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Dienstag, 4. August 2020

JÜDISCHER NEPOTISMUS


© WELT/ Christoph Hipp Ein Paar in Erklärungsnot: Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD, Jude) und seine Frau Zübeyde, Lange hat der Frankfurter Oberbürgermeister Peter Feldmann zur sogenannten Awo-Affäre geschwiegen. Seine heutige Ehefrau soll einen Dienstwagen und ein besonders hohes Gehalt bei der Awo erhalten haben. Nun hat er sich geäußert.

Brutto waren es 660 Euro im Monat, die Zübeyde Feldmann, Ehefrau des Frankfurter Oberbürgermeisters, zu viel verdiente, als sie vor vier Jahren kurzzeitig eine Kindertagesstätte der Frankfurter Arbeiterwohlfahrt (AWO) leitete. Außerdem nutzte sie ihren Dienstwagen 15 Monate länger, als ihr zustand.

Diese Erkenntnis ist nicht neu – sehr wohl aber die Nachricht, dass sich die Frankfurter Staatsanwaltschaft die Bevorzugung der 34-Jährigen derzeit sehr genau anschaut. Dabei wäre die Besserstellung der Kita-Leiterin eigentlich kaum der Rede wert, zumindest verglichen mit der immensen Summe, die frühere AWO-Funktionäre in Frankfurt und Wiesbaden über viele Jahre veruntreuten. Drastisch überhöhte eigene Gehälter, Luxus-Dienstwagen, teure Hotels, überzogene Honorare und Spesen sollen allein zwischen 2015 und 2019 einen Schaden von 4,5 Millionen Euro verursacht haben, so lautete jüngst die erste Zwischenbilanz der von der Berliner AWO-Spitze eingesetzten Aufklärer.

Und diese Summe könnte schon allein deshalb noch kräftig steigen, weil der im Dezember zurückgetretene und später auch gekündigte Ex-Geschäftsführer Jürgen Richter vors Arbeitsgericht gezogen ist. Er fordert eine Gehaltsfortzahlung bis zum Rentenalter, also bis 2022. Das wären dann noch einmal rund 750.000 Euro.

Richter ficht seine Kündigung mit der Begründung an, sie sei formell unwirksam. Denn wegen zahlreicher Rücktritte nach der Aufdeckung des Skandals im November 2019 habe das Präsidium nur noch aus drei Personen bestanden – und das seien zu wenige, um eine wirksame Kündigung für den Geschäftsführer auszusprechen.

Bei Zübeyde Feldmann lief hingegen angeblich nur eine vierstellige Schadensumme auf, die zudem längst an die AWO zurückgezahlt ist. Aber da ist nun einmal das jahrelange enge Verhältnis ihres Ehemanns Peter Feldmann (SPD) zu eben jener „kleinen, raffgierigen Clique“, wie die heutige AWO-Präsidiumsvorsitzende Petra Rossbrey die geschassten Verantwortlichen nennt. Daher bleibt die Bevorzugung von Zübeyde Feldmann, die nach wie vor Kita-Leiterin der AWO ist, ein Politikum.

Laut einer Sprecherin der Staatsanwaltschaft werden zwar ausdrücklich nicht die Feldmanns selbst strafbarer Handlungen verdächtigt; die Untersuchungen haben die früheren AWO-Manager und deren Günstlingswirtschaft im Visier. Dennoch wächst der politische Druck auf das Stadtoberhaupt. Nach einer Pandemie-bedingten Verschnaufpause mehren sich nun, da das Ausmaß des Skandals immer offenkundiger wird, wieder kritische Stimmen auch zur Rolle des Oberbürgermeisters.

Zwar dürfte ein Grund dafür sein, dass im März 2021 Kommunalwahlen in Hessen anstehen. Aber Feldmann war vor seinem Einzug ins Rathaus nun einmal selbst bei der AWO angestellt, mehr noch: Für ihn war eigens eine lukrative Stelle geschaffen worden, die nach ihm nicht mehr besetzt worden ist.

Mit dem unter Untreueverdacht stehenden Frankfurter Ex-AWO-Geschäftsführer Jürgen Richter und dessen Ehefrau Hannelore, die Geschäftsführerin von Wiesbaden war, verband Feldmann eine jahrelange, enge Freundschaft. Und es war laut Präsidiums-Chefin Rossbrey eben jene Hannelore Richter höchstpersönlich, die im Arbeitsvertrag von Zübeyde Feldmann handschriftlich eine Höherstufung eintrug. Außerdem strich sie kurzerhand die Passage durch, die eine sechsmonatige Probezeit vorsah.

Es lägen „klare Indizien für strafbares Handeln vor“
Die Opposition im Frankfurter Römer, aber auch Mitglieder von Feldmanns eigener, schwarz-rot-grüner Koalition fordern nun dringend Antworten auf immer noch offene Fragen. Bei den Grünen heißt es, der OB müsse endlich Farbe bekennen und die Wahrheit sagen, statt weiter Ausweichmanöver zu fahren. Es lägen „klare Indizien für strafbares Handeln vor“, wenn sich mit Hannelore Richter jemand von ganz oben und mit exzellenten Beziehungen zum Oberbürgermeister in den Arbeitsvertrag von dessen Frau einmische, so Grünen-Fraktionschef Sebastian Popp.

Der CDU-Stadtverordnete Christoph Schmitt schlug vor, dass der 61-jährige Oberbürgermeister sein Amt ruhen lassen solle, bis alle Details aufgeklärt seien. Dazu gehören Fragen, wie sie auch die FDP in einer dringlichen Anfrage formulierte: etwa, seit wann der Oberbürgermeister von den gravierenden Finanz-Manipulationen von Jürgen Richter gewusst habe. Oder ob „lebensnah“ sei, wirklich zu glauben, dass der OB nicht vom Ehepaar Richter über die Vorzugsbehandlung seiner Gattin informiert worden sei.

Aufklärungsbedarf besteht auch noch bei der Frage, warum sich Peter Feldmann so stark gemacht hatte für die Einrichtung ausgerechnet einer deutsch-türkischen Kita, deren Leitung dann prompt seine Lebensgefährtin und spätere Ehefrau übertragen bekam.

Die SPD lässt das allerdings an sich abprallen. Der Frankfurter SPD-Chef, Planungsdezernent Mike Josef, sagte laut „Bild“-Zeitung: „Man muss nicht jede Provokation eines CDU-Hinterbänklers beantworten. Schon Willy Brandt hat gesagt: ,Zu oft mit der Faust auf den Tisch schlagen, bekommt der Faust schlechter als dem Tisch.‘“ Das Vorpreschen hänge nur mit dem beginnenden Kommunalwahlkampf zusammen; in der „Geschichte“ um die AWO gebe es nichts Neues. „Alles liegt auf dem Tisch. Ich glaube, die Leute durchschauen, dass es ein Evergreen ist, der hier gespielt wird.“

Eine Anfrage von WELT ließ die örtliche SPD unbeantwortet. Ein Sprecher des Oberbürgermeisters verwies auf ein Schreiben des hessischen Justizressorts an das Innenministerium, wonach keine Anhaltspunkte für ein Einmischen Feldmanns in die Vertragsverhandlungen vorlägen.

Unter Druck geriet die SPD auch, weil die sozialdemokratische Bundestagsabgeordnete Ulli Nissen aus Frankfurt jahrelang zu den ehrenamtlichen Revisoren der AWO gehörte. Die Präsidiumsvorsitzende Rossbrey kritisierte jetzt gegenüber der „Frankfurter Rundschau“, dass Revisoren ebenso wie Rechnungsprüfer „vollständig versagt“ hätten.

„Gewisse Dinge hätte man einfach sehen können und müssen“, so die frühere Fraport-Managerin. Dass beispielsweise der Jahresabschluss 2018 erst im Sommer 2019 in Auftrag gegeben worden sei, hätte alle Alarmglocken schrillen lassen müssen. „Das ist völlig unverständlich, und bei einem Unternehmen mit einem Umsatz von 70 Millionen Euro unglaublich und nicht hinzunehmen.“

Ulli Nissen gesteht ein, dass sie „zu viel vertraut und zu wenig misstraut“ habe. „Mein Fehler war es, dass ich als Ehrenamtliche die Revision als Dienst für die AWO übernehmen wollte und dabei ein zu starkes Grundvertrauen in die AWO-Funktionäre besaß“, teilte sie auf Anfrage von WELT mit. „Denn stets hatte ich angenommen, dass sie im Dienst der Gemeinnützigkeit stehen und auch so handeln.“ Sie habe sich nie vorstellen können, dass sich jemand in dieser Art und Weise an der gemeinnützigen Organisation bereichern würde. „Ich trage also wie andere Haupt- und Ehrenamtliche auch eine Mitverantwortung.“

Nissen weist aber auch auf die gravierenden Mängel der Wirtschaftsprüfer hin, auf die sich die Revisoren verlassen haben. Tatsächlich wies die Bundestagsabgeordnete, die ihr Amt als Revisorin ebenfalls niedergelegt hat, schon in den Prüfberichten für 2016 und 2017 darauf hin, dass es völlig illusorisch wäre, „anzunehmen, wir könnten als Ehrenamtler aus eigener Fachkompetenz die Bücher der AWO-Frankfurt angemessen prüfen“. Es wurden zwar Stichproben geprüft und Verbesserungsvorschläge gemacht. Doch die Prüfung der Wirtschaftsprüfer habe zu keinen Einwendungen geführt.

„Dieses Ergebnis der von der AWO Frankfurt beauftragten Wirtschaftsprüfungsunternehmen ist die wesentliche Aussage als Grundlage unsere Entlastungsempfehlung.“ Nissen würde heute niemandem mehr raten, ehrenamtlich bei einer so großen Organisation die Kasse zu prüfen. Die AWO sollte, wenn ihr wirtschaftliches Überleben sichergestellt sei, ihre Organisationsstruktur überdenken und „in weiten Teilen weg vom Verein transformieren“.

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