Humboldt-Reden
zu Europa
WALTER
HALLSTEIN-INSTITUT FÜR EUROPÄISCHES VERFASSUNGSRECHT
Humboldt-Rede
zu Europa
von
Lech Kaczyński
Präsident
der Republik Polen
„Solidarisches
Europa“
6.
März 2006
einleitend
möchte ich vorausschicken, dass ich heute keinen rein politischen
Vortrag zu halten beabsichtige. Ich bin ein Mensch, der fast 30 Jahre
seines Lebens an einer Hochschule verbracht hat. Seit etlichen Jahren
habe ich zwar keine Vorlesungen mehr gehalten, dies auch sicherlich
nicht unter Bedingungen wie heute, so sind mir doch gewisse
Angewohnheiten eigen. Ein politisches Podium, ein Presseinterview,
eine Versammlung oder ein Politisches Seminar ist eins, das
Auditorium Maximum einer in Europa berühmten Universität ist etwas
anderes. Deshalb möchte ich Sie bitten, das, was ich vortragen
werde, nicht als eine Sammlung von politischen Thesen sensu stricto
zu betrachten. Es sind meine Überlegungen darüber, was Europa in
den letzten Jahrzehnten gewesen ist, was es jetzt ist und was es
vielleicht in der Zukunft sein mag. Ich sage „vielleicht“, denn
ich möchte an eins erinnern: niemand von uns hat eine genaue
Kenntnis der Zukunft.
Europa
war viele Jahrhunderte lang Ort unzähliger Konflikte und Kriege. Im
20. Jahrhundert hatten wir zwei große Kriege und ich glaube, dass
wir heute, wenn wir von enger Solidarität sprechen, schwerlich
verzichten können, an diese Gegebenheit, insbesondere aber an den
Zweiten Weltkrieg, anzuknüpfen. In Europa hatten wir es entweder
mit Kriegen oder aber, wie nach 1815, natürlich nicht immer, mit
dem Prinzip des Mächtegleichgewichts zu tun. Das Kräftegleichgewicht
unter Staaten, genauer gesagt, unter Großmächten, wie man sie
früher zu nennen pflegte, war Hauptregel. Es war dies die
Quintessenz internationaler Beziehungen, und zwar nicht allein in
Europa, sondern in der ganzen Welt.
Nach
dem Zweiten Weltkrieg und dessen grauenvollen Erfahrungen, von
denen sowohl die Sieger als auch die Besiegten betroffen waren,
obsiegte eine andere Idee, die auf dem Willen gründete, Krieg
auszuschließen. Es war dies auch ein Werk hervorragender
Persönlichkeiten wie Konrad Adenauer und Robert Schumann. Es ist an
dieser Stelle eindeutig festzustellen, dass es innerhalb dieses
Zeitraums von 61 Jahren, Balkan sowie zwei sowjetische Interventionen
im Jahre 1956 und 1968 ausgenommen, keine Kriege gegeben hat. Man
kann sagen, dass dies der erste große Sieg der europäischen
Solidarität war. Natürlich betraf diese Solidarität in den
ersten 44 Nachkriegsjahren nur einen Teil Europas - denjenigen, der
allgemein, zumindest in Polen, Westeuropa genannt wird. Denn Europa
war ja durch eine Mauer getrennt. Man kann sagen, dass die Berliner
Mauer hier, in dieser Stadt, wörtlich verstanden wird. Die Berliner
Mauer kann aber auch als Metapher behandelt werden, als etwas, was
Europa gespalten hat und auch mit dem Grundsatz des
Kräftegleichgewichts zwischen dem sowjetischen Imperium, den USA und
Europa verbunden war. Der [Zerfall des sowjetischen Imperiums]
endete nicht mit Krieg sondern mit einem Zusammenbruch, zu dem die
„Solidarność“-Bewegung – der in Polen etwa
10 Millionen, davon eine überwältigende Mehr zahl von
Arbeitnehmern, angehörten – in einem überaus bedeutenden Maße
beigetragen hat. Das ist unser Beitrag zum Auftakt dazu, was
wir gesamteuropäische Solidarität nennen können.
Die
europäische Solidarität, die an die Stelle des Kräftegleichgewichts
getreten ist, hat seit Anfang der fünfziger Jahre einen
institutionellen Ausdruck gewonnen. Anfänglich waren nur 6
Staaten betroffen. Ich denke hierbei an die Montanunion und später
die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft. Erst nach 1989 konnten
sich diejenigen Staaten, die sich zuvor auf der anderen Seite des
Eisernen Vorhangs befunden hatten, darum bemühen, sich in der EU
einzufinden, wo der Grundsatz der Zusammenarbeit den Grundsatz des
Kräftegleichgewichts verdrängt hat. Es war ein langwieriger
Prozess und heute kann ich sagen, dass er zu lange dauerte, denn im
Falle Polens und 9 anderer Staaten, von denen nur Zypern und Malta
vorher nicht sozialistisch gewesen waren, dauerte der Prozess etwa 15
Jahre. Heute kann man auch sagen, dass Europa mehrheitlich, auch
wenn bei weitem nicht vollständig, dem neuen Grundsatz der
Zusammenarbeit untergeordnet ist und sich von ihm leiten lässt. Und
man muss sich dessen bewusst sein, das dies in historischer Dimension
ein enormer Erfolg ist. Ich weiß, dass die Europäer sich an
diesen Erfolg gewöhnt haben, besonders aber diejenigen, die Bürger
der alten EU-Staaten sind. Ich weiß auch, dass sie mehr wollen, aber
bedeutsam ist allein schon die Tatsache, dass dieser Grundsatz
seit mehreren Jahrzehnten in Europa funktioniert und dass
heute ein französisch-deutscher Streit, aber kein
französisch-deutscher Krieg vorstellbar ist. Ebenso können wir uns
heute einen polnisch-deutschen Streit, aber keinen polnisch-deutschen
Krieg vorstellen. Es ist dies ist ein präzedenzloser Erfolg in der
Geschichte. Dieser Erfolg muss gewürdigt werden, es ist sehr, sehr
viel. Natürlich beruht Solidarität nicht nur auf einem allgemeinen
Grundsatz der Zusammenarbeit. Sie muss in verschiedenen
Bereichen konkretisiert werden. Vereinfacht gesagt – diese
Solidarität fand zuerst in der wirtschaftlichen Zusammenarbeit ihren
Ausdruck und übertrug sich später immer stärker auf andere
Gebiete, die früher als ausschließlich der souveränen Hoheit
einzelner Staaten unterstellt zu sein galten.
An
dieser Stelle möchte ich erwähnen, dass ich kürzlich Gelegenheit
hatte, mir die Geschichte der Zusammenarbeit im Bereich der
Bekämpfung der Kriminalität näher anzuschauen. Ich war selbst
überrascht, dass frühe Formen dieser Zusammenarbeit in der
künftigen Gemeinschaft, vormals der Europäischen
Wirtschaftsgemeinschaft, so spät, denn erst in den siebziger Jahren,
und dies in einem derart bescheidenen Rahmen auftraten. Es ist daraus
zu erkennen, wie viele althergebrachte Auffassungen überwunden
werden mussten, damit eine Zusammenarbeit möglich wurde, die
angesichts der Tatsache, dass Straftäter in ihrem Treiben eher
selten vor Staatsgrenzen haltmachen, recht offensichtlich erscheint.
Und ich kann sagen, dass diese Zusammenarbeit noch lange nicht als
„voll“ bezeichnet werden kann. So treten u.a. auch in der
polnischen Verfassung grundlegende Schwierigkeiten beim Europäischen
Haftbefehl auf.
Aber
das ist ein Beispiel dafür, dass es außer der wirtschaftlichen
Zusammenarbeit auch in anderen Bereichen einen gewissen, wenn auch
viel langsameren Fortschritt, gegeben hat, der sich allmählich auf
das Gebiet politischer Maßnahmen, auf einen gegenüber der EU
externen Bereich, zu übertragen begann. Hierbei sind wir jedoch
auf Probleme gestoßen, von denen zu sagen ist, dass sie
grundlegenderen Charakter haben. Natürlich hatte der, wenn auch
langsame, Aufbau einer Wirtschaftszone in Europa positive
Auswirkungen. Man kann sagen, dass der Grundsatz der Angleichung
des Wirtschaftsniveaus, die wohl die Quintessenz der Solidarität in
wirtschaftlicher Dimension darstellt, erfolgreich gewesen ist,
obwohl bezweifelt werden kann, ob sie genügend tiefgreifend ist.
Doch die politische Zusammenarbeit tangiert andere
Problembereiche, man kann auch sagen, völlig andere Traditionen.
Die Europäer sind seit mehr als zehn Jahrhunderten daran gewöhnt,
meist im Rahmen von Nationalstaaten zu leben, obwohl sich dies
manchmal unter-schiedlich gestaltete und es zuweilen sogar historisch
gefestigte Vielvölkerstaaten waren. Für einen Durchschnittseuropäer
stellt sein eigener Nationalstaat einen grundlegenden Bezugspunkt
dar. Die jeweilige öffentliche Meinung „funktioniert“ im Rahmen
der europäischen Einzelstaaten. Ich führe immer als Beispiel an,
dass selbst ein politisch ungemein interessierter
Finne, der sich in den politischen Mechanismen bestens auskennt,
persönlich aber nicht am politischen Leben teilnimmt, meist relativ
wenig über die politische Szene in Portugal weiß, was auf
Gegenseitigkeit beruht. Und so wird es noch eine Zeitlang bleiben
müssen. Tatsache ist, dass die EU sich weiterhin aus Staaten
zusammensetzt, die die grundlegende Ebene bilden, auf die die Bürger
Bezug nehmen. Diese Tatsache muss meines Erachtens aus zweierlei
Gründen berücksichtigt werden: zum einen, weil es eben die
demokratischen Prozesse sind, die die moderne europäische Kultur und
somit die demokratische Legitimation der Macht, charakterisieren. Um
wählen zu können muss man wissen, wen man wählt. Dieses
Bewusstsein existiert im heutigen Europa in erster Linie in den
einzelnen National- bzw. Vielvölkerstaaten - ich weiß sehr wohl,
dass es solche Staaten in Europa gibt. Dieses Bewusstsein aber tritt
viel weniger hinsichtlich Europas als Gesamtheit auf. Das ist der
erste Punkt. Er trifft wohl, wie ich glaube, auf alle europäischen
Staaten gleichermaßen zu.
Es
gibt jedoch noch einen zweiten, der in Europa eine partielle
Dimension besitzt, denn er betrifft nur eine bestimmte Gruppe von
Staaten. Ich spreche hier von Staaten, die bis 1989, 1991 oder sonst
überhaupt keine Unabhängigkeit genossen, wie die Baltenstaaten, die
Teil des russischen Imperiums waren, oder aber wie Polen, Tschechien
oder Ungarn, die im völkerrechtlichen Sinne immerhin als Staaten
existierten und eine gewisse Autonomie besaßen. Der polnische
Sozialismus unterschied sich z.B. stark von dem Sozialismus in der
Deutschen Demokratischen Republik, man kann sagen, er war eine viel
mildere Variante dieser Krankheit. Dennoch waren es zutiefst
abhängige Staaten und die Wiederherstellung der Unabhängigkeit Ende
der achtziger und Anfang der neunziger Jahre stellte besonders für
den aktiven Teil dieser Völker und Gesellschaften einen
außerordentlichen Wert, einen außerordentlichen historischen Erfolg
dar. Ich verhehle nicht, dass ich zu den Polen gehöre, die das
Jahr 1989 auf eben diese Weise betrachteten. Vor einigen Monaten habe
ich den größten politischen Erfolg meines Lebens errungen. Nachdem
ich viele staatliche Ämter, außerdem auch hohe Ämter in der
„Solidarność“- Bewegung bekleidet hatte, wurde ich polnischer
Staatspräsident. Dennoch ist in meinen Augen das letzte Jahr nicht
das wichtigste in meinem Leben. Meine Lebzeit lang wird für mich
das Jahr 1989, in dem mein Land die Souveränität wiedererlangt hat,
das wichtigste sein. Ich glaube, sehr geehrte Damen und Herren, dass
dieser Tatsache Verständnis und Respekt entgegengebracht werden
muss.
Natürlich
hat der europäische Integrationsprozess einen linearen
Verlauf, er wird zweifellos fort-schreiten. Die Kräfte, die sich der
Integration widersetzen, sind, zumindest in Polen, schwach. Ich
möchte mich hier nicht im Namen anderer äußern. Ich wiederhole, in
Polen sind diese Kräfte schwach. Es gibt sie in allen europäischen
Ländern, in Polen sind sie jedoch gering. Doch in diesem Prozess,
der, wie ich unterstrichen habe, nicht nur in der Geschichte Europas,
sondern in der Weltgeschichte, ja in der Menschheitsgeschichte
präzedenzlos ist, darf man nicht auf diese Weise verfahren, nicht überkandidelt und versuchen, verfrüht Resultate zu
erzielen.
Um nun zu einem
konkreten Thema überzugehen – zum Europäischen
Vertrag. Es steht außer Zweifel, dass Europa einen
Grundlagenvertrag benötigt, wir können den Vertrag auch
Verfassungsvertrag nennen, ich habe mit dem Namen keine besonderen
Probleme. Das ist unerlässlich, denn anders verständigt man sich im
Kreise von sechs Staaten und zudem mit annähernd gleichem
Wirtschaftsniveau, denn so verhielt es sich mit der Europäischen
Wirtschaftsgemeinschaft, als die Römischen Verträge unterzeichnet
wurden. Anders aber sieht die Lage aus, wenn man den Willen von 25
und bald 27 Staaten mit unterschiedlicher Tradition, verschiedenem
Wirtschaftsniveau und in einem hohen Masse verschiedener Geschichte
berücksichtigen muss. Es ist nicht dasselbe, es sind ganz
verschiedene Dinge, wir sind uns dessen bewusst. Wir wissen
hundertprozentig, dass eine auf Generalregeln fußende Ordnung
angenommen werden muss und dass diese Regeln für alle verbindlich zu
sein haben, dass es Angelegenheiten gibt, und manche davon sind recht
wichtig, bei denen man akzeptieren muss, dass eine Mehrheit und nicht
alle entscheiden. So ist es übrigens heute. Wir haben da keinerlei
Zweifel. Aber wir bezweifeln es, ob es an der Zeit sei, aus
Europa einen Quasi-Staat zu machen. Der Europäische
Verfassungsvertrag konstruiert keinen Staat. Behauptet jemand, es sei
eine rein föderalistische Lösung, irrt er offensichtlich, denn es
ist noch lange keine Föderation. Es ist allein schon deshalb keine
Föderation, weil in keinem bestehenden Bundesstaat der
Zentralhaushalt über 1% oder etwas mehr als 1 % des
Bruttoinlandprodukts verfügt. Was die öffentlichen Finanzen der
Bundesstaaten anbelangt (öffentliche Finanzen, nicht nur der
Haushalt selbst), so kontrollieren sie etwa 40% des
Bruttoinlandprodukts. Ich wiederhole: Eine derartige Lösung gibt es
in keinem föderalistischen Staat der Welt, wenigstens ist mir eine
solche nicht bekannt. Daher ist es ganz bestimmt noch lange keine
Föderation. Es sind im Vertrag jedoch Lösungen enthalten, die
darauf hinweisen, dass Europa aufgrund der aktuellen Version des
Verfassungsvertrags ein quasi staatliches Europa geworden wäre. Von
diesem Standpunkt aus ist unserer Meinung nach die Zeit für eine
derartige Lösung noch nicht reif. Ich sage ja immer, dass ich mich
nur im Namen meines Landes und nur hier und heute zu äußern vermag.
Ich kann mich nicht darüber äußern, was in 20 oder 25 Jahren
kommen wird. Es mag sein, dass, wenn in Europa eine gesellschaftliche
Infrastruktur, eine öffentliche Meinung oder wenigsten starke
Elemente einer öffentlichen Meinung entstanden und die Völker
Europas in gewisser Weise zusammengewachsen sind, auch wenn sie
natürlich selbständig bleiben, und zwischen ihnen zusehends mehr
vielfältige Beziehungen bestehen werden, dies dazu führen wird,
dass derartige Lösungen angemessen sein mögen. Ich
kann natürlich nicht vorhersagen, ob dies eintreten wird. Ich kann
auch nicht mit Sicherheit behaupten, dass es meiner Meinung nach
anders kommen werde.
In
der heutigen Lage müssen wir aber nach Lösungen suchen, die den
Handlungen des heutigen Europas Wirksamkeit und neue Dynamik
verleihen, die es erlauben werden, viele gemeinsame Unternehmungen zu
verwirklichen. Sind in vielen Angelegenheiten solche
Unternehmungen auch nach außerhalb vonnöten?
Ich zumindest vertrete die Ansicht, dass Europa in einer
Situation, in der es allein aus humanitären Gründen militärisch
einzugreifen gilt, nicht hilflos sein dürfte. Ich möchte
klar und deutlich unterstreichen, dass dies nicht erstrebenswert ist,
dass solches nicht etwas Gutes, sondern höchstens das kleinere Übel
ist. Manchmal aber ist es so, dass dadurch das Leben konkreter
Menschen verteidigt wird, die nur ein Leben haben. Ich vertrete
die Ansicht, dass die Existenz eines ordentlichen europäischen
Militärkorps etwas Gutes wäre und man es einrichten könnte. Dies
einerseits.
Doch
es gibt viele andere Maßnahmen. Ich glaube, man könnte die
Zusammenarbeit im inneren Bereich verbessern. Angesichts
dessen, dass sich die europäischen Grenzen endgültig öffnen, ist
das ein außerordentlich wichtiges Problem. Ich denke, dass
Europa in vielen Angelegenheiten, die auch unsere inneren
Beziehungen betreffen, einen gemeinsamen Standpunkt einnehmen kann.
Auf diesem Gebiet wäre eher der Grundsatz der Einstimmigkeit
erforderlich. Mit anderen Worten: Es liegen vor der Gemeinschaft
noch viele Handlungsbereiche brach, von denen man sagen kann, dass
sie bisher noch nicht „bewirtschaftet“ worden seien. Sie sind
unbewirtschaftet geblieben, gleichwohl wir Europa als einen
starken und stringenten Verband von Nationalstaaten betrachten, in
dessen Richtung wir in den nächsten Jahren weiterstreben sollten.
Polen ist bereit, sich daran aktiv zu beteiligen.
Zum
Abschluss möchte ich feststellen, dass noch ein weiteres Problem
besteht. Das offizielle Thema meines Vortrags ist europäische
Solidarität. Natürlich könnte die Solidarität in einer
wirtschaftlichen Dimension, im Sinne eines Niveauausgleichs, viel
näher erörtert, viel über die Solidarität und ihre soziale
Dimension gesagt werden. Das ist besonders heute ein sehr
ernsthaftes Problem, wo doch das, was meiner Überzeugung nach ein
großer Erfolg der europäischen Kultur war, d.h. der Wohlfahrtsstaat
in Deutschland, den Sie einen sozialen Rechtsstaat genannt haben,
sich nunmehr in einer Krise befindet. Es ist eine Krise, die
vielleicht zum Teil objektiven Faktoren entspringt, aber ein Europa,
in der es eine rasche Entwicklung, eine geringe Arbeitslosigkeit und
somit das Gefühl von sozialer Sicherheit gab – und es hat dieses
Europa eine Zeitlang gegeben – war doch nichts Böses. Es war etwas
Gutes. Diese Lösung macht zur Zeit eine Krise durch, man müsste das
genau überdenken. Ich persönlich zweifle daran, ob die liberale
Medizin die einzig richtige sei und ob sie nicht zu starke
Nebenwirkungen hervorrufe. Ich denke ernsthaft darüber nach.
Es
gibt aber noch eine weitere Dimension. Heute gehören 25 Länder der
EU an, bald werden es 27 sein. Wir wissen jedoch, dass viele
Staaten eine Mitgliedschaft in diesem Klub anstreben, nicht nur
Bulgarien und Rumänien, deren Platz im Klub schon garantiert ist,
auch andere Länder bemühen sich darum. Staaten wie die große
Ukraine mit ihren 47 Millionen Einwohnern und das kleinere
Georgien, das an der Peripherie Europas liegt, sich aber, dessen
möchte ich versichern, meine Damen und Herren, als europäischer
Staat versteht, hegen den Ehrgeiz, in einer unbestimmten, wenn
auch längerfristigen Perspektive Europa beizutreten. Ich erwähne
dies e Staaten nur als Beispiele, denn ich glaube, dass auch in
Weißrussland sich die Lage mit der Zeit ändern wird. Das wird nicht
von heute auf morgen geschehen, aber es ist unmöglich, dass ein
derartiges Regime in Europa erhalten bleibt, wo doch in allen anderen
europäischen Staaten ein ganz anderes politisches System herrscht.
Für die europäische Solidarität ist das ein großer und
schwieriger Prüfstein. Er ist deswegen schwierig, weil diese Länder
ja viel ärmer als Polen sind, von Deutschland ganz zu schweigen,
schwierig, da diese Länder eine sehr komplizierte Geschichte hinter
sich haben und natürlich Hilfe benötigen werden. Was Polen
anbelangt, so sagen wir: die Ukraine so schnell wie möglich, jawohl.
Wir sind uns dessen bewusst, dass die Strukturfonds oder die
Kohäsionsfonds kein bodenloses Fass sind und ungefähr derselbe
Betrag in mehr Teile geteilt werden müsste. Wir wissen, dass wir
dabei einiges einbüßen würden, wissen aber auch, dass man beim
Sprung in eine fahrende Straßenbahn nicht versuchen darf, die
Nachzügler, die ja auch in die Straßenbahn hinein möchten, vom
Trittbrett zu stoßen. Das wäre ein klassisches Beispiel
unsolidarischer Haltung. Ich vertrete dies als Staatspräsident
meines Landes, so ist unsere Haltung nicht, dies sage ich aber auch
als einer der Bürger Polens , die heute Bürger der Europäischen
Union sind. Ich weiß, dass unser Standpunkt vielleicht den
schwierigsten Prüfstein der Solidarität darstellt, aber falls
Europa diese Prüfung bestehen will, wenn es nicht nur für zwei oder
drei Generationen, was bislang gelungen ist, sondern für viele
Generationen eine neue Qualität aufbauen möchte, die vielleicht
irgendwann einmal in Zukunft zu einer Qualität mit föderalistischem
Charakter werden würde, zu einer Föderation, die im globalen
Maßstab sehr mächtig wäre, muss Europa diese Prüfung wirklich
bestehen. Und eben dazu würde ich ermuntern wollen, denn ich ein
Land vertrete, dem natürlich jetzt aus der Mitgliedschaft in der
Europäischen Union Vorteile erwachsen, welche aber, wenn das, wovon
ich rede, in 8 bis 10 Jahren einträte, geschmälert würden. Ich bin
mir dessen bewusst und stimme dem a priori zu.
Vielen
Dank!
http://whi-berlin.de/documents/HRE-Kaczynski.pdf
Zwei Szenarien der zukünftigen Entwicklung Europas, das amerikanische Modell der Vereinigten Staaten von Europa und das Modell Europas als Gemeinschaft souveräner Staaten konkurrieren miteinander und kämpfen gegeneinander. Lech Kaczyński war ein Verfechter der zweiten Konzeption, was er in seinem Vortrag klar zu verstehen gab und hielt die erste für einen (absurden und gefährlichen) Irrweg.
Zwei Szenarien der zukünftigen Entwicklung Europas, das amerikanische Modell der Vereinigten Staaten von Europa und das Modell Europas als Gemeinschaft souveräner Staaten konkurrieren miteinander und kämpfen gegeneinander. Lech Kaczyński war ein Verfechter der zweiten Konzeption, was er in seinem Vortrag klar zu verstehen gab und hielt die erste für einen (absurden und gefährlichen) Irrweg.
Wir hoffen, dass die jetzige polnische Regierung und
die Polnische PiS unter dem Vorsitz des Bruders Jarosław Kaczyński die
Schlafwandler Europas, denen der Bezug zur Realität vollends abhanden gekommen
ist, wachrütteln werden und sich dem Druck ihrer linken Ideologen und
kosmopolitischen Demagogen standhaft widersetzen werden.
Vereinigte Staaten von Europa
Der Begriff „Vereinigte
Staaten von Europa“ (oder auch „Vereinigtes Europa“) ist ein politisches
Schlagwort der Europa-Bewegung, welches eine stärkere Europäische Integration und
politische Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Mitgliedsstaaten der
Europäischen Union ausdrücken will. Häufig wird der Begriff auch synonym zum
Konzept eines Europäischen Bundesstaates verwendet. Vorbild USA - Begriff und
Vorstellung lehnen sich an das Modell der Vereinigten Staaten von Amerika an: The
term United States of Europe was used by Winston Churchill in his speech
delivered on 19 September 1946 at the University of Zurich, Switzerland. Churchill
concluded that: „We must build a kind of
United States of Europe.“
Europa der Vaterländer als Gemeinschaft
souveräner Staaten
Diese Idee des Europas
[frz.: Europe des patries] bezieht sich auf eine enge Form der
zwischenstaatlichen Kooperation europäischer Staaten, die jedoch die nationale
Souveränität weitgehend unangetastet lässt und auf supranationale
Einigungsschritte verzichtet. Sie wird historisch v. a. mit dem frz.
Staatspräsidenten Charles de Gaulle in Verbindung gebracht, der die
Formulierung zu einem Kernpunkt seiner Europapolitik in den 1960er-Jahren
machte. De Gaulle wollte die Integration nicht, er verfolgte die Konzeption vom
„Europa der Vaterländer“, das er auch das „Europa der Staaten“ nennt.
„Wie können wir aufhören, das zu sein, was Geographie und Geschichte aus uns
gemacht haben?“
Hinweise:
1) Kleine
Textkorrekturen, Texthervorhebung und Gliederung dienen der besseren Lesbarkeit
und Verständlichkeit und kommen von mir.
2)
Lech Aleksander Kaczyński war ein polnischer Politiker und
Mitbegründer der nationalkonservativen Partei Recht und
Gerechtigkeit (PiS). Kaczyński war vom 23. Dezember 2005 bis zu seinem Tod
der vierte Präsident der Dritten Polnischen Republik.
Geboren
am 18. Juni 1949 in Warschau, Polen
Tragisch
gestorben am 10. April 2010 bei Smolensk, Russland
Jerzy Chojnowski
(Chairman-GTVRG e.V.)
www.gtvrg.de
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German Tsunami Victims Response Group e.V.
was established as a non-profit tsunami victims organisation
acting worldwide to prevent man-made disasters
Account for Donations:
IBAN: DE74 2007 0021 3892 00, BIC: DEUTDEDBHAM
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