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Freitag, 18. Dezember 2015

SOLIDARISCHES EUROPA


Humboldt-Reden zu Europa
WALTER  HALLSTEIN-INSTITUT FÜR EUROPÄISCHES VERFASSUNGSRECHT
Humboldt-Rede zu Europa
von Lech Kaczyński
Präsident der Republik Polen
Solidarisches Europa“
6. März 2006

Meine Damen und Herren,

einleitend möchte ich vorausschicken, dass ich heute keinen rein politischen Vortrag zu halten beabsichtige. Ich bin ein Mensch, der fast 30 Jahre seines Lebens an einer Hochschule verbracht hat. Seit etlichen Jahren habe ich zwar keine Vorlesungen mehr gehalten, dies auch sicherlich nicht unter Bedingungen wie heute, so sind mir doch gewisse Angewohnheiten eigen. Ein politisches Podium, ein Presseinterview, eine Versammlung oder ein Politisches Seminar ist eins, das Auditorium Maximum einer in Europa berühmten Universität ist etwas anderes. Deshalb möchte ich Sie bitten, das, was ich vortragen werde, nicht als eine Sammlung von politischen Thesen sensu stricto zu betrachten. Es sind meine Überlegungen darüber, was Europa in den letzten Jahrzehnten gewesen ist, was es jetzt ist und was es vielleicht in der Zukunft sein mag. Ich sage „vielleicht“, denn ich möchte an eins erinnern: niemand von uns hat eine genaue Kenntnis der Zukunft.

Europa war viele Jahrhunderte lang Ort unzähliger Konflikte und Kriege. Im 20. Jahrhundert hatten wir zwei große Kriege und ich glaube, dass wir heute, wenn wir von enger Solidarität sprechen, schwerlich verzichten können, an diese Gegebenheit, insbesondere aber an den Zweiten Weltkrieg, anzuknüpfen. In Europa hatten wir es entweder mit Kriegen oder aber, wie nach 1815, natürlich nicht immer, mit dem Prinzip des Mächtegleichgewichts zu tun. Das Kräftegleichgewicht unter Staaten, genauer gesagt, unter Großmächten, wie man sie früher zu nennen pflegte, war Hauptregel. Es war dies die Quintessenz internationaler Beziehungen, und zwar nicht allein in Europa, sondern in der ganzen Welt.

Nach dem Zweiten Weltkrieg und dessen grauenvollen Erfahrungen, von denen sowohl die Sieger als auch die Besiegten betroffen waren, obsiegte eine andere Idee, die auf dem Willen gründete, Krieg auszuschließen. Es war dies auch ein Werk hervorragender Persönlichkeiten wie Konrad Adenauer und Robert Schumann. Es ist an dieser Stelle eindeutig festzustellen, dass es innerhalb dieses Zeitraums von 61 Jahren, Balkan sowie zwei sowjetische Interventionen im Jahre 1956 und 1968 ausgenommen, keine Kriege gegeben hat. Man kann sagen, dass dies der erste große Sieg der europäischen Solidarität war. Natürlich betraf diese Solidarität in den ersten 44 Nachkriegsjahren nur einen Teil Europas - denjenigen, der allgemein, zumindest in Polen, Westeuropa genannt wird. Denn Europa war ja durch eine Mauer getrennt. Man kann sagen, dass die Berliner Mauer hier, in dieser Stadt, wörtlich verstanden wird. Die Berliner Mauer kann aber auch als Metapher behandelt werden, als etwas, was Europa gespalten hat und auch mit dem Grundsatz des Kräftegleichgewichts zwischen dem sowjetischen Imperium, den USA und Europa verbunden war. Der [Zerfall des sowjetischen Imperiums] endete nicht mit Krieg sondern mit einem Zusammenbruch, zu dem die „Solidarność“-Bewegung – der in Polen etwa 10 Millionen, davon eine überwältigende Mehr zahl von Arbeitnehmern, angehörten – in einem überaus bedeutenden Maße beigetragen hat. Das ist unser Beitrag zum Auftakt dazu, was wir gesamteuropäische Solidarität nennen können.

Die europäische Solidarität, die an die Stelle des Kräftegleichgewichts getreten ist, hat seit Anfang der fünfziger Jahre einen institutionellen Ausdruck gewonnen. Anfänglich waren nur 6 Staaten betroffen. Ich denke hierbei an die Montanunion und später die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft. Erst nach 1989 konnten sich diejenigen Staaten, die sich zuvor auf der anderen Seite des Eisernen Vorhangs befunden hatten, darum bemühen, sich in der EU einzufinden, wo der Grundsatz der Zusammenarbeit den Grundsatz des Kräftegleichgewichts verdrängt hat. Es war ein langwieriger Prozess und heute kann ich sagen, dass er zu lange dauerte, denn im Falle Polens und 9 anderer Staaten, von denen nur Zypern und Malta vorher nicht sozialistisch gewesen waren, dauerte der Prozess etwa 15 Jahre. Heute kann man auch sagen, dass Europa mehrheitlich, auch wenn bei weitem nicht vollständig, dem neuen Grundsatz der Zusammenarbeit untergeordnet ist und sich von ihm leiten lässt. Und man muss sich dessen bewusst sein, das dies in historischer Dimension ein enormer Erfolg ist. Ich weiß, dass die Europäer sich an diesen Erfolg gewöhnt haben, besonders aber diejenigen, die Bürger der alten EU-Staaten sind. Ich weiß auch, dass sie mehr wollen, aber bedeutsam ist allein schon die Tatsache, dass dieser Grundsatz seit mehreren Jahrzehnten in Europa funktioniert und dass heute ein französisch-deutscher Streit, aber kein französisch-deutscher Krieg vorstellbar ist. Ebenso können wir uns heute einen polnisch-deutschen Streit, aber keinen polnisch-deutschen Krieg vorstellen. Es ist dies ist ein präzedenzloser Erfolg in der Geschichte. Dieser Erfolg muss gewürdigt werden, es ist sehr, sehr viel. Natürlich beruht Solidarität nicht nur auf einem allgemeinen Grundsatz der Zusammenarbeit. Sie muss in verschiedenen Bereichen konkretisiert werden. Vereinfacht gesagt – diese Solidarität fand zuerst in der wirtschaftlichen Zusammenarbeit ihren Ausdruck und übertrug sich später immer stärker auf andere Gebiete, die früher als ausschließlich der souveränen Hoheit einzelner Staaten unterstellt zu sein galten.

An dieser Stelle möchte ich erwähnen, dass ich kürzlich Gelegenheit hatte, mir die Geschichte der Zusammenarbeit im Bereich der Bekämpfung der Kriminalität näher anzuschauen. Ich war selbst überrascht, dass frühe Formen dieser Zusammenarbeit in der künftigen Gemeinschaft, vormals der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, so spät, denn erst in den siebziger Jahren, und dies in einem derart bescheidenen Rahmen auftraten. Es ist daraus zu erkennen, wie viele althergebrachte Auffassungen überwunden werden mussten, damit eine Zusammenarbeit möglich wurde, die angesichts der Tatsache, dass Straftäter in ihrem Treiben eher selten vor Staatsgrenzen haltmachen, recht offensichtlich erscheint. Und ich kann sagen, dass diese Zusammenarbeit noch lange nicht als „voll“ bezeichnet werden kann. So treten u.a. auch in der polnischen Verfassung grundlegende Schwierigkeiten beim Europäischen Haftbefehl auf.

Aber das ist ein Beispiel dafür, dass es außer der wirtschaftlichen Zusammenarbeit auch in anderen Bereichen einen gewissen, wenn auch viel langsameren Fortschritt, gegeben hat, der sich allmählich auf das Gebiet politischer Maßnahmen, auf einen gegenüber der EU externen Bereich, zu übertragen begann. Hierbei sind wir jedoch auf Probleme gestoßen, von denen zu sagen ist, dass sie grundlegenderen Charakter haben. Natürlich hatte der, wenn auch langsame, Aufbau einer Wirtschaftszone in Europa positive Auswirkungen. Man kann sagen, dass der Grundsatz der Angleichung des Wirtschaftsniveaus, die wohl die Quintessenz der Solidarität in wirtschaftlicher Dimension darstellt, erfolgreich gewesen ist, obwohl bezweifelt werden kann, ob sie genügend tiefgreifend ist. Doch die politische Zusammenarbeit tangiert andere Problembereiche, man kann auch sagen, völlig andere Traditionen. Die Europäer sind seit mehr als zehn Jahrhunderten daran gewöhnt, meist im Rahmen von Nationalstaaten zu leben, obwohl sich dies manchmal unter-schiedlich gestaltete und es zuweilen sogar historisch gefestigte Vielvölkerstaaten waren. Für einen Durchschnittseuropäer stellt sein eigener Nationalstaat einen grundlegenden Bezugspunkt dar. Die jeweilige öffentliche Meinung „funktioniert“ im Rahmen der europäischen Einzelstaaten. Ich führe immer als Beispiel an, dass selbst ein politisch ungemein interessierter Finne, der sich in den politischen Mechanismen bestens auskennt, persönlich aber nicht am politischen Leben teilnimmt, meist relativ wenig über die politische Szene in Portugal weiß, was auf Gegenseitigkeit beruht. Und so wird es noch eine Zeitlang bleiben müssen. Tatsache ist, dass die EU sich weiterhin aus Staaten zusammensetzt, die die grundlegende Ebene bilden, auf die die Bürger Bezug nehmen. Diese Tatsache muss meines Erachtens aus zweierlei Gründen berücksichtigt werden: zum einen, weil es eben die demokratischen Prozesse sind, die die moderne europäische Kultur und somit die demokratische Legitimation der Macht, charakterisieren. Um wählen zu können muss man wissen, wen man wählt. Dieses Bewusstsein existiert im heutigen Europa in erster Linie in den einzelnen National- bzw. Vielvölkerstaaten - ich weiß sehr wohl, dass es solche Staaten in Europa gibt. Dieses Bewusstsein aber tritt viel weniger hinsichtlich Europas als Gesamtheit auf. Das ist der erste Punkt. Er trifft wohl, wie ich glaube, auf alle europäischen Staaten gleichermaßen zu.

Es gibt jedoch noch einen zweiten, der in Europa eine partielle Dimension besitzt, denn er betrifft nur eine bestimmte Gruppe von Staaten. Ich spreche hier von Staaten, die bis 1989, 1991 oder sonst überhaupt keine Unabhängigkeit genossen, wie die Baltenstaaten, die Teil des russischen Imperiums waren, oder aber wie Polen, Tschechien oder Ungarn, die im völkerrechtlichen Sinne immerhin als Staaten existierten und eine gewisse Autonomie besaßen. Der polnische Sozialismus unterschied sich z.B. stark von dem Sozialismus in der Deutschen Demokratischen Republik, man kann sagen, er war eine viel mildere Variante dieser Krankheit. Dennoch waren es zutiefst abhängige Staaten und die Wiederherstellung der Unabhängigkeit Ende der achtziger und Anfang der neunziger Jahre stellte besonders für den aktiven Teil dieser Völker und Gesellschaften einen außerordentlichen Wert, einen außerordentlichen historischen Erfolg dar. Ich verhehle nicht, dass ich zu den Polen gehöre, die das Jahr 1989 auf eben diese Weise betrachteten. Vor einigen Monaten habe ich den größten politischen Erfolg meines Lebens errungen. Nachdem ich viele staatliche Ämter, außerdem auch hohe Ämter in der „Solidarność“- Bewegung bekleidet hatte, wurde ich polnischer Staatspräsident. Dennoch ist in meinen Augen das letzte Jahr nicht das wichtigste in meinem Leben. Meine Lebzeit lang wird für mich das Jahr 1989, in dem mein Land die Souveränität wiedererlangt hat, das wichtigste sein. Ich glaube, sehr geehrte Damen und Herren, dass dieser Tatsache Verständnis und Respekt entgegengebracht werden muss.

Natürlich hat der europäische Integrationsprozess einen linearen Verlauf, er wird zweifellos fort-schreiten. Die Kräfte, die sich der Integration widersetzen, sind, zumindest in Polen, schwach. Ich möchte mich hier nicht im Namen anderer äußern. Ich wiederhole, in Polen sind diese Kräfte schwach. Es gibt sie in allen europäischen Ländern, in Polen sind sie jedoch gering. Doch in diesem Prozess, der, wie ich unterstrichen habe, nicht nur in der Geschichte Europas, sondern in der Weltgeschichte, ja in der Menschheitsgeschichte präzedenzlos ist, darf man nicht auf diese Weise verfahren, nicht überkandidelt und versuchen, verfrüht Resultate zu erzielen.

Um nun zu einem konkreten Thema überzugehen – zum Europäischen Vertrag. Es steht außer Zweifel, dass Europa einen Grundlagenvertrag benötigt, wir können den Vertrag auch Verfassungsvertrag nennen, ich habe mit dem Namen keine besonderen Probleme. Das ist unerlässlich, denn anders verständigt man sich im Kreise von sechs Staaten und zudem mit annähernd gleichem Wirtschaftsniveau, denn so verhielt es sich mit der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, als die Römischen Verträge unterzeichnet wurden. Anders aber sieht die Lage aus, wenn man den Willen von 25 und bald 27 Staaten mit unterschiedlicher Tradition, verschiedenem Wirtschaftsniveau und in einem hohen Masse verschiedener Geschichte berücksichtigen muss. Es ist nicht dasselbe, es sind ganz verschiedene Dinge, wir sind uns dessen bewusst. Wir wissen hundertprozentig, dass eine auf Generalregeln fußende Ordnung angenommen werden muss und dass diese Regeln für alle verbindlich zu sein haben, dass es Angelegenheiten gibt, und manche davon sind recht wichtig, bei denen man akzeptieren muss, dass eine Mehrheit und nicht alle entscheiden. So ist es übrigens heute. Wir haben da keinerlei Zweifel. Aber wir bezweifeln es, ob es an der Zeit sei, aus Europa einen Quasi-Staat zu machen. Der Europäische Verfassungsvertrag konstruiert keinen Staat. Behauptet jemand, es sei eine rein föderalistische Lösung, irrt er offensichtlich, denn es ist noch lange keine Föderation. Es ist allein schon deshalb keine Föderation, weil in keinem bestehenden Bundesstaat der Zentralhaushalt über 1% oder etwas mehr als 1 % des Bruttoinlandprodukts verfügt. Was die öffentlichen Finanzen der Bundesstaaten anbelangt (öffentliche Finanzen, nicht nur der Haushalt selbst), so kontrollieren sie etwa 40% des Bruttoinlandprodukts. Ich wiederhole: Eine derartige Lösung gibt es in keinem föderalistischen Staat der Welt, wenigstens ist mir eine solche nicht bekannt. Daher ist es ganz bestimmt noch lange keine Föderation. Es sind im Vertrag jedoch Lösungen enthalten, die darauf hinweisen, dass Europa aufgrund der aktuellen Version des Verfassungsvertrags ein quasi staatliches Europa geworden wäre. Von diesem Standpunkt aus ist unserer Meinung nach die Zeit für eine derartige Lösung noch nicht reif. Ich sage ja immer, dass ich mich nur im Namen meines Landes und nur hier und heute zu äußern vermag. Ich kann mich nicht darüber äußern, was in 20 oder 25 Jahren kommen wird. Es mag sein, dass, wenn in Europa eine gesellschaftliche Infrastruktur, eine öffentliche Meinung oder wenigsten starke Elemente einer öffentlichen Meinung entstanden und die Völker Europas in gewisser Weise zusammengewachsen sind, auch wenn sie natürlich selbständig bleiben, und zwischen ihnen zusehends mehr vielfältige Beziehungen bestehen werden, dies dazu führen wird, dass derartige Lösungen angemessen sein mögen. Ich kann natürlich nicht vorhersagen, ob dies eintreten wird. Ich kann auch nicht mit Sicherheit behaupten, dass es meiner Meinung nach anders kommen werde.

In der heutigen Lage müssen wir aber nach Lösungen suchen, die den Handlungen des heutigen Europas Wirksamkeit und neue Dynamik verleihen, die es erlauben werden, viele gemeinsame Unternehmungen zu verwirklichen. Sind in vielen Angelegenheiten solche Unternehmungen auch nach außerhalb vonnöten? Ich zumindest vertrete die Ansicht, dass Europa in einer Situation, in der es allein aus humanitären Gründen militärisch einzugreifen gilt, nicht hilflos sein dürfte. Ich möchte klar und deutlich unterstreichen, dass dies nicht erstrebenswert ist, dass solches nicht etwas Gutes, sondern höchstens das kleinere Übel ist. Manchmal aber ist es so, dass dadurch das Leben konkreter Menschen verteidigt wird, die nur ein Leben haben. Ich vertrete die Ansicht, dass die Existenz eines ordentlichen europäischen Militärkorps etwas Gutes wäre und man es einrichten könnte. Dies einerseits.

Doch es gibt viele andere Maßnahmen. Ich glaube, man könnte die Zusammenarbeit im inneren Bereich verbessern. Angesichts dessen, dass sich die europäischen Grenzen endgültig öffnen, ist das ein außerordentlich wichtiges Problem. Ich denke, dass Europa in vielen Angelegenheiten, die auch unsere inneren Beziehungen betreffen, einen gemeinsamen Standpunkt einnehmen kann. Auf diesem Gebiet wäre eher der Grundsatz der Einstimmigkeit erforderlich. Mit anderen Worten: Es liegen vor der Gemeinschaft noch viele Handlungsbereiche brach, von denen man sagen kann, dass sie bisher noch nicht „bewirtschaftet“ worden seien. Sie sind unbewirtschaftet geblieben, gleichwohl wir Europa als einen starken und stringenten Verband von Nationalstaaten betrachten, in dessen Richtung wir in den nächsten Jahren weiterstreben sollten. Polen ist bereit, sich daran aktiv zu beteiligen.

Zum Abschluss möchte ich feststellen, dass noch ein weiteres Problem besteht. Das offizielle Thema meines Vortrags ist europäische Solidarität. Natürlich könnte die Solidarität in einer wirtschaftlichen Dimension, im Sinne eines Niveauausgleichs, viel näher erörtert, viel über die Solidarität und ihre soziale Dimension gesagt werden. Das ist besonders heute ein sehr ernsthaftes Problem, wo doch das, was meiner Überzeugung nach ein großer Erfolg der europäischen Kultur war, d.h. der Wohlfahrtsstaat in Deutschland, den Sie einen sozialen Rechtsstaat genannt haben, sich nunmehr in einer Krise befindet. Es ist eine Krise, die vielleicht zum Teil objektiven Faktoren entspringt, aber ein Europa, in der es eine rasche Entwicklung, eine geringe Arbeitslosigkeit und somit das Gefühl von sozialer Sicherheit gab – und es hat dieses Europa eine Zeitlang gegeben – war doch nichts Böses. Es war etwas Gutes. Diese Lösung macht zur Zeit eine Krise durch, man müsste das genau überdenken. Ich persönlich zweifle daran, ob die liberale Medizin die einzig richtige sei und ob sie nicht zu starke Nebenwirkungen hervorrufe. Ich denke ernsthaft darüber nach.

Es gibt aber noch eine weitere Dimension. Heute gehören 25 Länder der EU an, bald werden es 27 sein. Wir wissen jedoch, dass viele Staaten eine Mitgliedschaft in diesem Klub anstreben, nicht nur Bulgarien und Rumänien, deren Platz im Klub schon garantiert ist, auch andere Länder bemühen sich darum. Staaten wie die große Ukraine mit ihren 47 Millionen Einwohnern und das kleinere Georgien, das an der Peripherie Europas liegt, sich aber, dessen möchte ich versichern, meine Damen und Herren, als europäischer Staat versteht, hegen den Ehrgeiz, in einer unbestimmten, wenn auch längerfristigen Perspektive Europa beizutreten. Ich erwähne dies e Staaten nur als Beispiele, denn ich glaube, dass auch in Weißrussland sich die Lage mit der Zeit ändern wird. Das wird nicht von heute auf morgen geschehen, aber es ist unmöglich, dass ein derartiges Regime in Europa erhalten bleibt, wo doch in allen anderen europäischen Staaten ein ganz anderes politisches System herrscht. Für die europäische Solidarität ist das ein großer und schwieriger Prüfstein. Er ist deswegen schwierig, weil diese Länder ja viel ärmer als Polen sind, von Deutschland ganz zu schweigen, schwierig, da diese Länder eine sehr komplizierte Geschichte hinter sich haben und natürlich Hilfe benötigen werden. Was Polen anbelangt, so sagen wir: die Ukraine so schnell wie möglich, jawohl. Wir sind uns dessen bewusst, dass die Strukturfonds oder die Kohäsionsfonds kein bodenloses Fass sind und ungefähr derselbe Betrag in mehr Teile geteilt werden müsste. Wir wissen, dass wir dabei einiges einbüßen würden, wissen aber auch, dass man beim Sprung in eine fahrende Straßenbahn nicht versuchen darf, die Nachzügler, die ja auch in die Straßenbahn hinein möchten, vom Trittbrett zu stoßen. Das wäre ein klassisches Beispiel unsolidarischer Haltung. Ich vertrete dies als Staatspräsident meines Landes, so ist unsere Haltung nicht, dies sage ich aber auch als einer der Bürger Polens , die heute Bürger der Europäischen Union sind. Ich weiß, dass unser Standpunkt vielleicht den schwierigsten Prüfstein der Solidarität darstellt, aber falls Europa diese Prüfung bestehen will, wenn es nicht nur für zwei oder drei Generationen, was bislang gelungen ist, sondern für viele Generationen eine neue Qualität aufbauen möchte, die vielleicht irgendwann einmal in Zukunft zu einer Qualität mit föderalistischem Charakter werden würde, zu einer Föderation, die im globalen Maßstab sehr mächtig wäre, muss Europa diese Prüfung wirklich bestehen. Und eben dazu würde ich ermuntern wollen, denn ich ein Land vertrete, dem natürlich jetzt aus der Mitgliedschaft in der Europäischen Union Vorteile erwachsen, welche aber, wenn das, wovon ich rede, in 8 bis 10 Jahren einträte, geschmälert würden. Ich bin mir dessen bewusst und stimme dem a priori zu.
Vielen Dank!
http://whi-berlin.de/documents/HRE-Kaczynski.pdf




Zwei Szenarien der zukünftigen Entwicklung Europas, das amerikanische Modell der Vereinigten Staaten von Europa und das Modell Europas als Gemeinschaft souveräner Staaten konkurrieren miteinander und kämpfen gegeneinander. Lech Kaczyński war ein Verfechter der zweiten Konzeption, was er in seinem Vortrag klar zu verstehen gab und hielt die erste für einen (absurden und gefährlichen) Irrweg.

Wir hoffen, dass die jetzige polnische Regierung und die Polnische PiS unter dem Vorsitz des Bruders Jarosław Kaczyński die Schlafwandler Europas, denen der Bezug zur Realität vollends abhanden gekommen ist, wachrütteln werden und sich dem Druck ihrer linken Ideologen und kosmopolitischen Demagogen standhaft widersetzen werden.

Vereinigte Staaten von Europa

Der Begriff „Vereinigte Staaten von Europa“ (oder auch „Vereinigtes Europa“) ist ein politisches Schlagwort der Europa-Bewegung, welches eine stärkere Europäische Integration und politische Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union ausdrücken will. Häufig wird der Begriff auch synonym zum Konzept eines Europäischen Bundesstaates verwendet. Vorbild USA - Begriff und Vorstellung lehnen sich an das Modell der Vereinigten Staaten von Amerika an: The term United States of Europe was used by Winston Churchill in his speech delivered on 19 September 1946 at the University of Zurich, Switzerland. Churchill concluded that: „We must build a kind of United States of Europe.“

Europa der Vaterländer als Gemeinschaft souveräner Staaten

Diese Idee des Europas [frz.: Europe des patries] bezieht sich auf eine enge Form der zwischenstaatlichen Kooperation europäischer Staaten, die jedoch die nationale Souveränität weitgehend unangetastet lässt und auf supranationale Einigungsschritte verzichtet. Sie wird historisch v. a. mit dem frz. Staatspräsidenten Charles de Gaulle in Verbindung gebracht, der die Formulierung zu einem Kernpunkt seiner Europapolitik in den 1960er-Jahren machte. De Gaulle wollte die Integration nicht, er verfolgte die Konzeption vom „Europa der Vaterländer“, das er auch das „Europa der Staaten“ nennt. „Wie können wir aufhören, das zu sein, was Geographie und Geschichte aus uns gemacht haben?“

Hinweise:
1) Kleine Textkorrekturen, Texthervorhebung und Gliederung dienen der besseren Lesbarkeit und Verständlichkeit und kommen von mir.
2) Lech Aleksander Kaczyński war ein polnischer Politiker und Mitbegründer der nationalkonservativen Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS). Kaczyński war vom 23. Dezember 2005 bis zu seinem Tod der vierte Präsident der Dritten Polnischen Republik.
Geboren am 18. Juni 1949 in Warschau, Polen
Tragisch gestorben am 10. April 2010 bei Smolensk, Russland

Jerzy Chojnowski
(Chairman-GTVRG e.V.)
www.gtvrg.de

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was established as a non-profit tsunami victims organisation
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