Positionspapier der Bayerischen
Staatsregierung zum Rechtsgutachten „Migrationskrise als föderales
Verfassungsproblem“ von Prof. Udo Di Fabio
Aktuelle
Situation:
Die
aktuelle Lage in der Flüchtlingskrise ist dramatisch. Der Zustrom der Flüchtlinge
ist unverändert hoch. Unsere Gesellschaft hat sich bereits massiv verändert.
Die Folgeprobleme sind groß. Die Innere Sicherheit ist gefährdet, soziale
Spannungen drohen die Gesellschaft zu spalten. Angesichts von über 600.000 noch
nicht bearbeiteten Asylanträgen werden die Probleme der Verwaltung immer
drängender, Abschiebungen und Rückführungen immer schwieriger. Geltendes Recht
wird nicht beachtet. Das europäische Dublin- und Schengensystem ist
zusammengebrochen.
Gutachten
von Prof. Di Fabio im Auftrag der Staatsregierung:
Es erweist
sich als sehr vorausschauend, dass die Staatsregierung schon vor einigen
Monaten ein Gutachten bei einem der namhaftesten Staatsrechtler Deutschlands,
dem ehemaligen Verfassungsrichter Prof. Dr. Dr. Udo di Fabio, in Auftrag
gegeben hat. Ziel des Gutachtens ist es, darzulegen, welche verfassungsrechtlichen
Pflichten dem Bund gegenüber den Ländern zur Begrenzung des massenhaften und
unkontrollierten Zustroms von Flüchtlingen obliegen, insbesondere im Hinblick
auf einen wirksamen Schutz der Grenzen.
Inhalt des
Gutachtens und Bewertung:
Das
Gutachten bestätigt voll die wesentlichen Positionen der Staatsregierung in der
Flüchtlingskrise und unsere Haltung, dass die Bundespolitik offener Grenzen und
somit grenzenloser Zuwanderung verfassungsrechtlich
auch durch die Länder angreifbar ist.
Im
Einzelnen:
• Das
Gutachten zeigt, dass der Bund verpflichtet ist, die Staatsgrenzen wirksam zu
sichern und die Aufnahme von Flüchtlingen zu begrenzen.
• Die derzeitige unkontrollierte Einreise ist nach Auffassung des Gutachters mit dem Grundgesetz nicht vereinbar. Geltendes Recht wird nicht beachtet. Hinsichtlich der Nichtanwendung des geltenden Rechts wurden Bundestag und Bundesrat zu keinem Zeitpunkt beteiligt. Das europäische Dublin- und Schengensystem ist zusammengebrochen. Der Bund steht – wie das Gutachten bestätigt – deshalb in der Verantwortung, die Herrschaft des Rechts wieder herzustellen und für wirksame Einreise- und Grenzkontrollen zu sorgen. Die Zahl der illegal einreisenden Flüchtlinge muss nachhaltig begrenzt werden.
• Weder aus dem Grundgesetz noch aus dem Völker- oder Europarecht kann eine Verpflichtung Deutschlands abgeleitet werden, den Schutz aller Menschen weltweit durch Einreiseerlaubnis zu garantieren. Insbesondere besteht auch keine Verpflichtung zur unbegrenzten Aufnahme von Opfern eines Bürgerkriegs oder bei Staatenzerfall.
• Eine nationale oder europäische Kontingentierung für Flüchtlinge ist nicht nur zulässig, sondern (soweit nicht generell Zurückweisungen an der Grenze erfolgen) verfassungsrechtlich geboten.
• Das Gutachten stellt klar, dass der Bund nicht nur die Möglichkeit, sondern gegenüber den Ländern sogar die verfassungsrechtliche Pflicht zum Tätigwerden hat. Bewirkt der Bund nicht eine grundlegende Verbesserung der aktuellen Situation (etwa durch Zurückweisungen an der Grenze oder durch die Festlegung und Durchsetzung von nationalen oder europäischen Kontingenten), sind Verfassungsrechte Bayerns verletzt, die im Wege einer Bund-Länder-Streitigkeit nach Art.93 Abs. 1 Nr. 3GG vor dem Bundesverfassungsgericht geltend gemacht werden können.
• Eine Verfassungsklage ist unter Beachtung der hierfür vorgesehenen Sechs-Monats-Frist grundsätzlich möglich, wenn festgestellt ist, dass die vom Bund bisher ergriffenen Maßnahmen nicht ausreichen. Zurzeit spricht auch nach Ansicht des Gutachters viel dafür, dass der Bund bislang zu wenig tut.
Weiteres
Vorgehen:
Wir werden
das Gutachten zum Anlassnehmen, gegenüber dem Bund die
Erfüllung der ihm obliegenden verfassungsrechtlichen Pflichten anzumahnen. Der
Bund ist aufgefordert
• auf europäischer
Ebene die wirksame Sicherung von EU-Außengrenzen sowie eine effektive und faire
Verteilung von Flüchtlingen durchzusetzen,
• bis zur Wiederherstellung eines ausreichenden Schutzes der EU-Außengrenzen effektive eigene Grenzkontrollen durchzuführen, die vor allem eine vollständige Registrierung der einreisenden Flüchtlinge (einschließlich erkennungsdienstlicher Behandlung) an allen Grenzübergängen sicherstellt,
• sich dafür einzusetzen, entweder eine klare Kontingentierung sowie wirksame Verteilungsmechanismen auf nationaler und EU-Ebene durchzusetzen oder die im Grundgesetz verankerte Drittstaatenregelung zur Anwendung zu bringen, nach der alle aus sicheren Drittstaaten wie Österreich illegal Einreisenden noch an der Grenze zurückzuweisen sind.
• Bayern ist bereit, die Bundespolizei bei der Grenzsicherung mit eigenen Kräften zu unterstützen.
Das
Gutachten ist im Internet unter
http://bayern.de/Gutachten_Prof_Di_Fabio
veröffentlicht.
http://bayern.de/wp-content/uploads/2016/01/Positionspapier_zum_Rechtsgutachten_Di_Fabio.pdf