sich folgerichtig mit Vorwürfen der Schuld, Verantwortung und Haftung für die Strafdelikte der grob fahrlässigen Untätigkeit im Amt, sprich der unterlassenen Amtspflichten in Verbindung mit unterlassener Hilfeleistung im Notfall konfrontiert sehen, und zwar zunächst mit der kausal verursachten:
· > gemeingefährlichen Gefahr für Leib und Leben durch Unterlassung gebotener katastrophenpräventiver Maßnahmen in Deutschland und vor Ort in den Strandhotels der thailändischen Westküste und insbesondere in der Zeitspanne zwischen dem Naturereignis und der Katastrophe fast zwei Stunden später, mit der straf- und zivilrechtlichen Wirkung einer Gefährdungshaftung, dann mit der kausal verursachten, dramatischen und in ihren Folgen tragischen
· > kriminell fahrlässigen Herbeiführung der Massentötung ahnungsloser Menschen, was einem Verbrechen gegen die Menschlichkeit gleichkommt, dann
Durch ihr grob fahrlässiges, sträfliches, rechtswidriges Fehlverhalten haben diese Politiker schwerwiegend gegen die Artikel 1 und 2 des GG (die unantastbare menschliche Würde und das höchste Gut: Das Leben ist das höchste Gut) verstoßen. Dies zieht straf- und zivilrechtliche sowie politische Konsequenzen nach sich – in jedem Fall die Staatshaftung nach Art. 34 GG i.V.m. § 839 BGB.
Des Weiteren sind für den dargestellten Tatbestand hauptsächlich
folgende Paragraphen des StGB
einschlägig, bzw. ist der Straftatbestand nach diesen Paragraphen rechtswidrig
erfüllt: §3, §5(12), §6(9), §11(2), §13,
§15, §16, §17, §18 (Allgemeiner Teil) §221, §222, §223, §229, §323c, §336
(Besonderer Teil) i.V.m. §7 (8) und §13 des VStGB (vor, während und nach der
Katastrophe).
An dieser Stelle wäre es angebracht,
die Eidesformel des deutschen Bundespräsidenten, Bundeskanzlers und der
Bundesminister nach Art. 56 (und Art. 64) GG, die bei der Amtsübernahme vor dem
Bundestage zu leisten ist, zur Erinnerung zu bringen. Der Amtseid wurde von
beiden Politikern vor den versammelten Mitgliedern des Bundestages beim
Amtsantritt geleistet.
Die Eidesformel lautet: „Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem
Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm
wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen,
meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben
werde. So wahr mir Gott helfe.“
Durch ihr Verhalten haben die zwei wichtigsten Politiker des Staates (Kanzler und Vizekanzler), die für seine Außenpolitik zuständig und verantwortlich sind, ihren nach Artikel 56 GG (i.V.m. Artikel 64 GG) geleisteten Amtseid gebrochen.
Die o.g. Delikte tangieren ebenfalls das Völkerrecht, dessen „allgemeine Regeln“ nach Artikel 25 GG „Bestandteil des Bundesrechtes sind“. Aus der Fülle der verpflichtenden völkerrechtlichen Bestimm-ungen sei lediglich die Menschenrechtskonvention Artikel 1 und 2 (BGBl. II 202 S. 1054) sowie die Universal Declaration of Human Rights (Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, Artikel 3 - Resolution 217 A (III) vom 10.12.1948 genannt, die sträflich verletzt wurden.
Deshalb machte sich der deutsche Staat, die Bundesrepublik Deutschland, unmittelbar mitverantwortlich für das Zustandekommen der Tsunami-Katastrophe und deren tragische Folgen nach dem Prinzip der kumulativen Kausalität. Diese Mitverantwortung korreliert nach dem Verursacher-Prinzip mit der Haftungspflicht, die mit dem Schadensausgleich verbunden ist und umfasst insbesondere nach dem deutschen Recht die Pflicht zur sozialen Entschädigung der Tsunami-Opfer.
„Der frischgekürte Ehrendoktor Gerhard Schröder (ihm wurde neulich in der Marmara-Universität in Istanbul die Ehrendoktorwürde verliehen) – vom Rektor dieser Universität – als <international herausragender Rechtsgelehrte> gelobt (deshalb wird er sicherlich an der Erarbeitung des kommenden Notstandsgesetzes sehr konstruktiv mitwirken), reduzierte den Genozid, sprich die Massaker an Hunderttausender Armenier vor 90 Jahren auf Vorgänge, die damals stattgefunden haben“ – berichtete kürzlich DIE WELT. Hätte man auch schamlos anders sagen können, Herr Bundeskanzler, vielleicht so: Die beiläufigen Ereignisse von damals...
Für den gegenwärtigen Bundeskanzler ist das menschliche Leben und sein Grundrecht auf Leben in der Gegenwart und Vergangenheit eben nur die politische Verhandlungsmasse. Nicht ohne Zufall sind der deutsche Bundeskanzler und der russische Präsident beste Freunde. Die Menschenrechte – allen voran das menschliche Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit – stehen in der deutschen (wie in der russischen) Politik zwar oft auf dem Papier und in zahlreichen Gesetzen, sind aber schon seit geraumer Zeit hüben wie drüben nicht hoch im Kurs. Die Geschichte lehrt uns: Wenn massiver politischer Druck ausgeübt wird, kümmert sich jemand um die Menschenrechte, und wenn nicht, wird die unbequeme Wahrheit über ihre Verletzung schnell vergessen, verschwiegen, entstellt, bestritten, zurückgewiesen, abgekanzelt oder höchstens mit symbolischen Akten gedacht. Der NKWD-Massenmord in Katyn (UdSSR) im Mai 1940 an 22 000 polnischen Offizieren aus sowjetischen Internierungslagern (dessen politische, juristische und moralische Aufarbeitung von Russland nach wie vor aktiv behindert wird), vor allem aber der Holocaust und die Art seiner Aufarbeitung, können hierzu als lehrreiche Beispiele dienen. Doch es gibt immer Menschen mit Zivilcourage, die bereit sind Risiken einzugehen, um den Zeitgenossen die Wahrheit ins Gesicht zu sagen und manchen von ihnen (besonders an der Spitze) den reinen Wein bezüglich ihres politischen Versagens einzuschenken. Während des 2. Weltkrieges war es Jan Karski (Mitglied der polnischen Heimatarmee im Untergrund und ihr Kurier), der versuchte, die Politiker des Westens, nämlich der Alliierten über das tragische Schicksal der Juden während der NS-Zeit zu informieren und sie wachzurütteln. Das Verbrechen des Völkermordes im letzten Weltkrieg, und nach diesem Krieg auf fast allen Kontinenten (Kambodscha und Jugoslawien der 90er Jahre seien aus jüngster Zeit nur beispielhaft genannt), zeigte mit brutaler Gewalt, wie vernichtend Menschenrechte, auch den eigenen Bürgern gegenüber, mit Füßen und Waffengewalt getreten werden.
Doch auch in Friedenszeiten führen uns gerade verhängnisvolle menschenverursachte Katastrophen oft genug vor Augen die Geringschätzung der Staatsgewalt für den Wert des menschlichen Lebens: Tschernobyl, Kursk, schwere Grubenunglücke in China und schließlich der Tsunami zeigten der Weltöffentlichkeit ihren innewohnendes Denkmuster und gemeinsamen Nenner, nämlich die mangelnde Sorgfaltspflicht und kriminelle Fahrlässigkeit des Staates gegenüber seinen Bürgern, für den ein Menschenleben nichts zählt. Gerade die chinesische humanitäre Katastrophe ist nur ein sichtbares Zeichen von haarsträubenden Zuständen in Chinas gefährlichsten Kohlebergbau der Welt, der fast wöchentlich für neue Schlagzeilen sorgt. Ein Zeichen vom totalen Versagen der staatlichen Aufsichtspflicht, von der Korruption der Behörden und Funktionäre, die fehlende Betriebsgenehmigungen schlicht erkaufen und jegliche Sicherheits-bestimmungen somit umgehen. In zahlreichen Kohleminen (insgesamt 28 000 Zechen fördern dort Kohle unter Tage), wo allein im Jahr 2004 über 6000 Kohlekumpel ihr Leben verloren, und im ersten Halbjahr d.J. über 2600 laut offizieller Statistik ums Leben kamen (die Dunkelziffer ist fast doppelt so hoch) ist das Pokern mit menschlichem Leben an der Tagesordnung – Massensterben für billiges Strom beim größten Kohleproduzenten der Welt.
Ob zu Kriegs-, ob zu Friedenszeiten – die Geschichte und das politische Tagesgeschehen lehren uns eins: Es gibt viele Verbrecher, darunter auch Schwerverbrecher in der weiten Welt, aber als größte Verbrecher haben sich historisch und gegenwärtig stets der Staat und seine Bediensteten erwiesen. Überflüssig, weil zwingend erforderlich, wäre auf die Notwendigkeit gesondert hinzuweisen, wie enorm wichtig für die ganze Menschheit ist, von Menschenrechtsverletzungen ein Zeugnis abzulegen und andere Menschen wahrheitsgetreu davon zu unterrichten – im Rahmen eines nie aufhörenden immerwährenden Kampfes der Zivilgesellschaft mit dem Staat, ihm an seine Pflichten zu erinnern und ihn zur Verantwortung für seine Unterlassungen zu ziehen.
Auch im Falle der Tsunami-Katastrophe 2004 gibt es und es wird immer Menschen mit Zivilcourage geben, die viel Kraft, Zeit und Anstrengung opfern werden, um der Öffentlichkeit die Wahrheit über das Tsunami-Desaster zu berichten. Diese Menschen werden allerdings bestimmt weder unsere stummen Politiker in ihrem unerträglichen Nichtstun (die Presse berichtete kürzlich von einem besonders stillen V o l k s v e r t r e t e r im Landtag von Sachsen-Anhalt, der seit neun Jahren kein Sterbenswörtchen im Parlament sagte) noch ihre Speichellecker oder die von ihnen abhängigen Schreibtischtäter sein, sondern die Erstgenannten, weil sie für lücken- und schonungslose Aufdeckung der Fehlmechanismen und Hintermänner sorgen werden. Von der gegenwärtigen deutschen Politik, die restlos in zwischenparteiliche Grabenkämpfe, politische Medienshows und gierige Selbstversorgung aus der Staatskasse ausgerichtet ist, kann gegenwärtig aus freien Stücken keine Initiative und nichts Positives im Interesse der Tsunami-Opfer erwartet werden.
Das Tsunami-Desaster war zweifelsohne ein Offenbarungseid deutscher Sicherheits- und Menschenrechtspolitik sowie eine Zäsur in deutscher politischer Geschichte der Nachkriegszeit.
“Das Gedächtnis der Menschheit für erduldete Leiden ist erstaunlich kurz. Ihre Vorstellungs-gabe für kommende Leiden ist fast noch geringer. (…) Und doch wird nichts mich davon überzeugen, dass es aussichtslos ist, der Vernunft gegen ihre Feinde beizustehen. Lasst uns das tausendmal Gesagte immer wieder sagen, damit es nicht einmal zu wenig gesagt wurde!“ (Bertold Brecht, Zum Völkerkongress für den Frieden, Wien, 1952)
Die Tsunami-Katastrophe hat dazu beigetragen, Spreu von Weizen zu trennen – vor allem in Sachen globaler seismischer Katastrophenprävention, des internationalen Katastrophenmanagements und globaler Sicherheit in einer Situation des Notstandes.
Die kontinuierliche seismische Erdüberwachung obliegt den Staaten, die dazu technologisch imstande sind, die es sich leisten können oder die sich dazu vertraglich verpflichtet haben. Auf den Schultern dieser Nationen ruht die Verantwortung für das Tun und Lassen in einer katastrophalen Situation, wenn die gesamte Erde (wie am 26. Dezember 2004) durch gewaltige Verschiebungen und Vertikalbewegungen der tektonischen Platten erschüttert wird. „Wer Macht hat, trägt auch die Verantwortung (…) Nur wer Verantwortung hat, kann unverantwortlich handeln“ – schrieb der Philosoph Hans Jonas. Von den sträflich unverantwortlich und kriminell fahrlässig Handelnden gab es an diesem tragischen Tag leider viele, zu viele. Ihre gelähmte Macht erstreckte sich über viele Kontinente. In Asien: Japan, Thailand, Sri Lanka, Indien; in Ozeanien: Indonesien; Australien; in Nord Amerika: die technologisch führende Supermacht, die USA; in Europa: Europa an sich als Ganzes; hinzu noch die Fachorgane der Staatengemeinschaft vereint in der UNO (der Organisation der UNfähigen). Katastrophal groß und schändlich war ihr Versagen; dramatisch und in jeder Hinsicht vernichtend dessen Folgen.
13 Anlieger-Nationen am Indischen Ozean traf die Katastrophe durch ihre geographische Lage direkt. Doch weit mehr, nämlich über 50 Nationen sind von der Katastrophe des globalen Ausmaßes durch den weltweiten Tourismus insgesamt betroffen; Deutschland, Schweden, Großbritannien, Italien, Finnland und die Schweiz traf es in Europa am stärksten und schmerzlichsten. Und auch Amerika hat viele Opfer zu beklagen. Auch Amerika, die allwissende Weltmacht USA – der technologische Musterknabe und Champion in Vormachtstellung, der imstande ist, erfolgreich hoch entwickelte Robotersonden in entfernte Regionen des Sonnensystems zu schicken – versagte kläglich als ihre Bürger und andere Touristen aus aller Welt in Verzweifelung und Todesangst um Hilfe schrieen … zu spät – keiner hat sie gewarnt!… Sie mussten sterben, viele auf grausame Weise (die offizielle Zahl um 300 000 Todesopfer wird sich nie präzise feststellen lassen). Andere Betroffenen wurden verletzt (124 000 Menschen nach offiziellen Angaben) oder lebenslänglich gesundheitlich geschädigt. Und das ist bei weitem noch nicht die ganze menschliche Bilanz der Katastrophe: Eine Schar von Weisen, Obdachlosen (1,7 Millionen Einheimische), Mittellosen, Arbeits- und Kinderlosen, zählbar hier und in schier unzählbarer Menge dort, ergänzt das Bild der menschlicher Tragödie und des sozialen Elends.
Von den unvermeidbaren Sach-, Landschafts- und Naturschäden wird an dieser Stelle nicht einmal gesprochen. Die versicherten Schäden (wegen geringer Versicherungsdichte lediglich ein Bruchteil der tatsächlichen Schäden) belaufen sich auf 4-5 Milliarden USD.
Amerika versagte ebenfalls, aber nicht nur Amerika allein, und auch nicht so sehr, wie die anderen. Amerika war schließlich das einzige Land, das nicht nur das Naturereignis registrierte und lokalisierte, sondern versuchte (leider nicht, wie es sein sollte) vor dessen Folgen zu warnen. Es ist also gerechterweise nicht einzusehen, dass Amerika allein die vielfältigen Konsequenzen aus der Katastrophe tragen soll, und die anderen Versager nicht. Zu den anderen gehört in Europa vor allem Deutschland. Deutschland führt die Liste der europäischen Totalversager an, und zwar vor, während und nach der Katastrophe. Auch in der Zeit danach hat Deutschland seine betroffenen Bürger schändlich im Stich gelassen und versucht in amtlich kaltschnäuziger Manier, in abweisender, manchmal gar arroganter Weise nun jegliche Mitverantwortung für die mitverschuldete Massen-tragödie eigener Staatsbürger von sich zu weisen, juristische Schritte gegen die Verantwortlichen zu blockieren, unterlässt oder verneint notwendige weit reichende Lehren und Konsequenzen daraus zu ziehen und die Betroffenen für ihr unermessliches Leid zu entschädigen. Die politische Elite an der Spree hat ihre Köpfe schweigsam eingezogen und versank in Untätigkeit. Deutschland kümmerte sich weder um effiziente Katastrophenvorsorge vor der Katastrophe noch kümmert es sich danach darum, diesbezügliche vielfältige Missstände zu beseitigen, und am wenigsten um das Schicksal der selbst mitverschuldeten Überlebensopfer der Katastrophe und Hinterbliebene. Die schon sprichwörtlichen bürokratielastigen deutschen Nieten in Nadelstreifen in der Bundesregierung, wie in den Landes-regierungen, im Bundestag und in den Landtagen, und schließlich in der Strafjustiz haben auch diesmal versagt und in ihrer bewährten bequemen Untätigkeit auch nach der Katastrophe dem deutschen Volk den Rücken gekehrt.
Das totale Versagen Deutschlands im Katastrophenfall (sprich im Krisenfall, also dann, wenn sofortige substantielle Hilfe vonnöten ist und geleistet werden muss), fehlende Katastrophenprävention und nicht existentes Katastrophenmanagement berührte die grundsätzliche Frage des fehlenden Verantwortungsbewusstseins der BRD für die Sicherheit deutscher Bürger im Ausland und hat in Folge den Tod von über 552 Bundesbürgern (präziser gesagt: die mitverschuldete gewaltsame Tötung durch grob fahrlässige Unterlassungen infolge des Versagens im Amt) kausal mitverursacht.
Deutschland hat den jüngsten Sicherheitstest beim 26/12/04-Anschlag auf das menschliche Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit nicht bestanden!
Das verbürokratisierte Deutschland ist nicht nur unfähig, seinen gewohnten Alltag effizient zu gestalten. Es ist aber im Krisenfall dann logischerweise umso mehr paralysiert, sprich schlicht nicht fähig, 1) entsprechende Warnungen an entsprechende Stellen sofort weiterzugeben, Warnungen, die durch ihres massive Aufkommen höchstwahrscheinlich die thailändischen Behörden als auch die Hotelbetreiber bewogen hätten, Alarme an den gefährdeten Küsten auszulösen, wodurch viele, die heute nicht mehr am Leben sind, hätten gerettet werden können; 2) sofortige Hilfsmaßnahmen in Form einer Luftbrücke einzuleiten und durchzuführen. Denn es geschah weder das eine noch das andere(!)
Deutschland ist im Krisenfall paralysiert, sprich schlicht nicht fähig sofortige Hilfsmaßnahmen einzuleiten und durchzuführen. Nichts funktionierte wirklich am 26.Dez.2004 in der Nacht, am darauf folgenden Tag und auch danach. Dies wirft ein dunkles Licht auf die grundsätzliche Fähigkeit Deutschlands für die Sicherheit im globalen Maßstab zu sorgen, also für das gesetzlich verbürgte Recht auf Leben und Unversehrtheit von uns allen einzustehen und zu seinem Erhalt weltweit konstruktiv beizutragen. Ein Staat, der keine eigenen autark funktionierenden Systeme zur Katastrophenprävention und zum Katastrophenmanagement besitzt und somit nicht fähig und willig ist deutsche Bürger im Ausland vor Massensterben zu schützen, sie im Katastrophenfall zu retten und ihnen vor Ort effizient zu helfen, wird noch weniger in der Lage sein, dies rechtzeitig und substantiell für andere zu tun. Deutschland wird mit seinem bürokratischen Klotz am Bein und seiner leeren Rhetorik über die Menschenrechte als Ersatz für konstruktive Taten, die das menschliche Leben wirksam schützen, auch in der Zukunft unfähig sein, sich reaktionsschnell und reaktionssicher in Krisen globalen Maßstabs wie ein Warnender, Retter und Helfer in Not zu verhalten.
Vor diesem Hintergrund ist es um so unverständlicher und unakzeptabel, dass Deutschland – der Möchtegern-Global-Player ohne eigene einsatzfähige blitzschnell reagierende Systeme und Interventionstruppen im Not- und Krisenfall – schon seit langem Ansprüche darauf erhebt, ständiges Mitglied des Sicherheitsrates zu werden und bemüht sich schon seit Jahren (nämlich seit 1992), diesen Anspruch durchzusetzen. Es ist doch nicht von der Hand zu weisen:
Deutschland hat während seines Sicherheitstests am 26.12.2004 total versagt! Tsunami 2004 disaster was a man-made death from the sea caused by human (also German) error and institutional failure.
Die Tsunami-Opfer fordern nun tief greifende Maßnahmen für Post-Tsunami-Deutschland in Form von Konsequenzen, die in der Zukunft verhindern sollten, dass sich ein ähnliches Schicksal wieder-holt: allen voran die leichtfertige, unbekümmerte, grob fahrlässige, sprich lebensverachtende Unterlassung der Verpflichtungen des Staates, das Leben zu schützen und zu retten im Notfall, egal wo und wann, auch am Feiertag und auch im Ausland, wenn akute Gefahr droht. Die Tsunami-Tragödie hat gezeigt, dass Massenvernichtung menschlichen Lebens von Menschenhand durch verantwortungslose, fahrlässige Politik, Unterlassungen und Versagen im Amt möglich war. Sie ist übrigens als reale Gefahr nach wie vor möglich, solange nicht weltweit daraus Konsequenzen gezogen werden. Man brauchte dazu keinerlei Waffe anzuwenden. Die einzige Waffe am 26.12.04 war die menschliche Torheit und kriminelle Fahrlässigkeit, und die Täter waren allesamt Schreibtischtäter – ihre Taten zeichneten sich dadurch aus, dass sie nichts taten. Damit töteten tatenlose Täter hunderttausende Menschen. Fest steht: Weil Deutschland im akuten Notfall keine Hilfe leistete, muss es dafür nicht nur juristisch belangt werden, sondern auch mit politischen Konsequenzen rechnen.
Die Tsunami-Katastrophe bewies eindrucksvoll, dass Deutschland zurzeit als erwiesener Unsicherheitsfaktor im Sicherheitsrat nicht positiv auf die globale Sicherheitslage einwirken kann. Im Gegenteil, es wird sie durch seine Reaktionsunfähigkeit eher schwächen, und zwar mit oder ohne Vetorecht.
“Ein Staat, der die Sicherheit seiner Bürger nicht gewährleisten kann, hat den Anspruch auf Respekt und so die Bedingungen seiner Legitimation verloren.” „A state, that cannot safeguard the public safety of life for its citizens, loses its demand for respect and consequently doesn’t fulfill a Conditio sine qua non to affirm its legitimacy.” (Thomas Hobbes – 1588-1679)
In die allgemeine und besondere Unfähigkeit der Bundesregierung reiht sich nun nahtlos die Untätigkeit deutscher Politiker bezüglich des Haltens unter Verschluß des Tsunami-Untersuchungsberichtes durch die thailändische Regierung ein und somit ihre massive Justizbehinderung. Selbstverständlich hat weder der Bundeskanzler noch sein rhetorisch geübter Außenminister zum Reiseboykott nach Thailand aufgerufen, solange diese verlogene Politik andauert. Spätestens jetzt erkennt man Gründe, weshalb weder der Bundeskanzler noch weitere Mitglieder seiner Regierung sich um die Tsunami-Opfer kümmern. Der Tsunami hat die fassadenartige, scheinheilige, sich auf bloße Rhetorik beschränkende, deutsche Sicherheitspolitik der Tatenlosigkeit, deutlich vor Augen geführt. Konsequenterweise fühlt sich nun keiner in Deutschland verantwortlich für das Versagen, den Tod Hunderter und das Leid tausender Hinterbliebenen. Und nach der mitverschuldeten Katastrophe will (erwartungsgemäß) niemand die Verantwortung für die Katastrophenfolgen übernehmen und tragen.
Deshalb sollte Deutschland durch das Veto der amerikanischen Regierung der Eintritt in den UN-Sicherheitsrat verwehrt bleiben. Deshalb gilt es nun alle Kräfte zu mobilisieren, um den Beitritt Deutschlands in den Kreis der ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrates zu verhindern und zwar so lange, bis alle Konsequenzen aus der desaströsen verantwortungslos fahrlässigen Politik der Massenvernichtung des menschlichen Lebens, nicht in vollem Umfang gezogen werden. Das zahlenmäßig tragische Ergebnis dieser Politik: Der Massentod von Menschenhand aus dem Meer von mehr als 300 000 Menschen, darunter von über 552 Deutschen. Die deutschen Tsunami-Opfer fordern deshalb von der globale Verantwortung tragenden Politik zu verhindern, dass der Versager in puncto Sicherheit, Krisenmanagement, Krisenprävention und Katastrophennachsorge, den UN-Sicherheitsrat durch seine strukturelle Schwächen noch zusätzlich belastet. Das gegenwärtige Deutschland darf die fragile globale Sicherheit nicht noch zusätzlich durch eigene Untätigkeit und Unfähigkeit gefährden! Die bereits vor geraumer Zeit vom ehemaligen US-Außenminister Henry Kissinger gestellte Frage (von essentieller Bedeutung) nach der Telefonnummer Europas blieb bis dato in der Substanz unbeantwortet, nämlich: „Wer hebt ab, wenn im Not- und Krisenfall das Telefon klingelt ?!“
Der 26/12/04-Anschlag auf das menschliche Grundrecht auf
Leben konnte als ein Test Deutschlands für den Verteidigungsfall angesehen
werden. In dem Fall „geht die Befehls- und Kommandogewalt über die Streitkräfte
auf den Bundeskanzler über.“ (Artikel 115b GG). Mit diesen beiden
Schaumschlägern im politischen Showgeschäft, den beiden Versagern im
Weihnachtsurlaub als sog. Krisenmanager
(Gott bewahre uns vor solchen Helfern im
Notfall!) – die noch in ihrer bodenloser Vermessenheit vom „globalen
Tourismus“ palaverten, der die Regierung „zum Handeln in Echtzeit im globalen
Maßstab zwinge“ (sic!) (DER SPIEGEL) – wäre Deutschland im Ernstfall, allein
auf sich gestellt, bereits in der Fläche Schutt und Asche: Aus der
Vogelperspektive würden seine Landschaften dann so aussehen, wie die am
„Schwarzen Sonntag“ vom Tsunami-Aufprall betroffenen Küsten am Indischen Ozean,
nämlich, als ob hierzulande tausende
Bomben eingeschlagen wären.
Angesichts dieser wahrlich katastrophalen Sicherheitslage haben die Tsunami-Opfer eine multinationale Initiative gestartet und werden alles tun, was in ihrer Macht steht, dass sich die Post-Tsunami-Welt nachhaltig ändern wird. Denn sicherlich wollen auch Sie, dass aus der Tsunami-Tragödie vielseitige Lehren und tief greifende Konsequenzen gezogen werden: sowohl bezüglich der effizienten Katastrophenprävention, der blitzschnell reagierenden und substanzielle Hilfe im Notfall leistenden Staates sowie seiner wirkungsvollen Opfernachsorge einerseits, als auch in Hinblick auf die ausreichenden Sicherheitsmaßnahmen in der weltweit agierenden Tourismusbranche andererseits. Das wollen Sie zweifelsohne auch in Ihrem wohlgemeinten Eigeninteresse – für sich selbst, Ihre Familienmitglieder, Freunde, Bekannten und Landsleute, damit alle aus dem nächsten Urlaub nicht nur erholt, sondern vor allem lebend(!) nach Hause zurückkommen. Der vermeidbare und fahrlässig herbeigeführte gewaltsame Tsunamitod darf nicht sinnlos gewesen sein!
Die durch grob fahrlässige Unterlassungen und Fehler glänzenden Verantwortungslosen, die politischen Nieten in Nadelstreifen alias Krisenmanager eigener Untauglichkeit, die ihre Amtspflicht missachteten und verletzenden Amtsträger, die gesellschaftlich inkompetenten Fachanalphabeten und sonstige Scheingelehrten sowie alle anderen, die die unverzeihliche fahrlässige Tötung von rund 300.000 Menschen, darunter über 550 Deutsche und auch meinen Vater auf dem Gewissen haben – müssen zuerst alle an den öffentlichen Pranger gestellt und dann juristisch belangt werden. Zunächst aber soll die breite Öffentlichkeit aufgeklärt werden.
mgr filoz. Jerzy Zbigniew Chojnowski (UAM)
Chairman-GTVRG e.V.
www.gtvrg.de
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